"Die Wahrheit ist das, was man so schnell wie möglich
loswerden und an jemand anderen weitergeben muß. Wie bei der Krankheit ist das
die einzige Art, von ihr geheilt zu werden. Wer an der Wahrheit festhält, hat
verloren."
(Baudrillard, Cool memories 1980 - 1985, Berlin 1990)
Begegnungen mit dem Wunderbaren
Erfahrungen eines Arztes in der Behandlung
mit der Vegeto-/Orgontherapie Wilhelm Reichs.
"Niemand interessiert sich mehr -
das Protoplasma funkelt nicht mehr."
(Wilhelm Reich, Interview der Sigmund Freud Archive, 1954)
"What is orgone? What do we mean when we use the word
orgone? Orgone is an abstraction of the mind. What we see are its
manifestations. You must never confuse the word for what we see. (...)
The discovery consists in the interlacing of the
phenomena."
(Wilhelm Reich, Diskussion mit seinen Studenten im August
1950)
1. Einleitung
In meiner nunmehr achtjährigen, überwiegend täglichen Arbeit
mit erkrankten Menschen, deren medizinische Diagnosen sich schwerpunktmäßig auf
die Krankheitsbilder Leukämie, nicht kurable Schmerzzustände und
Krebserkrankungen konzentrierten, geschahen viele Irritationen, tauchten neue
Fragestellungen in Bezug auf das Behandlungsmodell und die tatsächlichen
Wirkkräfte der energetischen Orgontherapie Dr. med. Wilhelm Reichs auf.
Der folgende Artikel
ergänzt und erweitert den 1987 erschienenen persönlichen
Erfahrungsbericht "Orgonakkumulatorbehandlung schwererkrankter
Menschen", der in erweiterter Form unter dem Titel "Ein Beitrag zur
Krebstheorie und Krebstherapie nach Wilhelm Reich" in zahlreichen
Veröffentlichungen vorliegt.
Ich danke den Menschen, die mich zu diesen Fragestellungen
begleitet haben, insbesondere Dr. Eva Reich, der Tochter und späteren
Mitarbeiterin Wilhelm Reichs, Dr. Hanspeter Seiler, dem ärztlichen Direktor der
Bircher - Benner - Klinik in Zürich, Dr. Richard Blasband, dem langjährigem
Präsidenten des American College of Orgonomy und dem amerikanischen Psychologen
Will Davis für zahllose intensive persönliche und fachliche Zusammenkünfte im
Zusammenhang mit dem Versuch, eine gemeinsame Terminologie für ein unbekanntes
Terrain zu erschaffen.
Als ich 1987 mit neunzehn an Krebs erkrankten Menschen die
biophysikalische Orgontherapie, d.h. den Einsatz des Orgonakkumulators und des
medical dor - busters zu erforschen begann, gab es bei einigen Patienten -
insbesondere in den ersten vier Wochen der Akkumulatorbestrahlung -
organismische Reaktionen, die eine Intervention mit der plasmatischen
Pulsationsarbeit des späten Reich notwendig machten. In diesen
Behandlungsstunden zeigten die über fünfzigjährigen schwerkranken Menschen
vegetative Reaktionen, die ich bisher nur nach langer Arbeit an
"Normalgesunden" beobachtet hatte: Sie zeigten weiche, ungebrochene
Pulsationswellen, die in vielen neoreichianischen Richtungen als
"Orgasmusreflex" bezeichnet werden.
Mit dem Auftauchen dieser Fließbewegungen nach wenigen
orgonmedizinischen Behandlungen verschwand regelmässig die Blockierung
gegenüber der Weiterführung der Akkumulatorbehandlung. Da ich diese Menschen
unentgeltlich neben meiner Praxistätigkeit betreute, waren die Patienten und
auch ich froh darüber, daß dieses Interventionsziel immer sehr schnell und ohne
großen Behandlungsaufwand erreicht werden konnte. Der scheinbare Widerspruch,
daß diese schwersterkrankten Menschen so unerwartet durchlässig erschienen und
ein Fernziel der Behandlung anscheinend so schnell erreichen konnten, blieb mir
jedoch immer verwunderlich. Auch Eva Reich, die zu dieser Zeit mehrere Monate
in Berlin lebte, wußte keine Antwort, wies aber darauf hin, daß derartig
hochdosierte ORAC - Behandlung noch nie durchgeführt worden war und diese
organismischen Reaktionen möglicherweise hiermit im Zusammenhang stehen
konnten. Endgültig irritierend wurden die gleichen Beobachtungen, als ich ab
Anfang 1988 die ersten krebserkrankten Menschen mit der vegetativ -
energetischen Pulsationsarbeit und dem ORAC kontinuierlich in Behandlung nahm.
Alle Patienten, die beide Behandlungsverfahren erfuhren, leben zur Zeit der
Niederschrift dieses Beitrages (1994) und diese kleine Schrift soll die
Erfahrungsschritte vorläufig skizzieren, die wir gemeinsam durchquert haben.
Die publizierten Erfahrungen mit den auf der von Reich in
den dreißiger Jahren in Skandinavien entwickelten Technik der Vegetotherapie
abgeleiteten Verfahren der körperorientierten Psychotherapie (Bioenergetik,
Radix, Core - Energetik) beruhten bis Mitte der achtziger Jahre auf
Entladungstechniken (dischargework), oft unter Anwendung von sog.
Streßpositionen mit gleichzeitiger vertiefter Atmung. Diese Art der
Körperarbeit führte und führt auch heute zu beeindruckenden Ergebnissen, wenn
der Behandelte unter Überladungssymptomen leidet. Vibrationen und
Faszikulationen der Gesichts- und Körpermuskulatur unter vertiefter Atmung und
willkürlicher Muskelanspannung können chronisch angespannte segmentale Zonen im
menschlichen Körper revitalisieren und in vielen Fällen blockierte Empfindungen
wieder in das Bewußtsein des Erlebenden bringen. Behandelnde aller Richtungen
bekamen aber auch immer wieder Patienten zu Gesicht, bei denen keine oder kaum
organismische Reaktionen auftraten und für die diese Herangehensweise manchmal
mit zeitweise auftretenden, in manchen Fällen auch bleibenden körperlichen
Störungen einherging.
Andererseits gab es Patienten, die obwohl sie mit
ernstzunehmenden charakterlichen oder psychosomatischen Problemen in eine
Körpertherapie eintraten, bereits in den ersten Behandlungsstunden vegetative
Reaktionen aufwiesen, die dem bisher verbreiteten Bild des freien Flusses der
körpereigenen Energie entsprechend reagierten. Viele Therapeuten verdrängten
nach anfänglicher Irritation über diese wiederkehrenden Phänomene die daraus
resultierende Infragestellung des Behandlungsmodells der neoreichianischen
Schulen und versicherten den Patienten, daß im Wesentlichen alles in Ordnung
sei; Patient und Therapeut konnten sich damit sicher fühlen und so gemeinsam
übersehen, daß außer der beruhigenden Introjektion des Gesundheitsmodells des
Therapeuten durch den Patienten sich kein wesentlicher Prozeß eröffnete.
Anfang 1988 eröffnete sich mir durch die Erfahrung der
Reaktionsformen bei an Krebs erkrankten Menschen im Zusammenhang mit diesem
oben geschilderten Hintergrund eine grundlegend andere Verständnisebene, die
ich im Weiteren ausführen werde.
Es wurde auffällig, das bei dieser von den Patienten
ungewöhnlich mühelos empfundenen Arbeit zwar fließende organismische
Reaktionsformen, aber keine korrelierten körperlichen Manifestationen eines
sich langsam entwickelnden, selbstregulierenden Energiestroms auftraten. Keiner
dieser Patienten bekam Hautausschläge, stark veränderte
Ausscheidungsfunktionen, Sensationen im Bereich des Herzleitungssystem oder
starke Veränderungen im Schlaf-/ Wachrhythmus, Phänomene die bei jeder
hochenergetischen Behandlungsperiode die Regel bilden. Es schien, als ob der
Organismus die intensivierte Ladung ohne Abwehr aufnehmen, tolerieren und durch
autonome Reaktionsweisen innerhalb einer Behandlungsstunde wieder abführen
konnte. Die an den von Reich beschriebenen Orgasmusreflex erinnernde
Reaktionsweise konnte leicht und kontinuierlich hervorgerufen werden. Ich
begann, Reichs Hauptwerke und seine späten Artikel neu zu lesen, da ich auch
bei den mikrobiologischen Untersuchungen 1980 - 1984 auf viele Widersprüche zu
den Beschreibungen Reichs gestoßen war, die sich oft durch ein
wiedervertiefendes Lesen seiner Laborprotokolle nicht nur auflösten, sondern zu
einem grundlegend tieferen Verständnis der Vorgänge z.B. im menschlichen Blut
führten. Ähnlich war es mir auch bei den
ersten Versuchen mit dem Orgonakkumulator gegangen.
Zunächst las ich die beiden autobiographischen Bände
"Die Entdeckung des Orgons", dann die dritte Auflage der
"Charakteranalyse" insbesondere den Teil "Der Einbruch ins
biologische Fundament", "Orgonomic Medicine" und
"Core". Langsam bildete sich Reichs Erfahrungsweg in der Behandlung
erkrankter Menschen hervor. In den zwanziger Jahren war das hydraulische Modell
der gestörten oder verminderten Abfuhr von Erregungsspannungen im Organismus prägend
für die meisten Lehrer Wilhelm Reichs, er selbst arbeitete mit der ersten
Fassung von "Funktion des Orgasmus" eines der brillantesten Werke zu
diesem Energiemodell aus.
Neurosen wurden grundsätzlich als Ausdruck verminderter oder
gestörter Abfuhr libidonöser Spannungen angesehen, Reich fand dies in seiner
klinischen Arbeit als junger Analytiker in vollem Umfang bestätigt. Bis in sein
Hauptwerk "Der Krebs" durchzieht das Problem der Unfähigkeit zur
Entladung angestauter Energie seinen therapeutischen und naturwissenschaftlichen
Forschungsweg, wird das Erreichen des Orgasmusreflexes als Wiederherstellung
der vollen organismischen Gesundheit, der vegetativen Beweglichkeit
dargestellt.
Und auch ich überlas bis 1988 einige Male die Textstelle,
welche unvermittelt sein gesamtes bisheriges Modell gesunden Funktionierens in
Frage stellt und die Ebenen der Energieausdrücke im Menschen erweitert und
differenziert:
"Der klinische Vergleich der Krebsbiopathie mit der
Gefäßhypertonie zwang dazu, eine grundsätzliche verschiedene Verarbeitung der
der aufgestauten Sexualerregung im Biosystem anzunehmen: Bei der vaskulären
Biopathie ( Angstneurosen infolge Abstinenz ) bleibt die Sexualerregung
biologisch, physiologisch und emotionell dauernd lebendig. Mit anderen Worten,
der biologische Kern des Organismus, der autonome Lebensapparat, produziert
weiter Energie in vollem Ausmaße. Der Organismus reagiert dagegen im
Kontraktionszustand mit Angst - oder Wutausbrüchen und mit körperlichen
Symptomen wie mit Basedow oder Diarrhoe, etc. Beim Krebs dagegen gibt der
biologische Kern in der Energieproduktion nach. Mit dieser Verminderung der
Energieproduktion werden Emotionen und Erregungen mit der Zeit schwächer und
schwächer. (...)
Die genaue Beobachtung
ihres (der von Reich behandelten, an Krebs erkrankten Menschen, d.Verf.)
Verhaltens widersprach der Annahme, daß es in der biologischen Tiefe verdrängte
Affekte gab. Es gab auch in der Tiefe keine Affekte! Wir konnten überraschend
leicht zum Orgasmusreflex vordringen, aber auch hier stießen wir auf
Affektschwäche. Affekte sind Ausdruck bioenergetischer Zellerregung.
Durchbricht man bei einem Stauungsneurotiker mit Herzangst die Atembremsung, so
kommen unweigerlich und unmittelbar starke Erregungen durch. Nichts dergleichen
war bei unserer Kranken zu sehen. Die Korrektur ihrer Atmung im Laufe von zwei
Monaten brachte zwar spontane vegetative
Bewegungen, aber keine lebhaften Affekte. Da der Orgasmusreflex schwach war,
hatten sie keine Angst davor, im Gegensatz zu einer Person mit Stauungsneurose,
die in Verbindung damit schwere Angst erlebt. Diese Affektarmut reichte also
tief ins biologische System."(Reich, "Der Krebs", S.221ff., Köln
1974).
Reichs Weg war bis dahin von der Sichtweise neurotischer
Symptome als Überladungserkrankungen geprägt. Hiernun nach dem "Einbruch
ins biologische Fundament" zeichnet sich für zahlreiche organische Erkrankungen das Problem unzureichender
Ladung (oder auch: unzureichender Ladungshaltekapazität) des Organismus ab.
Sind die Peripherie und die mittlere energetische Schicht des menschlichen
Organismus nicht in der Lage, durch Nahrungsaufnahme, Sonneneinstrahlung und
atmosphärische Bedingungen aufgenommene Energien zu speichern und zu
verkörpern, muß der biologische Kern diese Energie utilisieren und entladen.
Die vom biologischen Kern zu entladenen Energien brechen sich an den anderen
Schichten des Organismus und führen in
der Regel zu Symptomen als kompensatorische Mechanismen der Entladung der
organismischen Energien. Ist diese Möglichkeit durch unzureichende Ladungshaltekapazitätz
der körperlich - energetischen Strukturen nicht gegeben, so benutzt der
biologische Kern den evolutionär primitivsten Weg der Ladungsabfuhr: den der
Zellteilung zur Erniedrigung der zellulären Oberflächenspannung.
Unkontrollierte Zellteilung ist nach den biologischen Forschungen Reichs der
letztmöglich zu benützende Weg der Entladung der körpereigenen Energien
auf der biologisch primitivsten Ebene.
Den Schwerpunkt der Behandlungen Reichs ab Beginn der
vierziger Jahre bilden an Krebs erkrankte Menschen. An seinen Freund A.S. Neill
schreibt er in dieser Zeit, daß er keine neurotischen Patienten mehr ertragen
kann; die Forschung am Akkumulator und an neuen Möglichkeiten der Arbeit am
biologischen Kern des Organismus binden sein Hauptinteresse. Die
Durchlässigkeit der organismischen Peripherie, die Unfähigkeit, aufgrund der
unzureichenden Haltefähigkeit von Ladungsvorgängen in Haut, Muskulatur und
peripheren Geweben zu einem Ausgleich der Erregungsspannungen zwischen dem
biologischen Kern und der organismischen Peripherie zu kommen, faszinieren ihn
und erfordern grundlegend andersartige therapeutische Interventionen. Unter
Charakter versteht Reich nun "die biophysikalische Reaktionsweise des
Organismus", Panzerung ist ein Ausdruck einer "plasmatischen
Motilitätssteigerung", einer "biopathischen Lähmung der
Plasmaperipherie", von ihm behandelte Menschen nehmen "Stunden in
vegetotherapeutischer Gymnastik" (Reich, "Der Krebs", S.
349-359). "Orgontherapie" wird der Oberbegriff der neuen, sich herausbildenden
Behandlung, Arbeit am menschichen Plasmasystem.
"Stellen wir uns nun die biologischen, physiologischen
und seelische Funktionen plasmatisch - räumlich vor; wir haben einen weiten
Kreis mit einem Zentrum ("Kern") vor uns. Das Einschrumpfen der
Kreisperipherie entspräche dem Einsetzen
der charakterlichen und emotionellen Resignation. Der Kern, das Zentrum des
Kreises, ist noch unberührt. Dieser Prozeß schreitet gegen das Zentrum zu fort,
das den "biologischen Kern" darstellt. Der biologische Kern ist
nichts anderes als die Summe aller plasmatischen Zellfunktionen. Hat der
Schrumpfungsprozeß disen Kern erreicht, dann beginnt das Plasma selbst
einzugehen. Dies fällt mit dem Prozeß des Gewichtsverlusts zusammen. Lange
bevor es zu unmittelbaren Schädigungen der Plasmafunktion selbst kommt, sind
aber die peripheren, physiologischen und charakterlichen Funktionen gestört:
Kontaktfähigkeit im sozialen Verkehr, Lebensgenuß, Lustfähigkeit,
Arbeitsfähigkeit, dann Pulsation und vegetative Erregung." (a.a.o., S.224)
Der Begriff der Anorgonie, gleichbedeutend mit Blockierung
der Plasmamotilität, wird neben dem der Biopathie zu einem der bedeutendsten
terminologischen Neuprägungen des therapeutischen Spätwerkes; die
"Herabsetzung der totalen Energiefunktion des Organismus"(a.a.o.,
S.347), geht einher mit einem "wohl zu definierenden, bisher unbekannten
Krankheitszustand des Organismus, den ich besonders ausgesprochen bei
Krebskranken und zu Krebs neigenden
Menschen traf" (kursiv vom Verf.).
Reich publiziert nach der dritten Auflage der
Charakteranalyse kein umfassendes Werk zum therapeutischen Ansatz mehr; die
biophysikalische und orgonenergetische Forschung nimmt ihn mehr und mehr in
Anspruch. Zahlreiche Hinweise finden sich jedoch in seinen vom "Orgone
Energy Institute" herausgegebenen Publikationen. Am eindrucksvollsten
erweisen sich jedoch die Tonbänder seiner Supervision und Ausbildung von Ärzten
in orgonenergetischer Therapie in den fünfziger Jahren, von denen einige
Abschriften seit Beginn der siebziger Jahre von der Treuhänderin Mary Boyd
Higgins in dem Journal "Orgonomic Functionalism" publiziert worden
sind. Der Autor war zu Beginn und am Ende der achtziger Jahre zu in der
Teilnamemöglichkeit auf Mediziner beschränkten Zusammenkünften mit Zugang zu
diesen Tonbändern im Reich Museum; in einer kleinen Ärztegruppe wurden zusammen
mit Mary Boyd Higgins und einem noch lebenden Teilnehmer dieser
Supervisionstreffen Reichs, Dr. Chester M. Raphael, diese Materialien tagelang
vorgespielt und durch Dr. Raphael präzisiert. 1993 wurden einige Audiobänder,
ebenfalls durch einen Mitarbeiter Reichs, Dr. Myron Sharaf, in Berlin in
kleinem Kreis vorgestellt und besprochen. Ein zentrales Thema der Hinweise und
Kommentare Reichs ist : " we go down, down down in therapy, the less the
patient talks, the better " und : "we always move toward the simple,
to the biological core of the organism". - Arbeit am biologischem Kern ,
an der lebendigen Plasmazuckung, dies bildet den Schwerpunkt der Behandlung und
Therapie Reichs von 1948 bis zu seinem Tod im Jahre 1957.
2. Das Gesundheits- und Krankheitsmodell Reichs
"Ich habe in Wirklichkeit nur eine einzige Entdeckung
gemacht: die lebendige Plasmazuckung."
( Reich, 1954, Interview mit K. Eissler im Auftrag des
Sigmund Freud Archivs )
"Die Terminologie der Psychoanalyse ist vorläufig und
nur solange gültig, bis sie von der Physiologie ersetzt wird."
( Freud, Brief an Fließ in: Der Ursprung der Psychoanalyse,
Imago, 1954)
"Das Gebäude der psychoanalytischen Lehre, das wir
aufgebaut haben, ist in Wirklichkeit nur ein Überbau, der irgendwann auf seine
organischen Grundlagen zu setzen sein wird; aber diese Grundlage ist uns bisher
noch unbekannt."
( Freud, Neue Folge der Vorlesungen zur Psychoanalyse,
Studienausgabe Bd.1 Frankfurt/M. 1969 )
Die Grundlagenforschung Wilhelm Reichs zur Psychosomatik und
Energetik des menschlichen Organismus fand ihren Ausdruck in dem Begriff der
"Biopathie" als Arbeitshypothese zur Erfassung vegetativ -
energetischer Faktoren in ihrer Korrelation zur Krankheitsentstehung.
Ausgehend von seinen experimentellen Untersuchungen in den
dreissiger und vierziger Jahren dieses Jahrhunderts, einer Zeit, in der die
Erforschung der Grundfunktionen des autonomen Nervensystems auf einem nie
wieder erreichten Höchststand der Kenntnis von funktionalen Zusammenhängen (und
nicht auf morphologisch orientierter Klassifikation, wie seit der Erfindung der
Elektronenmikroskopie) angelangt war, definierte Reich die Gesundheit als
Fähigkeit eines Lebewesens, in rhythmischer Oszillation zwischen Zuständen des
Gerichtetseins auf die umgebende äußere Welt und der Orientierung auf innere
Zustände des Organismus hin- und herzuschwingen. Das Erlangen bzw. Bewahren
dieser z.B. beim Kinde von jedem menschlichen Beobachter unmittelbar wahrzunehmenden
Funktion des Einwirkens und Erforschens der umgebenden Welt und der Integration
des Neuerfahrenen, Neuerforschten betrachtete Reich auf allen Ebenen, auf denen
sich diese Grundfunktion aller lebendigen, komplexorganisierten Substanz zu
erhalten und neu zu strukturieren vermag, als Kennzeichen der seelischen und
körperlichen Gesundheit.
"Die Gesundheit eines Menschen ist eben nicht ein
Kapital, das man aufzehren kann, sondern sie ist überhaupt nur dort vorhanden,
wo sie in jedem Augenblick erzeugt wird. Wird sie nicht erzeugt, dann ist der
Mensch bereits krank." ( Viktor v. Weizsäcker, "Soziale Erkrankung,
soziale Gesundung", Göttingen 1955 )
Reich definierte damit "Gesundheit" nicht als
Abwesenheit von Einschränkungen, Symptomen, Krankheiten des menschlichen oder
tierischen Organismus, sondern im Gegensatz dazu als eine Funktion des
Wechselspiels, der Wechselwirkung von Subjekt und innerer und äußerer Welt, als
ständig sich verändernde Auseinandersetzung des Organismus mit sich selbst und
der ihn umgebenden Welt. Wie wenige Psychosomatiker seiner Generation war Reich
an der Erforschung der Auf - und Abwärtseffekte in der Entstehung von Krankheit
interessiert und betrachtete den Organismus immer als eingebunden in
gesellschaftliche, kulturelle und politische Gegebenheiten, Gesundheit und
Krankeit als Ausdrucksformen und Wiederspiegelung dieser Einflüsse im
Individuum.
Energetische Umwelt
Biologische/physikalische Umwelt
Politische Umwelt
Kulturelle Umwelt
Soziale Umwelt
Familiäre Umwelt
Personale Umwelt
Individuum mit Geschichte, Erfahrung und Verhalten
Gesamtorganismus
Vegetativum
Organsysteme
Organe
Zellen
Moleküle
Atome
Subatomare Partikel
Energiekontinuum
"Erzeugen von Wirklichkeit und Erzeugen von Gesundheit
gehen Hand in Hand; Gesundsein vollzieht sich als ständiger Auf- und Umbau der
konkreten Beziehungen zwischen Lebewesen und Umgebung, welche die Befriedigung
der vitalen Bedürfnisse ermöglichen. Daher stellt die Summe der geglückten
Beziehungen zwischen einem Lebewesen und seiner Umgebung (das heißt der
Beziehungen, die Bedürfnisbefriedigung und "Selbstverwirklichung"
ermöglichen) eine befriedigende individuelle Wirklichkeit für den Menschen dar.
Auf den kürzesten Nenner gebracht ist also allgemeines
Gesundsein das Meistern des Auf- und Umbaus der individuellen Wirklichkeit -
allgemeines Kranksein gestörte Wirklichkeitsbildung."
( Thure v. Uexküll, Theorie der Humanmedizin, München 1988 )
Reich bezeichnete diese Oszillation als "Urgegensatz
des vegetativen Lebens", mithin als die elementarste Funktion der
lebendigen Substanz auf diesem Planeten. Das Studium der polaren Zustände
lebendiger Systeme unter dem Gesichtspunkt der Beeinflußbarkeit der Richtung
und Amplitude ihrer Oszillation läßt sich als der Forschungsschwerpunkt Reichs
in den Jahren 1934 - 1942 formulieren.
Die naturwissenschaftliche Beschreibung des dieser
Oszillation zugrundeliegenden Prozesses, der diese Pulsation des Lebendigen
hervorbringenden Energie hatte Reich zu einer grundlegend neuen Sicht
psychosomatischer, besser : vegetativ - energetischer Prozesse im menschlichen
Organismus gebracht. Bis zu seinem Lebensende vertraute Reich zutiefst den
Prinzipien der Selbstregulation und Selbstorganisation; ihre Erforschung und
Beschreibung ist sein Beitrag zu einer Theorie des Lebendigen.
Reichs Forschungsschwerpunkt aber war die Herausarbeitung
derjenigen Einwirkungen, die diese Funktionen einschränken, blockieren ja
zerstören können und dies fortwährend tun, notwendigerweise damit die Frage
nach einer Umorientierung und Veränderung pädagogischer, medizinischer und
sozialer Organisationen.
All diese angeführten Einwirkungen beeinflussen die
Pulsation des
Organismus und vermögen seine Lebendigkeit einzuschränken,
Reich definierte aus diesem Grunde eine Grunderkrankung des Lebendigen, die
einmal vorhanden, sich in verschiedensten - aus dieser Sicht - symptomatischen Erkrankungen wie Asthma,
Herz- Kreislauferkrankungen, Epilepsie bis hin zu Krebserkrankungen und
schizophrener Psychose zu äußern vermag.
Diese Grundstörung nannte er "Biopathie".
"Wichtig ist uns zunächst das Gemeinsame aller dieser
Erkrankungen: Es ist eine Störung der natürlichen Pulsationsfunktion des
lebenden Gesamtorganismus. (...) Unter Biopathien wollen wir alle
Krankheitsprozesse zusammenfassen, die sich am autonomen Lebensapparat
abspielen. (...) Nur dort, wo der Krankheitsprozeß mit einer Pulsationsstörung
beginnt, wollen wir von "Biopathie" sprechen, gleichgültig, in
welches sekundäre Krankheitsbild sie ausläuft. Wir können demnach eine
"schizophrene Biopathie" von der "kardiovaskulären
Biopathie", diese wieder von der "epileptischen" oder
"karzinomatösen Biopathie" etc. unterscheiden.
Dieser Eingriff in die medizinische Terminologie
rechtfertigt sich dadurch, daß wir keiner der vielen spezifischen Erkrankungen des
autonomen Lebebensapparates beikommen, wenn wir nicht dreierlei tun:
1. diese Erkrankungen von den typischen Infektions -
Krankheiten und chirurgischen Unfalls - Krankheiten abgrenzen;
2. ihren gemeinsamen Mechanismus, die Störung der
biologischen Pulsation, aufsuchen und aufdecken;
3. ihre Aufsplitterung in die verschiedenartigen
Krankheitsbilder begreifen lernen." ( Wilhelm Reich, Der Krebs, Köln 1974
)
Diese Pulsationsstörung beginnt nach Reich immer mit einem
Überwiegen der Kontraktion, mit einer akut auftretenden Sympathikotonie des
vegetativen Systems, einer Erstarrung des energetischen Systems des Organismus.
Dieser Zustand geht physiologisch einher mit gesteigerter sympathischer
Aktivität, erhöhtem Blutdruck, gesteigerter Herzfrequenz und gesteigertem
Stoffwechsel .
Wird diese Kontraktion chronisch, so kommt es zu einer
verminderten Reagibilität des autonomen Lebensnervensystems, die im
Gefäßsystem, in der Versorgung lebenswichtiger Organe, im endokrinologischen
sowie im immunologischen System hinein zunächst funktionelle, später
morphologische Veränderungen zeitigen kann.
Das Endstadium einer solchen langanhaltenden chronischen
Kontraktion stellt in der Terminologie Reichs die Schrumpfungsbiopathie, d. h.
das fast vollständige Erlöschen der Pulsation durch Erschöpfung des
sympathischen Systems dar, sie führt in kurzer Zeit zum Tode und spiegelt sich
im psychischen System als Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit.
Eine Pulsationsstörung beginnt nach Reich immer mit einem
Überwiegen der Kontraktion, mit einer akut auftretenden Sympathikotonie des
vegetativen Nervensystems, einer Erstarrung des energetischen Systems des
Organismus. Dieser Zustand geht physiologisch einher mit einer Steigerung der
sympathischen Aktivität, erhöhtem Blutdruck, erhöhter Herzfrequenz und
gesteigertem Stoffwechsel.
Eine Veranschaulichung der tiefgreifenden Einflüsse des
vegetativen Nervensystems auf den Stoffwechsel liefern nachfolgend
aufgelistete, unter Sympathikusaktivierung veränderte Parameter:
Weiterhin Anstieg von :
Kreatin
Leukozyten
Myelozyten Pulszahl
Reticulozyten
Temperatur
Ebenfalls lassen sich tiefgreifende Einflüsse des
vegetativen Nervensystems auf die grundlegenden Abwehrvorgänge des menschlichen
Organismus nachweisen:
Schema des unspezifischen Abwehrvorgangs (Hoff, Selye)
(1.) Vorphase / Alarmraktion
Parasympathikotonie
Hypokoagulität
Steigerung der Fibrinolyse
Temperaturabfall
Leukozytenabfall
(2.) Phase I / Widerstandsstadium
Sympathikotonie
Hyperkoagulität
Hemmung (oder Steigerung) der Fibrinolyse
Fieberanstieg, Fieberhöhe
Leukozytenanstieg
Abfall der Eosinophilen
Abfall der Lymphozyten
Reticulozytenanstieg
Thrombozytenanstieg
(3.) Phase II
Parasympathikotonie
Normalisierung der Gerinnung
Normalisierung der Fibrinolyse
Fieberabfall
Leukozytenabfall
Anstieg der Eosinophilen
Anstieg der Lymphozyten
Retikulozytenabfall
Thrombozytenabfall
Um die unter dem Begriff der Biopathie subsummierbaren
Prozesse
und Erkrankungen schärfer einzugrenzen sind die u.a. von dem
amerikanischen Internisten Robert Dew entwickelten Kriterien als sinnvoll zu
betrachten, die hier modifiziert ind ergänzt genannt werden sollen:
- Biopathien sind Erkrankungen unbekannter Ätiologie, d.h.
nach heutiger medizinischer Kenntnis gibt es keine oder mehrere konkurrierende,
einander z.T. widersprechende Erklärungsprinzipien hinsichtlich der Ursache der
Erkrankung, wie z. B. bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und der
Mehrzahl der Autoimmunkrankheiten.
- Bei Biopathien entstehen oft funktionelle
Symptome/Syndrome zeitlich vor Ausbruch der medizinisch diagnostizierbaren
Erkrankung.
- Biopathien zeigen auch aus traditioneller Sichtweise eine
psychosomatische Komponente, die Auftreten, Dauer und Intensität der
subjektiven und/oder objektiven Symptome beeinfußt.
- Biopathien zeigen oft ausgedehnte Zeitspannen von
Ausbrüchen und Verschwinden körperlicher Symptome, für die keine
offensichtliche oder klinische Erklärung ausreichend ist. Strukturelle
Veränderungen zeigen sich in dazu nicht eindeutig korrelierbarer Intensität.
- Biopathien zeigen ihre Symptomatik im gesamten Organismus
wie
z.B. Arteriosklerose und Hypertonie. Es ist keine
umschriebene anatomische Grundlage als krankheitsverursachend isolierbar,
zunehmende morphologische Veränderungen begleiten den Prozeß.
Dew listet den Schweregrad der biopathischen Erkrankung
bezogen
auf die folgenden verbreiteten Krankheitbilder in der
nachstehend angeführten Reihenfolge auf:
Reich geht mit dem Begriff der "Biopathie" weit
über das bedeutende, aber im Allgemeinen verbleibende Streßkonzept der
psychosomatischen Medizin hinaus.
"Der Begriff Streß soll keine spezielle Krankheit
bezeichnen, sondern ein bei allen spezielle Krankheiten ablaufendes allgemeines
(biophysisches) Geschehen, mit anderen Worten etwas, das man als Kranksein
überhaupt bezeichnen könnte. Selye (1946), dem wir das Konzept verdanken,
schildert die Situation sehr eindrucksvoll, in der er zum ersten Mal die
Notwendigkeit einer derartigen Vorstellung erkannte: Als Medizinstudent
wunderte er sich, warum seine klinischen Lehrer bei der Vorstellung von
Patienten mit verschiedenen Infektionskrankheiten so wenig Wert auf die
eindrucksvollen Symptome legten, die zunächst ins Auge sprangen. Sie alle
hatten Fieber, litten unter Appetitlosigkeit, allgemeiner Schwäche,
Kopfschmerzen usw. Diese eindrucksvollen Symptome wurden aber kaum beachtet.
Statt dessen sollten sich die Studenten sehr viel weniger eindrucksvolle
Symptome einprägen, mit deren Hilfe es möglich war, spezifische
Krankheitszustände voneinander zu unterscheiden. Die Medizin, die gelehrt
wurde, war eine Medizin der spezifischen Krankheiten; Dagegen wurde eine
Medizin des sehr eindrucksvollen unspezifischen Krankseins vernachlässigt.(...)
Der Begriff Streß bedeutet mehr als keine spezifische Krankheit.
Die Ursachen, die das Zustandsbild hervorrufen, sind ebenfalls unspezifisch. Da
physikalisch-chemische Noxen, Viren, Bakterien, psychische Konflikte oder
soziale Notlagen zu dem gleichen Zustandsbild führen, kann der auslösende
Faktor nur etwas sein, das allen diesen spezifischen Krankheitsursachen
gemeinsam ist, und das man als unspezifische Schädlichkeit oder als
Unzuträglichkeit schlechthin bezeichnen könnte.
Die speziellen Krankheiten: Masern, Scharlach, hoher
Blutdruck, Magengeschwür, Depression usw. wären demnach nichts als Varianten
oder verschiedene Ausprägungen (eben jenes allgemeinen Krankseins) und die
spezifischen Ursachen physikalisch-chemischer, biologischer, psychischer oder
sozialer Art nichts anderes als verschiedene Spielarten einer allgemeinen - für
sie alle charakteristischen - Unzuträglichkeit. (v.Uexküll, "Theorie
der Humanmedizin", S.32, München 1988)
3. Beispiele biopathischer Erkrankungen
Im Modell der energetischen Medizin nach Reich kann man nun
biopathische Prozesse in zwei Bereiche aufgliedern:
Erstens: Erkrankungen, die durch Sympathikohypertonie
bedingt sind (diese sind von Reich teilweise eingehend behandelt und
beschrieben worden):
An Herz- Kreislauferkrankungen leidende Patienten.
Herz- Kreislauferkrankungen sind in der BRD seit Jahrzehnten
die Haupttodesursache, die Ursache ist fast ausschließlich Bluthochdruck mit
den Folgeerscheinungen Schlaganfall, Herzinfarkt und Nierenveränderungen.
Über 80% der Bluthochdruckerkrankungen werden als
"essentielle Hypertonie" diagnostiziert, bei der die Ursache der
Erkrankung unbekannt ist. Das Bestehen einer essentiellen Hypertonie über Jahre
hinweg führt zu Veränderungen im Gefäßsystem und an inneren Organen, die
wiederum die Erkrankung verstärken.Nach Ermittlungen der American Heart
Association leiden etwa 20% aller 20 - 80 jährigen Menschen an einem
Bluthochdruck, in den USA befindet sich die essentielle Hypertonie mit den von
ihr verursachten Komplikationen an erster Stelle der Todesursachen noch vor
Malignomen und Unfällen zusammengenommen.
"Die Anlage zur essentiellen Hypertonie besteht in dem
Unvermögen des Organismus, eintretende Störungen der Blutdrucklage ( wie z.B.
durch Stress ) rasch zu überwinden. Halten solche Störungen länger an, stellen
sich die kreislaufregulierenden Zentren auf eine überhöhte Regelgröße ein: aus
dem labilen Hochdruck entwickelt sich ein stabiler Hochdruck."
( Herold, "Innere Medizin", Köln 1986 )
In der inneren Medizin werden bisher unbekannte genetische
Faktoren und Ernährungsgewohnheiten als verusachende Einflüsse diskutiert,
insgesamt spricht man von einer "multifaktoriellen Ätiologie", d.h.
die krankheitsauslösende Ursache ist unbekannt.
Bluthochdruck wird nach Reich als eine Erkrankung mit einem
Überwiegen der sympathischen Aktivität, mithin als Kontraktionsbiopathie
angesehen.
Ausgangspunkt ist ein Überwiegen sympathischer
Anspannung/Erregung mit ungenügender Anspannungs-/Erregungsabfuhr, in anderen
Worten ein bioenergetischer Ladungsstau ohne die Möglichkeit bzw. Fähigkeit,
diesen affektiv/ bioenergetisch zu entladen. Diesem Zustand entspricht ein
Reaktionsmuster, was seit Cannon (1975) "emergency state" oder
Bereitstellungsphase genannt wird, es geht mit gesteigertem Stoffwechsel,
erhöhter Herzfrequenz und hohem Blutdruck einher. Die psychodynamische
Entwicklung von Menschen mit essentieller Hypertonie wird nach zahlreichen,
übereinstimmenden Untersuchungen entscheidend durch eine starke, fast
zwangsneurotische Abwehr aggressiver Impulse geprägt.
Diese gestaute Aggressivität, dieser sog. "gehemmte
Protest" wird zumeist in sozial verträglicher Weise durch die Ausbildung
eines besonders intensiven, stark kontrollierten Leistungswillens verarbeitet.
Es kommt zu einem Verlust des psycho- vegetativen
Gleichgewichts, zur biopathischen Pulsationsstörung. Das Unvermögen zur
Anspannungsabfuhr, zur bioenergetischen Entladung, vermindert die notwendige
parasympathische Steuerung der Kreislaufaktivitäten und führt dadurch zu einer
Kontraktion,, zu einer Engstellung der kleinen Blutgefäße der inneren Organe.
Es kommt zu einer Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes,
was zu einem Anstieg des diastolischen Blutdruckwertes führt.
Bluthochdruck ist demnach eine sympathikotone
Kontraktionserkrankung, die
(1.) zu einer bleibenden Veränderung der Kreislaufregulation führt, und
(2.) organische
Veränderungen induziert, die den Prozeß
weiter verstärken.
Bioenergetische Kontraktion beginnt immer an
der
Peripherie und bewegt sich zum biologischen
Kern
hin. Es kommt zu einer
chronischen
Sympathikusüberfunktion (Sympathikohypertonie) .
Der biologische Kern des Organismus bleibt unangetastet,
Affekte wie starke Wut- oder Angstreaktionen sind in der Therapie leicht
auslösbar.
"Bei den vaskulären Biopathien ( Herz-
Kreislauferkrankungen ) bleibt die biophysikalische Erregung biologisch,
physiologisch und emotionell dauernd lebendig. Mit anderen Worten, der Kern des
Organismus, das vegetative Nervensystem, produziert weiter Energie.
Beim Krebs dagegen gibt der biologische Kern in der
Energieentwicklung nach. Mit dieser Verminderung der Energieproduktion werden
Emotionen und Erregungen mit der Zeit schwächer und schwächer.
Dadurch ist die Funktion des Energieumsatzes im Körper weit
intensiver gestört als bei Störungen mit auffälligen Symptomen .(...) Ein
Angst- oder Wutausbruch ist, funktionell gesehen, noch immer eine
Energieentladung, wenn auch pathologischer Art. Dagegen habe ich nie Krebskranke
mit emotionellen Wutausbrüchen, lärmenden Emotionen gesehen."
(Reich, "Der Krebs", Frankfurt 1975)
Das primäre Energiezentrum des Organismus, der biologische
Kern ist demnach beim Hypertoniker unangetastet, die dort produzierte Energie
aber kann nicht ausgedrückt, nicht entladen werden. Ein gutes Beispiel findet
sich in dem von Thure v. Uexküll herausgegebenen Lehrbuch der Psychosomatischen
Medizin:
Es wird im Kapitel über Bluthochdruckerkrankungen ein in
Israel lebender Patient vorgestellt, der an einer therapieresistenten schweren
Hypertonie erkrankt war, die medikamentös nicht beeinflußbar war. Während seiner Einberufung zur Zeit des 6 -
Tage - Krieges normalisierte sich der Blutdruck vollständig, um nach der
Rückkehr ins Zivilleben wieder den vorherigen Schweregrad anzunehmen.
Übereinstimmend wird von zahlreichen psychosomatisch
orientierten Untersuchungen (Bach, Bastiaaans, Dunbar, Quint, Pflanz, Sroka, v.
Uexküll, Wyss u.a.) die Unfähigkeit der Betroffenen beschrieben, aggressive
Antriebe frei zum Ausdruck bringen zu können. Weiterführend ist in diesem
Zusammenhang ein Experiment von Sapira und Mitarbeitern zu nennen:
Versuchspersonen mit Bluthochdruck und gesunden
Kontrollpersonen wurde ein Film gezeigt, in dem im ersten Teil ein Arzt in
seiner Sprechstunde einen Patienten mit hohem Blutdruck desinteressiert und in
Eile abfertigt und sich offensichtlich
über die Therapieresistenz des Hochdrucks zu ärgern scheint.
Im zweiten Teil des Films wird der Arzt mit dem gleichen
Patienten gezeigt, wie er sich sehr entspannt und viel Zeit nehmend mit der
Hypertonie unter Einbeziehung der Persönlichkeit des Kranken beschäftigt. In
einer anschließenden Befragung nach dem Ende der Filmvorführung konnten die
Versuchspersonen mit Bluthochdruck im Gegensatz zu den Kontrollpersonen keinen
Unterschied in den beiden Teilen des Films beschreiben. Es scheint demnach
nicht nur eine Hemmung aggressiver Impulse, sondern darüberhinaus auch eine
Unterdrückung der Wahrnehmung zu Auseinandersetzung auffordernder Situationen
vorhanden zu sein.
(Uexküll,"Lehrbuch der psychosomatischen Medizin",
S. 600, München 1991)
Weitere Erkrankungen, die durch Sympathikohypertonie
mitbedingt sind:
Schmerzzustände des Bewegungsapparates.
Diese machen die meisten Formen von Rückenschmerzen,
Nackenschmerzen, von Schulter- Armbeschwerden, Kreuzschmerzen, sogenanntem
"Hexenschuß" und Ischiasbeschwerden aus. Als Ursache dieser
Schmerzzustände wird in der Mehrzahl der angeführten Beschwerdebilder eine
mechanische Schädigung der Wirbelsäule genannt. Im Gegensatz zu dieser
Auffassung stimmt das röntgenologisch dokumentierbare Ausmaß der Läsionen
selten mit der Intensität der Beschwerden überein. Weiterhin ist jedem Arzt und
jedem Betroffenen bekannt, daß derartige Schmerzzustände deutlichen Schwankungen
unterliegen, plötzlich zunehmen und auch wieder verschwinden können, die
Veränderungen an der Wirbelsäule jedoch fast immer konstant bleiben. Zahlreiche
Untersuchungen und auch die vegetotherapeutischen Erfahrungen weisen darauf
hin, daß neben einer mechanischen Ursache die Intensität oder das Aussetzen der
oft unerträglichen Schmerzen durch psycho-vegetative Prozesse ursächlich
mitbestimmt wird.
Die zeitweilige Auslösung der Schmerzen ist z.B. bei der
Wirbelsäule oft auf eine affektive Tonuserhöhung der Muskulatur zurückzuführen.
Vor allem aqggressive und retentive Impulse, ein Zuviel an nicht abführbarer,
überschießender Anspannung/Kontraktion schlagen sich in einem
affektiv/extrapyramidal erhöhtem Muskeltonus nieder und verfestigen den Rumpf
im Rahmen einer instinktiven Anspannungsreaktion, die starke aggressive Impulse
chronisch binden kann.
Darüberhinaus wird in der psychosomatisch und bioenergetisch
orientierten Medizin eine wesentliche Mitbedingtheit rheumatischer Erkrankungen
durch chronisch erhöhte Anspannungszustände der quergestreiften Muskulatur
angenommen. Dies wurde durch eletromyographische Untersuchungen untermauert:
Patienten mit rheumatischen Erkrankungen zeigen stark erhöhte
Muskelaktionsströme bei der Besprechung seelischer Konflikte verglichen mit
nicht Erkrankten; weiter zeigt sich eine zeitliche Korrelation zwischen den
erhöhten Meßwerten und der subjektiv geäußerten Intensivierung der Schmerzen.
Die chronisch erhöhte Muskelspannung kann die chronisch werdende
Gelenküberlastung, -erkrankung und -deformierung verursachen. In gleicher weise
können chronische Anspannungszustände der Muskulatur zunächst im sinne einer
Tendinosekrankheit periartikuläre Schwellungen als Vorstadien einer
rheumatischen Arthritis verursachen.
Bei den oben angeführten Erkrankungen ist die
Pulsationsarbeit im Sinne von Entladungsarbeit indiziert, der Einsatz des
Orgonakkumulators ist bis zum Einsetzen selbstregulierender Pulsationen im
Organismus des Betroffenen nicht anzuraten.
Erkrankungen, die durch Parasympathikotonie mitbedingt sind:
Als Ausgangszustand liegt hier ein Zuviel an
psycho-vegetativer Anspannung unterschiedlichster Genese vor; auffallend ist in
vielen Fällen ein "ängstlich getriebener" Ausdruck. Dieses Zuviel an
innerer Anspannung, das keineswegs der äußeren Belastungssituation entsprechen
muß, führt zu einem Anstau von Entspannungsimpulsen, die wenn der Organismus
nach den Phasen gesteigerter Anspannung zur Ruhe kommt, in überschießender Form
durchbrechen.
Exemplarisch für durch überschießende parasympathische
Expansionsimpulse mitbedingte Erkrankungen sei hier das endogene (d.h. nicht
allergische) Asthma bronchiale, das die verbreiteste Form dieser Erkrankung der
Atemwege darstellt, angeführt:
Die wesentliche Funktionsstörung beim Asthma bronchiale
liegt im Krampf der Bronchialmuskulatur, im sogenannten Bronchospasmus. Die
Bronchialmuskulatur unterliegt einer vegetativen Steuerung:
Sympathikusaktivität führt über die Erhöhung des cAMP-Spiegels in den
Muskelzellen zu einer Erschlaffung der Bronchialmuskulatur. Parasympathische
Aktivität führt über die Erhöhung des cGMP-Spiegels in den Muskelzellen zu
einer Kontraktion der Bronchialmuskulatur.
Ein zeitweiliges oder chronisches Übergewicht
parasympathischer Impulse führt zu der Symptomatik des Bronchialkrampfes.
Asthmatische Anfälle treten gehäuft nach Phasen erhöhter seelischer oder
körperlicher Anspannung auf. Es kommt beim belastungsindizierten Asthma, dem
sogenannten "exercice-induced-asthma", im allgemeinen nicht während
der Anstrengung zur Entwicklung eines Bronchospasmus, sondern
charakteristischerweise erst unmittelbar nach der Belastung, wenn den
entspannenden parasympathischen Regulationsimpulsen dominant Raum gegeben wird.
In gleicher Weise konzentriert sich die asthmatische Symptomatik im
Tagesrhythmus bevorzugt auf die Abend- und Nachtstunden, die unter
parasympathischer Tonusdomonanz stehen. Stimulatoren der parasympathischen
Aktivität, wie die Menstruation, führen regelmäßig zur Aktivierung des
Beschwerdebildes.
In psychosomatischer und bioenergetischer Sichtweise findet
man beim Asthmapatienten eine erhöhte innere Spannung, die in einer
seelisch-körperlichen Anspannungssituation zu einem gesteigertem sympathischen
Tonus führt. Dieses Zuviel an Anspannung wird beim Übergang zur Entspannung mit
überschießender parasympathischer Aktivität gegenregulatorisch beantwortet.
Nach vorrausgegangener Sensibilisierung der Bronchien führt die übersteigerte
parasympathische Aktivität über den Anstieg des cGMP-Spiegels in der
Bronchialmuskulatur zum Bronchialkrampf. Unter dem Begriff der durch
überschießende parasympathische Impulse mitbedingten Erkrankungen können weiter
subsummiert werden: Drehschwindelanfälle und Hörsturz, Kopfschmerzzustände, die
mit Gefäßerweiterungen korreliert werden können, Verkrampfungs- und
Schmerzzustände im Bereich der Gallenblase und ableitenden Gallenwege sowie
zahlreiche allergische Reaktionszustände.
In der energetischen Betrachtungsweise wird die Betonung
weniger auf die analytische Beschreibung der Ausbildung der Erkrankung gelegt,
als auf die Betrachtung und Erforschung, wie die erfahrenen Versagungen sich im
Organismus in der aktuellen Situation zeigen, d.h. wie sie sich energetisch,
besser: körperlich - evtl. segmental - niedergeschlagen haben und im Organismus
ständig präsent sind.
"Nicht das Bewußtwerden einer Vorstellung allein heilt,
sondern die Umstellung im Erregungsablauf.
Wir haben somit folgende Reihenfolge von Funktionen im Verlauf der Wirkung eines psychischen
Vorstellungskreises im körperlichen Bereiche:
a) Die psychische Erregung ist funktionell identisch mit der
körperlichen Erregung.
b) Die Fixierung einer psychischen Erregung erfolgt durch
Festsetzung eines bestimmten vegetativen Innervationszustandes.
c) Der veränderte vegetative Zustand verändert die
Organfunktionen.
d) Die "psychische Bedeutung des organischen
Symptoms" ist nichts anderes als die körperliche Haltung, in der sich der
"psychische Sinn" ausdrückt. (Psychisches Verhaltensein äußert sich
in vegetativer Verkrampftheit. Der psychische Haß drückt sich in einer
bestimmten vegetativen Haßhaltuntg aus. Sie sind identisch und nicht
voneinander zu trennen.)
e) Der fixierte vegetative Zustand wirkt auf den psychischen
Zustand zurück; die Wahrnehmung einer realen Gefahr funktioniert identisch mit
einer sympathikotonen Innervation; diese erhöht ihrerseits die Angst; die
erhöhte Angst erfordert eine Panzerung, die gleichbedeutend ist mit einer Bindung vegetativer Energie in der
muskulären Panzerung. Dies stört wieder die Abfuhrmöglichkeiten und steigert
die Spannung und so fort." (Die Funktion des Orgasmus, S.302.)
So ist bei Vorliegen einer Hypertonie den klinischen
Erfahrungen Reichs zufolge besondere Aufmerksamkeit der plasmatischen Motilität
des Brustsegments zu widmen. Für die zentrale Funktion der Atmung hat dieses
Segment die bedeutendste Rolle in der Unterdrückung der Expiration, in dem
Festhalten an einer chronisch gewordenen Inspirationshaltung, die das Fundament
für die Kontraktion des Gesamtorganismus ausbildet. Die detaillierte Beschreibung
der an der chronischen Inspirationshaltung beteiligten Muskelgruppen findet
sich im Abschnitt über die Prozeßbeschreibung der orgonenergetischen Therapie
im Anschluß an dieses Kapitel. Die mit dieser muskulären Anspannung
einhergehenden, auf psychischem Gebiet funktionell identischen Charakterzüge,
der "Ausdruck der Brustpanzerung", sind die der Selbstbeherrschung,
des Nicht-Loslassen-Könnens, der Zurückhaltung, des An-Sich-Haltens, des
Verhaltenseins. Decken sich diese Charakterzüge, die Reich bereits 1945
charakteristisch für Hochdruckpatienten bezeichnete, noch vollständig mit den
jahrzehnte später formulierten empirischen Forschungen der medizinischen
Psychosomatik, so ist in der energetischen Therapie im Gegensatz zur
gesprächsorientierten Psychotherapie nicht die inhaltliche Bewußtbarmachung
verdrängter aggressiver Tendenzen und deren analytische Bearbeitung der
Endpunkt des therapeutischen Prozesses, sondern darüberhinaus die
Erlebbarmachung der dahinterliegenden, abgewehrten Gefühle der Sehnsucht, des
Schluchzens und des ausgreifenden Verlangens.
"Die Bewegungshemmung der inneren Brustorgane setzt
sich gewöhnlich in eine Hemmung derjenigen Armbewegungen fort, die
"Verlangen", "Umarmen" oder "Nach-Dingen-Langen"
ausdrücken. Wohlgemerkt, diese Kranken sind nicht mechanisch gelähmt. Sie
vermögen ihre Arme ausgezeichnet zu bewegen. Sobald aber die Bewegung der Arme
sich mit dem Bewegungsausdruck der Sehnsucht oder des Verlangens verknüft,
setzt die Hemmung ein."
(Reich, Charakteranalyse, Köln 1970)
Den Erfahrungen in der Behandlung nach Reich zufolge ist
eine Beseitigung der Brustpanzerung, die als Grundlage der Entwicklung der
meisten Hochdruckerkrankungen angesehen wird, oft nicht ohne Durchleben der
tiefen Gefühle der brüllenden Wut, der Sehnsucht und des tiefen,
sehnsuchtserfüllten Weinens und Schluchzens erreichbar.
Nach Reich ist die Ausdrucksbewegung und das damit
verbundene Erleben der Hingabe an die plasmatische Beweglichkeit des Brust- und
des Halssegments gebunden, die chronische Kontraktion des Brustkorbes wird als
"Zentralstück der muskulätren Panzerung" überhaupt angesehen.
Die in frühkindlichen Erfahrungen wurzelnden, angenommenen
Versagungen und Enttäuschungen durch die Eltern oder andere Erziehungspersonen
sind somit in der Behandlung nach Reich nicht das Wesentliche in dem
Mechanismus, der zur Atmungshemmung und zum "Festhalten" des
Erwachsenen führte, ihre Wiedererinnerung ist nicht hinreichend; die Lösung der
Kontraktion geht einher mit der Wiedererlangung des blockierten, versagten
Ausdrucks, der im Leben des Erwachsenen nicht mehr empfindbar war. Um wiederum
Reich in der Charakteranalyse zu zitieren: "... die Emotion des
Bewegungsausdrucks genügt reichlich zum Begreifen des erlittenen Unglücks, und
schließlich kommen die Erinnerungen selbst hoch, wenn man korrekt arbeitet .
(...) Es ist einzig und allein die biologische Ausdrucksbewegung, die imstande
ist, den Panzerring zu lösen."
Nur diese, und die damit verbundene Veränderung der
Plasmamotilität, kann eine Wiederherstellung der urprünglichen Pulsation
ermöglichen.
Aus dem vorangegangenen Passagen geht der Unterschied in der
Ätiologie der geschilderten Erkrankungen hervor - die Konsequenzen für die
therapeutische Beeinflussung von Bluthochdruck und Krebserkrankungen wurden von
Reich im Gegensatz zu seinen klaren Beschreibungen der affektiven Unterschiede
in den von ihm beschriebenen Patienten nicht mehr niedergeschrieben. Ich werde
dies im Folgenden zu ergänzen versuchen und eine dritten Erkrankungsweg
einführen: den der Blutkrebsarten (Leukämien), dessen energetische Komponente
und Therapie sich nocheinmals von den beiden erstgenannten Erkrankungsformen
unterscheidet. Wichtig ist noch einmal klar herauzuarbeiten, daß Reich mit sehr
umfassenden, dadurch das diese grundlegende Phänomene unter dem Gesichtspunkt
der Einheitlichkeit beschreiben sollten, Begriffen arbeitete. Dies führt den
Leser seiner späteren Werke manchmal zu einer Konfusion, die er selbst nicht
ausreichend bemerkt - mir ist es jedenfalls so ergangen.
Um Beispiele zu nennen
:
Die von Reich entwickelte "Orgonomische Diagnostik der
Krebsbiopathie" ist kein Krebsfrüherkennungstest, wie immer wieder in der
Sekundärliteratur beschrieben, sondern ein Instrumentarium zur Bestimmung des
bioenergetischen Zustandes des Organismus, ein Diagnoseverfahren zur Erkennung
von Biopathien. Testet man diese Nativblutdiagnostik bei an Krebserkrankten
Menschen, so findet man eindrucksvolle Übereinstimmungen zu den Beschreibungen
Reichs, aber auch Krebsarten (Thymuscarcinom, malignes Melanom) wo die
Aussagekraft der Diagnostik sehr gering ist. In der Verlaufskontrolle einer
Behandlung erweist sie sich dagegen als von unschätzbaren Wert. Wichtig zu
wissen ist, daß Reich überwiegend von Beobachtungen in der Blutdiagnostik im
Verlauf der orgontherapeutischen Behandlung publiziert hat.
Liest man nun sein Hauptwerk "Die Entdeckung des
Orgons", Band II, "Der Krebs" (im Original: "The Cancer
Biopathy") so bekommt man den Eindruck, die beschriebenen
Charakterstrukturen und energetischen Zustände seien für an Krebs erkrankte
Menschen typisch, dabei geht es Reich zentral - wie im Originaltitel vorhanden
- um die Herausarbeitung einer gemeinsamem Grunderkrankung, die körperlichen
und seelischen Sekundärerkrankungen zugrunde liegt, eben der Biopathie. Und er
generalisiert: die geschilderten energetischen Verhältnisse von den
verschiedenen Ladungszuständen von Kern und Peripherie gelten auch für zu Krebs
neigende Menschen. Hier kommt also eine Differenzierung in sein Verständnis,
die über seine Festellung " Wir wissen noch gar nichts darüber, welche
Umstände die Entwicklung einer Biopathie in der einen oder anderen Richtung
bestimmen." (a.a.o., S167) hinausweist. In meiner Entwicklung der Arbeit
mit körperlich erkrankten Menschen mehrten sich die Widersprüche zu meinem
bisherigen Begreifen der Gedanken und Erfahrungen Reichs und wie oben erwähnt
fand ich beim Wiedererarbeiten seiner Originalschriften immer wieder
Beobachtungen, die meine Erfahrungen beschrieben und mir in der Differenzierung
des theoretischen Konzepts weiterhalfen. Heute sehe ich drei energetische
Grundtypen, die der gleichen Anzahl von Neigungen und Reaktionsweisen in Bezug
auf verschiedene Krankheitsbildern entsprechen, die ich nun weiter darlegen
werde:
Erste Neigung : leukämischer Typ, gefährdet in der
Ausbildung u. Entwicklung von lymphatischen und leukämischen Erkrankungen.(Typ
1)
Zweite Neigung : autoimmunreaktiver Typ, gefährdet in der
Ausbildung u. Entwicklung neurodermativer, asthmatischer und autoimmunreaktiver
Erkrankungen.(Typ 2)
Dritte Neigung : zu Krebserkrankungen neigender Typ, die
Erkrankung tritt im höherem Alter (über fünfzig Jahre) auf (Typ 3); sonst
überwiegend körperlich beschwerdefreier als Typ 1 u. 2.
Eine Ausnahme von diesen drei Entwicklungslinien bildet der
Energietyp des im jüngeren Alter an Krebs erkrankten Menschen, den ich zuletzt
beschreiben werde.
Bei diesen Entwicklungsdispositiven handelt es sich meiner
Erfahrung nach um Tendenzen, die in jedem Menschen in der jeweiligen Anlage
vorhanden sind. Dies bedeutet nicht, daß jemand, der der leukämischen Struktur
entspricht, an Blutkrebs erkranken muß, seine Gefährdung zur Entwicklung dieser
Erkrankung ist allerdings deutlich größer als bei Typ 2 und 3. Nur die
fortschreitende Bahnung der vorhandenen Entwicklungstendenz geht mit einer
zunehmenden Gefährdung einher, Veränderungen der energetisch/vegetativen
Reaktionsmuster bei Typ 1 z.B. in Richtung zu Typ 2 können selbst bei
vorliegender Leukämie eine tiefgreifendse Veränderung der
Spannungs-/Ladungsprozesse im Organismus herbeiführen, die selbst einen
fortgeschrittenen Blutkrebs ausheilen lassen. Es geht also bei der Einteilung
nicht um eine als gesünder oder kränker zu bewertende Einteilung von
organismusspezifischen Reaktionsmustern, allein das Fortschreiten und Bahnen
eines bestimmten energetischen Reaktionsablaufes geht einher mit zunehmender
Gefährdung. Als theoretisches Modell für das Verständnis dieser sich
herausbildenden Reaktionsformen eignet sich gut das Modell der
Entwicklungsbahnen, das der Biologe C.H. Waddington vorgeschlage hat. In diesem
Rahmen wird die menschliche Persönlichkeit als eine Struktur aufgefaßt, die
sich unablässig entlang der einen oder anderen aus mehreren möglichen und
voneinander abgegrenzten Bahnen entwickelt. Alle diese Bahnen liegen an ihrem
Ausgangspunkt nahe beieinander, so daß das Individuum bei der Empfängnis Zugang
zu einer Vielzahl von Bahnen hat und sich auf irgendeine davon begeben kann.
Die ausgewählte Bahn führt auf jedem Entwicklungsschritt zu einer Interaktion
zwischen dem Organismus, wie er sich bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt hat,
und der Umgebung, in der er sich vorfindet. So führt die Entwicklung bei der
Empfängnis zu einer Interaktion zwischen dem Genom und der intrauterinen
Umwelt; bei der Geburt führt sie zu einer Interaktion zwischen der
energetischen und biologischen Konstitution des Neugeborenen, einschließlich
seiner beginnenden mentalen Struktur, und der Familie oder andersartigen
Situation, in die es hineingeboren wurde; und in jeder weiteren Altersstufe zu
einer Interaktion zwischen den dann vorhandenen Persönlichkeitsstrukturen und
der sozialen und/oder familiären Umwelt.
Bei der Empfängnis ist die Gesamtheit aller Bahnen, die dem
Individuum potentiell offenstehen, von der Beschaffenheit des Genoms und
sicherlich auch von bisher nicht in wissenschaftlicher Form diskutierbarer
Einflußfaktoren abhängig.
Der italienische Reich-Therapeut Francesco Dragotto ging
z.B. nach über fünfzehn Jahren der Arbeit mit dem charakteranalytischen Modell
der frühen Vegetotherapie nach Rakness und Navarro vollständig dazu über, die
energetische Identität des menschlichen Organismus als untrennbar verbunden mit
dem Zustand des Einsseins, Vollständigseins und Unabhängigseins , den die
befruchtete Eizelle während ihrer Wanderung von dem Eierstock über die Eileiter
bis zur Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut verkörpert, zu interpretieren.
Dieser therapeutische Ansatz führt zu radikalen Konsequenzen und Veränderungen
in der Zielsetzung der Therapie - nicht das Wiedererleben und Durchqueren von
Geburtstraumen oder Störungen der
angenommenen intrauterinen Identität oder zumindestens Verbindung von Mutter
und Fötus sind das letzte Ziel der Erfahrung der Ganzheitlichkeit des
gewordenenen menschlichen Organismus,
sondern die fundamentale Erfahrung des
Hier-Seins, des Geworden-Seins wird auf Vollständigkeit, Unabhängigkeit,
completeness gegründet. Ähnlich formuliert Will Davis: "Die erste
Beziehung, die wir haben, ist nicht, wie üblicherweise gedacht wird, die mit
der Mutter. Deswegen arbeiten wir inner-psychisch. Die erste Beziehung ist die
mit uns selbst. In der Gebärmutter und während der ersten paar Monate des
Lebens, wenn der Organismus in einem undifferenzierten Zustand ist, kennt er
nur sich selbst. Er ist sich nur der Erfahrung seiner selbst bewußt. Er
differenziert nicht zwischen sich selbst und dem Rest der Welt, ein
omnipotenter Zustand." (Will Davis, Points and positions, Berlin 1994.)
Wenn die Entwicklung fortschreitet und die Strukturen sich
immer weiter differenzieren, dann vermindert sich die Anzahl der zugänglichen
Bahnen: Eine der psychologisch - biologisch wichtigen Variablen ist die Art und
Weise, wie das sich entwickelnde Individuum Bindungsverhalten erfährt, intern
repräsentiert und später selbstorganisiert. Physikalische Einflußfaktoren, wie
die Einwirkung von Umweltgiften, radioaktiver Niedrigstrahlung, Reizüberflutung
durch technische Gegebenheiten der frühen und späteren Umgebung, bedingen
ebenfalls die Bifurkationen der Entwicklungslinien, damit beschäftigen sich in
unserer Zeit die fortgeschrittensten Untergebiete der Psychologie und
Medizin.
Die Kenntnis der verschiedenen energetischen Typen hat
grundlegende Konsequenzen für eine Arbeit mit dem menschlichen Energiesystem:
denn es kann eine gutgemeinte, durchweg als erfolgreich erscheinende
charakteranalytische, bioenergetische oder neoreichianische Behandlung bei den
Reaktionstypen 1 u. 3 den Entwicklungsgrad des energetischen/autonomen
Reaktionsmusters weiter ausprägen und in der Entwicklung einer schweren
körperlichen Erkrankung sogar beschleunigend wirken.
Das vegetative Nervensystem bildet die von uns noch
medizinisch beschreibbare Mittlerfunktion zwischen den energetischen
Pulsationswellen und den erfahrbaren körperlichen und seelischen
Erfahrungsprozessen. Das Vegetativum ist lokalisiert im Zentralnervensystem und
in der somatischen Peripherie des Körpers. Im Zentralnervensystem liegen die
vegetativen Nervengeflechte (Ganglia) in der grauen Substanz um den Zentralkanal,
ausgehend vom dritten Ventrikel bis zum Ende des Rückenmarks. Mehrere der
Gehirnnerven beinhalten starke vegetative Innervationen: der N. oculomotorius,
der die motorische und vegetative Versorgung des Auges bereitstellt, der N.
facialis, der über die Chorda tympani die Speichel- und Tränendrüsen und die
Durchblutung des Gesichts versorgt, der N. glossopharyngeus, der u.a. die
Parotisdrüse innerviert. Am bedeutendsten sind jedoch die Ausgangsgebiete des
zehnten Gehirnnervs, des N. vagus, der fast den gesamten Körper durchzieht. Er
ist der bedeutendste Nerv des parasympathischen Systems. Auf seinem Weg vom
Kopf, den Hals entlang, durch die Brusthöhle in den Bauchbereich versorgt er
fast alle lebenswichtigen Organe. Durch seine Ausbreitung vom Kopf bis zum
Dickdarm überbrückt er die Lücke, die im Zentralnervensystem zwischen den
kranialautonomen und sakralautonomen Zentren zu bestehen scheint. Seinem
Verbreitungsgebiet entsprechend enthält er mehrere Fasergruppen:
somatomotorische für die quergestreiften Muskeln des Gaumens, des Schlundes,
des Kehlkopfes und der Speiseröhre, visceromotorische Fasern für die glatten
Muskeln des Eingeweidetraktes von der Speiseröhre bis zum Dickdarm,
sekretorische Fasern für die Drüsen des Atmungs- und Verdauungstraktes, Hemmungsfasern
für das Herz, Gefäßnerven und sensible Fasern vom äußeren Ohr, Atmungstrakt,
vom Herz und den Verdauungsorganen.
Der Grenzstrang, Truncus sympathikus, bildet eine
Nervengeflechtskette, die von der Schädelbasis bis zur Steißbeinspitze reicht und
besteht aus rundlichen Ganglien, die durch Strangteile (Fasciculi
interganglionares) verbunden sind. Verbindungsstränge ziehen zum Rückenmark, in
dessen thorakalumbalem Gebiet die Ursprungsgebiete des Sympathikus liegen. Die
oberen Anteile des Grenzstranges formen die sympathische Versorgung des Kopfes,
die unteren Anteile entsenden Fasern bis zu den Organen des Beckens.
Das periphere sympathische System gliedert sich über den
Grenzstrang hinaus in die großen vor der Wirbelsäule liegenden Ganglien, weithin
verstreut liegenden Zwischengeflechten, in der Musklulatur liegenden Ganglien
und dem ungeheurem Netz von vegetativen Fasern die von den Ganglien zu den Erfolgsorganen ziehen. In den
vor der Wirbelsäule liegenden und den intramuskulären Geflechtekommt es zu
einer Vermischung mit parasympathischen Fasern, so daß eine Trennung und
Unterscheidung nicht mehr möglich ist und die Erregungsausbreitung ein
funktionelles Ganzes bildet.
Die Zona intermedia, d.h. der sakrale Parasympathikus, liegt
am Endes des Rückenmarks und sendet
Fasern über den Plexus pudendus und die Nervi pelvici zu den Nervengeflechten des kleinen Beckens, die die
Geschlechtsorgane, die Prostata, die
Harnblase, und die unteren Darmabschnitte versorgen.
Das vegetative Nervensystem unterscheidet sich von anderen
nervalen Strukturen durch die Tatsache, daß es an der letzten
Erregungsübertragungsstelle zu den Erfolgsorganen (Drüsen-, Fett-,
Bindegewebszellen, die gesamte glatte Muskulatur, etc.) keine echten Synapsen
bildet, sondern Überträgerstoffe wie Acetylcholin und Noradrenalin ausa den in
den Nervenendigungen befindlichen Vesikeln in den Raum zwischen den Organzellen
entleert und so deren Tätigkeit in Gang setzt.
Arbeit an der Pulsation verändert die Energetik, Biophysik und
Biochemie des gesamten Organismus. Wir haben es mit den Reaktionen des Vegetativums zu tun und damit, wie sich
diese Veränderungen mit den physischen Wahrnehmungen verbinden. Das autonome
Nervensystem werde ich im Folgenden als morphologisch erfassbaren Mittler
zwischen der sich der unmittelbaren Wahrnehmung entziehenden Orgonenergie und
ihren physischen Manifestationen (Knochen, Muskeln, Geweben und Blut)
betrachten.
Das Vegetativum, daß ich als ein neurohumorales
Überträgersystem betrachten, spiegelt die energetischen Vorgänge in das
physische Sein des Organismus.
Der sympathische Zweig des autonomen Nervensystems hängt
mehr mit den verschiedenen Erfahrungen und Ausdruckformen von Spannung
zusammen. Wenn der Sympathikus übermäßig stimuliert wird, schließt sich der
Körper als Ganzes ab und baut Widerstand auf. Dies ist aber nicht die Art von
Widerstand, die der Abwehr von Krankheiten dient - es ist viel mehr der
Widerstand gegenüber Veränderung und Anpassung, der Krankheit schafft.
Wirkliche Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten ist die Fähigkeit des
milieu interne, sich an die Einflüsse äußerer Veränderung anzupassen. Dies
ermöglicht dem Körper, innerhalb der Gleichgewichtsparameter zu bleiben, die
dem Organismus eingegeben sind.
Der Parasympathikus korreliert eher mit Entspannung. Beim
Entspannen öffnet sich der Organismus und läßt Energie zirkulieren, die
Adaptionen und Korrekturen ermöglicht und fördert.
Ich werde bei den Energiemodellen darauf näher eingehen. Im
Konzept der chinesischen Medizin zum Beispiel empfängt der Parasympathikus mehr
von der nach unten und innen gerichteten Himmelskraft. Er erzeugt dann die
entgegengesetzte Wirkung, indem er den Körper sich öffnen und entspannen läßt.
Der Sympathikus dagegen empfängt mehr von der nach oben und außen gerichteten
Erdenkraft und läßt daher den Körper sich verspannen und verschließen.
Parasympathische Nerven strahlen vom Kopf nach unten und vom Kreuzbein nach
oben aus und ahmen den Nord- und Südpol der Erde nach, wo die Yang - Kraft
hauptsächlich in unsere Atmosphäre eintritt.
Der Sympathikus verzweigt sich vom Grenzstrang longitudinal
entlang der Wirbelsäule. Er repräsentiert den Äquator, wo die meiste Yin -
Kraft der Erde erzeugt wird. Im Idealfall wirken beide Zweige des autonomen
Nervensystems so zusammen, daß sich eine Ausbalancierung im Körper ergibt. Je
nach Funktionsnotwendigkeit - äußeren/inneren Einflüssen - beschleunigen die
energetischen Ladungen des Körpers die Aktivität eines der Zweige, so daß ein
ungleichgewichtiger Funktionszustand resultiert. Im allgemeinen erzeugen
einseitige oder chronische Extreme zunächst einen chronisch überlagerten
Sympathikus mit den korrelierten Symptomen. Wenn dieser Zustand langfristig
anhält, adaptiert sich der Organismus zunächst an die chronische Sympathikotohypertonie.
Der Parasympathikus hat ein leichtes Übergewicht, solange die Zustände
innerhalb der normalen Schwankungsbreite bleiben. Im gesunden Organismus kann
insgesamt gesehen der Parasympathikus ständig etwas mehr aktiviert sein, sowie
der Körper auch ständig einen leicht alkalischen Zustand des Blutes aufrecht
erhalten kann.
Im folgenden unterscheide ich in Bezug auf den
Gesamtorganismus drei Schichten voneinander, denen für die energetische
Ladungsverteilung im menschlichem Körper eine große Bedeutung zukommt: Kern /
Zentrum, mittlere Schicht und Peripherie. Grundlegend für diese Unterteilung
sind die experimentellen Untersuchungen Reichs an der Universität Kopenhagen in
den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts, aus deren späterer Zusammenfassung
im Jahre 1942 ich hier zitiere:
"Der überlieferten Anschauung zufolge müßte sich die
bioelektrische Energie in den Bahnen der Nervenfasern bewegen; dabei ist angenommen, daß diese Nervenfasern
nicht kontraktil sind. Dagegen machen bisher alle Beobachtungen die Annahme
notwendig, daß das synzytische Lebensnerven-Geflecht selbst kontraktil ist,
sich strecken und zusammenziehen kann. Dieser Annahme zufolge lebt die Amöbe im
Tier und im Menschen in Gestalt des kontraktilen autonomen Nervensystems fort.
Diese Vermutung bestätigte sich mikroskopisch: Man kann expansive und
kontraktile Bewegungen an kleinen lichtdurchlässigen Würmern mikroskopisch gut
beobachten. Diese Bewegungen des autonomen Lebensapparates erfolgen unabhängig
von der Bewegung des Gesamtkörpers und gehen ihm voraus.
Läßt man Versuchspersonen tief einatmen oder wie zum Stuhl
pressen und hält man dabei die Differentialelektrode oberhalb des Nabels an die
Mitte der Bauchhaut, so sinkt das Oberflächenpotential bei der Einatmung mehr
oder minder stark ab und steigt bei der Ausatmung wieder an. Das Ergebnis blieb
bei einer großen Reihe von Versuchspersonen stets dasselbe, mit Ausnahme
solcher Personen, bei denen eine starke Affektsperre oder eine überragende
muskuläre Rigidität bestand. Diese Tatsache verdichtete sich mit der klinischen
Beobachtung der Herabsetzung der Affekte durch die Inspiration zu folgender
Annahme:
Beim Einatmen geht das Zwerchfell hinunter und übt einen
Druck auf die Bauchorgane aus; es verengt den Bauchraum. Beim Ausatmen dagegen
rückt das Zwerchfell hoch, der Druck auf die Bauchorgane vermindert sich; der
Bauchraum wird erweitert. Brust- und Bauchraum sind bei der Atmung abwechselnd der Weitung beziehungsweise der Verengung unterworfen,
ein Tatbestand, der an anderer Stelle gewürdigt werden sollen. Da Druck das
Potentialregelmäßig erniedrigt, hat das Absinken des Hautpotentials bei der
Einatmung nichts Besonderes an sich. Merkwürdig ist nur, daß das Potential
absinkt, obgleich der Druck nicht an der Hautoberfläche, sondern im Zentrum des
Organismus ausgeübt wird.
Das Erscheinen des inneren Drucks an der Bauchhaut läßt sich
nur dadurch erklären, daß zwischen Zentrum und Peripherie ein kontinuierliches
bioelektrisches Erregungsfeld besteht. Die Übermittlung der Bio-energie kann
nicht an die Nervenbahnen allein gebunden sein, sondern sie folgt sämtlichen
Membranen und Flüssigkeiten des Organismus. (Reich, "Die Funktion
des Orgasmus", S.322ff, Köln 1971)
Als Kern bezeichne ich mit Reich den vegetativen
Ganglienapparat des menschlichen Organismus, insbesondere das Ganglion
coeliacum (Sonnengeflecht) und die paarig angelegten Bauch- und Beckenganglien,
welche meiner Ansicht nach die Übermittlungsstrukturen für körpereigene
vegetative
Reaktionen darstellen, die wiederum als Ausdruck
energetischer Funktionen und Schwingungen der kosmischen, primordialen
Orgonenergie in der begrenzten, membranumspannten Struktur uns bekannter
biologischer Lebensformen anzusehen sind.
Als Peripherie bezeichne ich die quergestreifte Muskulatur,
das Fett- und Bindegewebe der menschlichen Haut, die Extremitäten sowie alle
nicht zum Zentralnervensystem zuzuordnenden Strukturen im Kopfbereich.
Als mittlere Struktur bezeichne ich das System der
Grundregulation im menschlichem
Rumpfbereich, gleichfalls die glatte, autonom innervierte Muskulatur
insbesondere des Darmtraktes und des Herzens sowie das menschliche
Blutgefäßsystem.
Den Begriff Tonus verwende ich zur Bezeichnung der
extrapyramidal über das Gamma-Neuron-System verlaufenden Funktionsmechanismen,
durch die seelisch-geistiges körperlich-energetisches Geschehen verkörpert im
Ausdruck erscheint.
Des Weiteren betrachte ich den menschlichen Organismus als
System, darunter definiere ich jede Ausformung von Ereignissen, deren
Gesamtheit sich einfacher als Ganzes denn als Summe ihrer Teile verstehen läßt.
Die Behandlung durch Beeinflussung des menschlichen
Plasmasystems zur Ermöglichung autonomer, selbstregulativer Pulsationswellen
läßt sich in vier Schritte aufgliedern:
1. Mobilisierung der Pulsation zwischen biologischen Kern
und Peripherie durch Spannungs - Ladungsreaktionen unter Verwendung von
Streßpositionen und vertiefter Atmung; charge - und discharge Arbeit. Methoden,
die auch von der Bioenergetik, Core-Arbeit, der Radix-Gefühlserziehung und der
taoistischen Medizin beschrieben werden, finden hier ihre Anwendung.
2. Kanalisierung des Energieflusses durch die Segmente
entlang der großen Bahnen des fötalen Kreislaufs: dorsal und ventral zunächst
in cranialer Richtung. verbindung der Bahnen zum Energiefluß im lebenden
Orgonom (s. Reich, "Cosmic Superimposition")
Verwendung der plantaren und palmaren Hauptpunkte zur
Freilegung der Extremitätenbahnen, der lumbalen, thorakalen und sternalen
Druckpunkte zur Bahnung des Diener- und Lenkergefässes; Pulsations - und
Schwingungsarbeit.
Methoden, die von Wilhelm, Jung, Blofeld, Chia und Brennan
ausführlich in westlicher Terminologie dargestellt wurden, können hier zur
theoretischen Annäherung dienen.
3. Sensomotorische Bahnung durch butterfly - Berührungen in
den Kopfbereich über Nasen- und Stirnzonen ohne Verwendung vertiefter Atmung;
Ladungsverteilungsarbeit an der Peripherie. Beobachtungen und Erfahrungen mit
den Methoden Mesmers und Puysegeurs sowie Erlebnisse in der Tiefenstufe der
osteocraniosacralen Therapie nach Allen (Larynx- und Pharynxdruckpunkte) können
am besten einen hinweisenden Erfahrungshintergrund ermöglichen.
4. ASW - Induktionsarbeit: Arbeit mit feinsten Berührungen
und intentionalen Feldern am Wundernetz der energetischen Bahnen innerhalb und ausserhalb
des menschlichen Körpers; Kesdschan - Körpererfahrungsarbeit. Erfahrungren der
movements, insbesondere des "crane-walks" und des
"circle-dance", nach Gurdjieff und Wahrnehmungsschulung nach de Ropp
vermögen bleibende Eindrücke nach langer, präziser Übung und kontinuierlicher
Praxis ermöglichen.
Der vierte Schritt ist nur nach Herstellung der Vielfalt
fein schwingender
autonomer Bewegungsimpulse im Organismus sinngebend, da das
plasmatische System auf einem sehr dichten und niederfrequenten Schwingungsniveau
verbleiben muß, um sicher metanormale Erfahrungen (s.u.) erleben und
integrieren zu können.
In diesen vier Schritten verändern sich Filter der
Wahrnehmung, des Ausdrucks und der möglichen Resonanz mit anderen Seins- und
Erfahrungsebenen.
"Das Phänomen, daß Lebenserscheinungen sich durch
Senken oder Erhöhen der Reizschwelle mit
Faktoren ihrer Umgebung abstimmen oder nicht abstimmen, bedeutet nichts
anderes, als daß die Lebenserscheinungen sich auf diese Weise ihre Ursachen
selbst zuordnen." (v. Uexküll, "Theorie der Humanmedizin", S.52)
Als metanormale Wahrnehmungen bezeichne ich nach Murphy
folgende Seinserfahrungen, die teilweise in - oder im zeitlichen Zusammenhang
mit dem Erreichen - der fortgeschrittenen Phase der plasmatischen Pulsationsarbeit
nach Reich spontan von den Behandelten erlebt werden:
"1. Außergewöhnliche Formen der Wahrnehmung von Dingen,
die sich außerhalb des Organismus befinden. Dies bedeutet das Erkennen einer
numinösen Schönheit in vertrauten Gegenständen, bewußtes Hellsehen und den
Kontakt mit Wesenheiten oder Ereignissen, die dem normalen Sinn nicht
zugänglich sind.
2. Formen außergewöhnlicher somatischer Bewußtheit und
Autoregulation.
Außergewöhnliche Formen des Kommunizierens, einschließlich
der Übertragung von Gedanken, Willenskraft und ekstatischen Zuständen durch
etwas außerhalb des Körpers.
3. Ein Überfluß an vitalen Kräften, der sich nur
unzureichend durch gewöhnliche körperliche Vorgänge erklären läßt.
4. Außergewöhnliche Formen der Bewegung.
5. Außergewöhnliche Fähigkeiten, auf die Umgebung
einzuwirken, einschließlich ungewöhnlich manuell-visueller Koordination und der
Fähigkeit, auf Dinge aus der Ferne ohne direkte physikalische Einwirkung
Einfluß zu nehmen, wie etwa beim Geistheilen.
6. Eine Seins-Seligkeit, die nicht wie gewöhnliches
Vergnügen von der Befriedigung der Umstände oder Begierden abhängig ist und bei Krankheit und unter
schwierigen Umständen weiterbesteht,
7. Überragende geistige Fähigkeiten, durch die große
künstlerische und andere Werke tout ensemble, in ihrer Ganzheit, erfaßt werden;
und das allumfassende Wissen mystischer Erfahrung, deas sich radikal vom
normalen Denken unterscheidet und das beispielweise Platon, Plotin und andere
neuplatonische Philosophen, die Verfasser der Upanischaden und andere indische
Seher, christliche Mystiker und zahlreiche Weise der kabbalistischen,
chassidischen, taoistischen und Sufi-Traditionen beschrieben haben.
8. Eine über das normale Maß hinausgehende Willenskraft, die
verschiedene Triebkräfte vereinigt und so zu außergewöhnlichem Handeln
befähigt.
9. Eine Personalität, die gleichzeitig die eigene, normale
Selbstwahrnehmung transzendiert und erfüllt, während sie sich ihres
fundamentalen Einssein mit anderen bewußt ist; und eine, auf den oben
angeführten, außergewöhnlichen Fähigkeiten begründete Individualität.
10. Liebe, die gewöhnliche Bedürfnisse transzendiert und das
fundamentale Einssein mit anderen offenbart.
11. Veränderungen der Vorgänge, Zustände und Strukturen des
Körpers, die die genannten Erfahrungen und Fähigkeiten untetrstützen."
(Murphy, The future of the body, Los Angeles 1992.)
Bereits im Jahre 1944 formuliert Reich in Bezug auf die
Behandlung psychischer Störungen und Erkrankungen:
"Der effektivste therapeutische Ansatz bei jeglichem
emotionalen (d.h. biophysischem) Leiden ist, wenn überhaupt möglich oder
angebracht, der Entzug von Bioenergie aus den biopathischen Symptomen. Es ist
unnötig oder sogar schädlich, allen
Details der zahllosen pathologischen Verzweigungen nachzugehen, um psychoneurotische
oder psychotische Symptome zu zerstören; statt dessen führt die Öffnung des
Kerns des Biosystems und die Etablierung einer ausgewogenen Energieökonomie
automatisch zum Verschwinden der Symptome, da diese, energetisch gesehen, das
Ergebnis eines in Unordnung geratenen Energiestoffwechsels im Biosystem
sind." (Reich, "Charakteranalyse, S.403, Köln 1970)
Die folgende Beschreibung wird dieses um den Bereich
körperlicher Erkrankungen erweitern und um die Funktion der
Ladungshaltekapazität,
der in diesem Feld der Behandlung eine zentrale Rolle
zufällt, ergänzen.
Die Pulsationsbehandlung der energetischen Medizin nach
Reich legt zu
Beginn der Behandlung im screening, d.h. in dem
vorsichtigem, zunächst unvollständigen Erfassen der energetischen Struktur des
Patienten durch Mobilisierung der körpereigenen Energieströme folgende
Reaktionsweisen offen, die eine zentrale Bedeutung für die verantwortliche
Behandlung des Organismus mit sich bringen:
Reaktionsweise 1 :
Kennzeichnend für diese energetische Struktur ist eine hohe,
von den Betroffenen oft als "eingekapselt" empfundene Ladung im Kern,
die keine Verbindung zur organismischen mittleren Struktur oder sogar der
Peripherie hat. Häufig wird die Empfindung einer nicht vorhandenen Begrenzung
nach außen durch die Ausbildung trainierter Muskulatur überdeckt. Vegetative
Beweglichkeit ist in der Peripherie kaum vorhanden, man bekommt einen
"kalten", nicht gefüllten Eindruck bei der Betrachtung und Erfühlung
der Haut und Bindegewebe. Einer meiner an Blutkrebs erkrankten Patienten
beschrieb sehr anschaulich, wie er im Verlauf der Behandlung mit einem
"glühenden Vulkan" in seinem Innern, der bis dahin völlig abgetrennt
von seinen Empfindungen tief in seinem Körper verborgen war, in Kontakt kam.
Menschen mit diesem Reaktionstypus haben große
Schwierigkeiten, die Arbeit mit der Spannungs-/ Ladungsfunktion - z.B. in
Streßpositionen - zu tolerieren. Es kommt zu Wadenkrämpfen, Rückenschmerzen,
unerträglichen Druckzuständen im Kopfbereich, aber nur geringen Vibrationen im
Bereich der Extremitäten und sonstigen peripheren Strukturen.
Die Ladung der peripheren Strukturen selbst in
Streßpostionen und vertiefter Atmung reicht zum Hervorbringen von
Faszikulationen oder pulsatorischen Schwingungen nicht aus - je weiter die leukämische
Struktur fortgeschritten ist, umso mehr ist eine konsequente discharge - Arbeit
im Stehen unter Ermöglichung von Vibrationen zunächst in der unteren Extremität
und zunehmender Kanalisierung über die große longitudinale dorsale Bahn in die
obere Extremität angezeigt. Dieser Prozeß geht mit verstärkten
Ausscheidungsfunktionen über die Haut, die Harnblase und den Darm einher.
Starke Durchfälle mit Schleimbeimengungen, Gesichtsakne und ungewöhnliche
Urinfärbungen sind bei der fortgeschrittenen leukämischen Reaktionsstruktur in
den ersten 3 - 5 Monaten der Therapie zu beobachten; die
Detoxifizierungsreaktionen des Organismus verlaufen wie lehrbuchhaft in den von
der naturheilkundlichen Medizin beschriebenen Verlaufsformen.
Entstehen die ersten Faszikulationen im Bereich der unteren
Extremität, kommt es zu abrupten, mächtigen Ausschlägen des Beckensegments, die
unbedingt durch den Behandelnden unterbrochen werden müssen. Diese gebrochenen,
konvulsionsähnlichen Vor- und Rückwärtsbewegungen Stellen ein Ausweichen vor
dem Höhertreten der Energie durch die dorsale longitudinale Bahn dar - werden sie durch einen den ganzen
Körpereinsatz erfordernden Blockierungssgriff an den Beckenschaufeln
unterdrückt, kommt es zur Ausbreitung der Faszikulation entlang der Wirbelsäule. Unter Verwendung der lumbalen und thorakalen
Druckpunkte wird in einem Monate erfordernden Prozeß die Kanalisierung in die
obere Extremität ermöglicht. Zu diesem Zeitpunkt muß besondere Aufmerksamkeit
auf den Kopfbereich des Patienten gerichtet werden.
Der Unterkiefer soll nun geöffnet bleiben und die Augen müssen unter
allen Umständen ebenfalls offen bleiben. Ab dem Zeitpunkt der Entstehung
starker Faszikulationen in den Armen kommt es durch Druck auf das
Sternoclavikulargelenk sowie dem beidseits des Sternums gelegenem Raum zwischen
dem Ansatz der ersten und zweiten Rippe zur Ausbreitung der mobilisierten
Energie über den ventral aufsteigenden Kanal. Druck auf den caudalen Ansatz des
M. sternocleidomastoideus verstärkt den Energiefluß zum Platysma.
-Während die o.g.
Arbeit als Vitalisierungs- und Unterbrechungstechnik bei allen energetischen
Typen im Rahmen der Gesamtbehandlung von großer Bedeutung ist, wird bei
Vorliegen einer lymphatischen oder leukämischen Erkrankung im ersten
Behandlungsjahr ausschließlich in der Spannungs-/Ladungsarbeit diese Position
benutzt. Jeder Wechsel in eine andere Position unter Anspannung der
quergestreiften Muskulatur und vertiefter Atmung geht mit großer Gefährdung für
den Patienten einher; selbst nach nur einmaliger Arbeit in der
Rückenlageposition kann es Monate dauern, bis der damit einhergehende erneute
Anstieg z.B. der Leukozyten wieder durch die Arbeit in der stehenden Position
wieder aufgefangen werden kann. Nur nach erreichter Faszikulation der gesamten
Extremitätenmuskulatur wird in Bauchlage und völliger Entspannung des Patienten
über Fuß-, Hand- und Wirbelsäulendruckpunkte ein Hin- und Herfließen der
mobilisierten Energie sichergestellt.
Beim nicht im leukämischen Reaktionstyp weit
fortgeschrittenem Organismus entsteht nach Ausbreitung der Faszikulationen in
die obere Extremität und dieKopfsegmente eine harmonische und gleichzeitig sehr
kraftvolle Ganzkörperschwingung, die vom Bauch- und Beckensegment ausgehend,
die gesamte organismische Peripherie durchdringt und in den Händen zu einem
feinen Entladungszittern/ Flirren führt.
Vom biologischen Kern hin zur Peripherie laufen nun Ladungs-
und Entladungswellen, die z.B. in den Augen zu einer hohen energetischen
Intensität führen. Um dies vollständig zu erreichen, ist oft eine Arbeit in
einer andersartigen stehenden Position notwendig: der Patient hält sich in
einem siebzig Gradwinkel mit über den Kopf erhobenen Armen mit der
Körpervorderseite hin zur Wand; die Füße halten einen entsprechenden Abstand
von der vertikalen Fläche, die Knie sind gebeugt und der Kopf zurückgeneigt. In
dieser Position kann die Ausbreitung des Energieflusses vom Plexus coeliacus
über das Zwerchfell und die Speiseröhre zunächst zu Würge- und Hustenimpulsen
führen, ddie dann zu ermöglichende Kanalisierung der Energie über den Hals,
Unter- und Oberkiefer und den M. temporalis bis zum Schädeldach kann bei
geöffneten Augen sehr koordiniert und sicher erfolgen. Nach Erreichen der
Ganzkörperschwingung beginnt nun - wie erwähnt ausschließlich beim nicht an
Leukämie Erkrankten - die Arbeit in der klassischen Rückenposition wie beim
Reaktionstyp 2.
Reaktionsweise 2 :
Es handelt sich hier um den zu allergischen, im
fortgeschrittenem Stadium zu autoimmunreaktiven Krankheitsbildern neigenden
Organismus. Kennzeichnend für diese Struktur ist ein Energiestau im
Kernbereich, der sich in überschießenden Entladungsreaktionen an Strukturen der
mittleren Schicht und/oder der Peripherie ausdrückt. Als sich aus dieser
Konstellation entwickelnden Erkrankungen sind Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
und Asthma bronchiale zu benennen. Das jeweilige Erfolgsorgan für die
resultierende Symptomatik kann durch individualhistorische oder auch toxische
Einflußfaktoren bei Vorliegen der gleichen biopathischen Struktur völlig
verschieden sein. Es handelt sich überwiegend um durch überschießende
parasympathische Impulse hervorgerufene Prozesse. Der grundlegende biopathische
Mechanismus ist hierbei eine chronische Sympathikohypertonie, die dem
Betroffenen und dem nicht geschulten Behandler aber nicht auffallend erscheinen
muß. Das in der psychosomatischen Literatur so benannte ängstliche
Getriebensein ist oft von einer äußerlich gut
beherrschten Fassade verdeckt, lediglich die chronisch erweiterten
Pupillen können auf eine Sympathikotonie hinweisen. Die ständige innere
Anspannung führt zu einem Anstau von Entspannungsimpulsen, der sich im
geeignetem Moment überschießend Bahn bricht.
Die Behandlung dieser Reaktionsstruktur erfolgt überwiegend
in der Rückenposition, die Herstellung von koordinierten Ladungs- und
Entladungswellen zwischen Kern und der gesamten Peripherie bildet das Zentrum
der Behandlung. Die stehende Position (s. unter
Reaktionsweise 1) kann zur Mobilisierung und Kanalisierung
in die obere Extremität unterstützend eingesetzt werden; es darf nach der
Arbeit im Stehen allerdings keine auch nur zeitlich kurze Ruhepause eingelegt
werden, da genau diese Zeitspanne erneut das überschießende Reagieren mit
parasympathischen Impulsen ermöglichen würde. In der Rückenlage wird die Arbeit
mit nach oben gestreckten Armen begonnen; das Becken ist leicht angehoben und
die Füße sind gleichmäßig mit dem Boden verbunden. Nach Einsetzen von
Faszikulationen im Bereich der Ober- und Unterschenkelmuskulatur werden diese
durch Druck zwischen die Knie unterbunden und die Ausbreitung der mobilisierten
Kernenergie über die dorsale longitudinale Bahn zu den Armen angestrebt.
Ähnlich wie bei Reaktionsform 1 werden Faszikulationen des Beckensegments
zeitweise unterbunden; unter Verwendung der lumbalen und thorakalen Druckpunkte
wird der Energiefluß zum Brustsegment geleitet.
Die Spannung und Streckung der oberen Extremität wird
kontinuierlich am M. pectorales durch Tasten überprüft; die Arme und Hände
wirken in dieser Position wie Ableitungssysteme für zu starke
Ladungsintensitäten im thorakalen Bereich. Es kommt zu ausladenden kraftvollen
Faszikulationen und Schwingungen im Bereich der Arme, welche die gesamte
Schultermuskulatur miteinbeziehen können.
In der stehenden Position kann eine direkte Leitung der
Energie über den ventralen aufsteigenden Kanal durch bewußtes Anhalten dieser
Schwingungen durch den Patienten erreicht werden, während der Behandler den
unteren Ansatz des M.sternocleidomastoideus drückt. Oft breitet sich dann die
Energie mit hochfrequenten Vibrationen und Muskelzittern direkt in den Bereich
des Unterkiefers aus. Ist dieses Segment ausreichend mobilisiert, kann durch
Beißen auf ein geeignetes Objekt die Energie über den ventralen Kanal direkt in
das Beckensegment zurückgeführt werden. Die Umkehr des Energieflusses nach
caudal führt bei erfolgreicher Intervention zu heftigen Beckenkonvulsionen, die
vom Behandelten als kraftvolle Freisetzung einer tieferen Energieschicht
erfahren werden. Unterbricht man diese Zuckungen nach einiger Zeit, kommt es zu
einem mächtigerem Emporströmen der Energie entlang der dorsalen Bahn als zuvor:
die Faszikulation der Arme entwickelt ein für den Patienten anfänglich schwer
zu tolerierendes Ausmaß. Dieser Prozeß ist von großer Bedeutung, da durch diese
Behandlungssequenz die energetischen Bahnen mehr und mehr an Fülle gewinnen,
die Ladungshaltekapazität der Peripherie gesteigert werden kann.
Bei auftretenden Vibrationen im Pektoralis- und
Oberarmbereich, die sich als feinschlägiges Zittern bis in die Hände abbilden
können, wird der Patient zu ruhiger und vertiefter Ausatmung angeleitet. Hat
der Organismus über viele Behandlungen, die in gleichmäßiges und verteiltes
Vibrieren des Brustsegments mündeten, eine feine Abstimmung der Spannungs-/
Ladungsvorgänge im Rumpfbereich erreichen können, so kommt es zu einem
beeindruckenden Ladung /Entladungszyklus entlang der dorsalen Bahn: Bei jeder
Einatmung kommt es zu Vibrationserscheinungen im Bereich der Brust, der Arme
und Hände; im Verlauf jeder Ausatmung fließen diese Vibrationen über das Becken
in Beine und Füße. Die durch das Auf- und Absteigen des Zwerchfells
entstehenden Druckschwankungen auf die vegetativen Nervengeflechte und die
Kernenergiegebiete des menschlichen Organismus drücken sich anschaulich in
diesem gebahnten Geschehen aus.
Reaktionsweise 3:
Bei der Position in Bauchlage beginnt unter Streckung der
Extremitätenmuskulatur und vertiefter Atmung unmittelbar eine Faszikulation der
oberen Extremität, die durch Kanalisierung der dorsalen longitudinalen Bahn
schnell gesteigert und zu einem ausladenden Schwingen der Arme übergehen kann.
Längs - und Querschwingungen können in weichen Bewegungsformen den ganzen
Körper durchziehen, die verstärkte Ladung der Peripherie wird vom Organismus
unmittelbar in Bewegungs- und Entladungsimpulse übersetzt. In der Position im
Stehen setzen Vibrationen der unteren Extremitätenmuskulatur innerhalb von
wenigen Minuten nach Einnahme der Position und Anheben der Füße ein; werden
diese durch den Behandelnden unterdrückt, so kommt es sofort oder innerhalb von
Minuten zu ausladenden Schwingungsbewegungen der oberen Extremität. In Rückenlage
setzen ebenfalls Vibrationen ond / oder Faszikulationen der Beine nach wenigen
Minuten unter Anspannung und vertiefter Atmung ein; Faszikulationen und
Mobilisierungen des Rumpfes sind leicht im Verlauf weniger Behandlungsstunden
herzustellen. Diese Patienten bieten - wie oben angeführt - dem Behandelnden am
schnellsten das eindrucksvolle Bild der Mobilisation von Energie in der
peripheren Muskulatur. Grobe Schwingungen durch den ganzen Körper, die vom
Beckensegment bis zum Kopfbereich reichen können, entladen wieder und wieder
die kurzzeitig in der Peripherie mobilisierte Energie. Fordert man den
Patienten auf, diese autonomen Schwingungsimpulse für einen Moment willkürlich
anzuhalten, erfährt der Organismus oft zum ersten Male die Empfindung der Fülle
in Armen und Beinen. Gerade beim schon an Krebs erkrankten Menschen kommt es
zwischen den Behandlungsterminen nach zahlreichen solcher bewußten und
willkürlichen Energiehalteerfahrungen zu eindrucksvollen, zunächst teilweise
ängstigenden Erfahrungen des sich langsam bahnenden stärkeren Energieflusses
durch die Extremitäten: Energiewellen vom biologischen Kern zur Peripherie,
die wie Hitze- und Feuerwellen überwiegends nachts, im Zustand der Expansion
des Organimus erlebt werden, bilden eine typische Erfahrung der zunehmenden
Pulsation zwischen Kern und Peripherie beim zu Krebs neigendem System.
Das Ziel der Arbeit ist die Ausbildung starker
Energiehaltestrukturen in der organismischen Peripherie, die der mittleren
Schicht und dem Kern eine Abschirmung und eine höhere Ladungskapazität
schrittweise ermöglichen. Die zentrale Position der Arbeit mit Menschen der
dritten Reaktionsform ist die gestreckte Bauchlage unter vertiefter Atmung
unter konsequenter Blockierug aller Entladungsimpulse in die Peripherie. Kein emotionaler
oder somatischer discharge wird zugelassen; durch Einfaltung aller
Faszikulationen und Schwingungen des Körpers und der Extremitäten wird
kontinuirlich die Energie in Richtung biolgischer Kern gelenkt und eine
zunehmende Kanalisierung der ventralen longitudinalen Bahn über das Brustbein
und das Sternoclavikulargelenk in die tieferen Strukturen des Halses und die
vegetativen Zentren des Kopfbereiches angestrebt.
Alle drei Reaktionstypen werden nach Durchlaufen der oben
angeführten Behandlungsschritte erstens zur Kanalisierung der
Extremitätenenergienbahnen (Grundposition in Rückenlage nach Reich, stehende
Position nach Lassek), zweitens zur Bahnung der Energie im Diener- und
Lenkergefäß (kleiner Kreislauf der chinesischen Medizin, Energiebahnen im lebendigem
Orgonom nach Reich) und drittens zur intensiven Pulsation zwischen biologischem
Kern und Peripherie (Ein- und Ausfaltungsarbeit in Bauchlage nach Lassek) in
die Arbeit zur Ausbreitung der Vibrationen in Rückenlage überführt, die ich als
weitesgehend der traditionellen Orgontherapie Reichs entsprechend ansehe.
Einem verabredeten Signal des Patienten folgend, mit dem er
seine Bereitschaft zum Beginn der Behandlung signalisiert, beginnt der
Behandelnde den Patienten aufzufordern, die Atmung willkürlich zu vertiefen.
Die Inspirationsphase wird unter der Anweisung, Arme und
Hände nach oben rotieren zu lassen, verlängert und vertieft.
Besondere Aufmerksamkeit wird auf den oberen Bereich des
Brustkorbs gelegt, da hier die Atembewegungen bei der Mehrzahl der Patienten
Der Patient liegt - wenn nicht abweichend beschrieben - auf einer ebenen
Unterlage in Rückenlage. Die Beine sind angewinkelt, die Füße stehen flach und
mit ausgewogener Druckverteilung zwischen Fußballen und Ferse ca. 30 cm
auseinander, die Arme liegen rechtwinklig abgewinkelt vom Körper, die Hände
ruhen auf dem Handrücken , die Handinnenseite ist geöffnet.
Dem Patienten muß ausreichend Zeit gegeben werden, sich in
räumlicher Distanz zum Behandelnden in dieser Lage einzufinden und ein Gefühl
für seine körperliche Integrität vor Beginn verbaler oder körperlicher
Intervention entwickeln zu können.
Jede körperliche Intervention des Behandelnden kann diese
Integrität labilisieren, gefährden, sogar zerstören. Da das Ich - Gefühl eines
jedes Menschen in seiner entwicklungsgeschichtlichen Grundlage aus
Körperwahrnehmungen der Verbundenheit und Getrenntheit von der Mutter, aus
Gefühlen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung, aus der Anwesenheit und dem
Vorhandensein schützender Umgebung oder dem Gefühl des Bedrohtseins durch die
Wahrnehmung fremder Objekte herausdifferenziert wurde, sind Manipulationen am
Körper und die Veränderung des "Hintergrundgefühls" der physischen
Existenz bedrohlich für das Selbstgefühl des Patienten. Aus diesem Grunde muß
in dieser Phase ein Kommunikationssystem gemeinsam aufgebaut werden, das dem
Patienten eingeschränkt ist. Sollte eine verstärkte Ausdehnug dieses Bereichs
während tiefer Inspiration auch durch die angeleitete Bewegung der Arme und
Hände nicht erreicht werden, empfiehlt es sich, den Patienten gegen den
leichten Druck der auf das obere Brustbein aufgelegten Hand des Behandelnden
einatmen zu lassen.
Durch diese Intervention kann der Patient die zunehmende
Bewegungsfähigkeit des oberen Brustbereichs analog einem kinästhetischem
Feedback - Mechanismus wahrnehmen und entwickeln. Oft weitet sich die Atmung
nach dem Entfernen des leichten Drucks beträchtlich aus.
Physiologie der vertieften Inspiration:
Zur Vergrößerung des Innenraums des Brustkorbs und zur
vermehrten Luftfüllung der Lungen werden folgende Muskeln bzw. Muskelgruppen
kontrahiert :
- Zwerchfell:
vergrößert durch Abflachung seiner Kuppel den
Längsdurchmesser des Brustkorbs und bewirkt bei ruhiger Atmung die Bewegung von
mehr als zwei Dritteln der in die Lunge einströmenden Luft. Durch den Ansatz
des Zwerchfells am Rand der unteren Rippen kommt es bei ausgedehnter
Zusammenziehung desselben zu einer Hebung der unteren Rippen.
- Zwischenrippenmuskulatur:
Auch die Kontraktion der Interkostalmuskeln (Mm. intercostales
externi und Mm. intercostales interni intercartilaginei) wirkt
einatmungsvertiefend durch Hebung der Rippen.
- Zusätzliche Atemmuskulatur:
Unter verstärkter Einatmung, besonders bei angeleiteter
vertiefter Inspiration in den oberen Brustkorbbereich unter Hinzunahme der
Rotation der Arme und Hände, kontrahieren sich die Mm. scaleni, die an den
unteren fünf Halswirbeln entspringen und durch ihren Ansatz am Oberrand der
ersten und zweiten Rippe den oberen Brustkorbbereich heben und fixieren.
- Der M. sternocleidomastoideus hebt bei seiner Kontraktion
das Brustbein und vergrößert ebenfalls den Durchmesser des oberen
Thoraxbereiches.
Ohne inspiratorische Pause wird der Patient zu einer tiefen
Ausatmung angeleitet, die von einer Rotation der Arme und Hände nach hinten
unterstützt wird. Im letztem Drittel der Ausatmungsphase wird der Patient aufgefordert, zur
Unterstützung einer tiefen Expiration die Bauchmuskulatur leicht zu
kontrahieren.
Physiologie der vertieften Expiration:
Bei ruhiger, unwillkürlich gesteuerter Atmung erfolgt die
Ausatmung passiv durch die Retraktionskraft der Lunge; vertiefte Atemarbeit
geht mit der Innervation folgender Muskeln bzw. Muskelgruppen einher:
- Bauchmuskulatur:
M. obliquus externus und internus, M. transversus abdominis
und
- M.rectus abdominis : sie senken die unteren Rippen und
führen zu einer Kompression des Bauchinhalts.
- Darüberhinaus wirken als Rippensenker die Mm.
intercostales interni.
Eine derart über mindestens fünf bis zehn Minuten vertiefte
Atmung wirkt wie ein Radarschirm in Bezug auf chronisch angespannte Zonen der
Muskulatur :
Die mimische Muskulatur und die distalen Regionen der
Extremitäten beginnen mit Parästhesien und Verkrampfung zu reagieren. Diese
Steigerung der neuromuskulären Erregbarkeit kann sich in starker Form in
schmerzhaften, meist symmetrisch aufretenden tonischen Muskelkrämpfen in o.g.
Bereichen äußern. Bei Auftreten der sogenannten "Pfötchenstellung"
(Trousseau), d.h. einer leichten Beugung in Hand- u. Fingergrundgelenken,
Streckung der übrigen Fingergelenke bei Anziehung des Daumens zur
Handinnenfläche muß die vertiefte Atmung des Patienten sofort normalisiert
werden.
Durch kontinuierliche Arbeit mit der angeleiteten vertieften
Atmung kann die zeitliche Dauer bis zum Auftreten dieser sogenannten
"Hyperventilationstetanie" beständig weiter ausgedehnt werden; dies
entspricht einer kontinuierlichen Erhöhung des für den Organismus des Patienten
ertragbaren Aufladungs-/Erregungsniveaus. In zahlreichen Fällen kann man mit
der Erlaubnis des Behandelten in fortgeschrittener Therapie durch das Erlebnis
der dann erst nach langanhaltender vertiefter Atmung auftretenden Spasmen
"hindurchgehen", d.h. bei weiter durchgeführter vermehrter
Ventilation adaptiert sich der Organismus an die respiratorische Alkalose und
die Spasmen im Hand- u. Gesichtsbereich lösen sich unter angenehmen
Strömungsempfindungen während der Atemarbeit auf. Kommt es bei einem Patienten
sehr schnell zu den beschriebenen Spasmen, so kann man durch willkürliche
Imitation und Verstärkung der Erscheinungen die Grenze zur
Hyperventilationstetanie weiter ausdehnen.
Zu diesem Zwecke leitet man den Patienten an, beim Auftreten
erster Verkrampfungsgefühle oder Parästhesien in eine willkürliche Kontraktion
der Beugemuskeln der Handinnenfläche und der Finger überzugehen
("Krallenhand") und eine anhaltende starke Kontraktion der
Stirnmuskulatur verbunden mit einer kontinuierlichen Vorstreckung der Lippen
("Kußmund") durchzuführen. Durch diese willkürliche Kontraktion der
ansonsten durch die tetanischen Spasmen betroffenen Muskelzonen können die
unangenehmen Begleiteffekte der neuromuskulären Übererregbarkeit stark
vermindert oder ganz aufgehoben werden.
Nachdem in mehreren Behandlungsstunden das vom Organismus
des Behandelten tolerierbare Ladungs-/Erregungsniveau diagnostiziert werden
kann, wird der Patient aufgefordert, die Arme vor dem Körper parallel zu
strecken, die Finger beider Hände vollständig zu strecken und zu spreizen und
die auf diese Weise geöffneten Handinnenflächen während der vertieften Atmung
in Abstand von ca. 10 cm zu halten. Weiterhin sollte das Becken aus der
Ausgangsposition heraus leicht (!) angehoben werden, die Belastung des Fußes
sollte an den Fußballen stärker als an der Ferse ausgeprägt werden.
Ist eine ausreichende Ladung des Körpers durch die vertiefte
Atmung erreicht worden, setzen Vibrationen in der gesamten
Oberschenkelmuskulatur ein, die zunächst im Adduktorenbereich am
ausgeprägtesten erscheinen.
Viele Menschen reagieren auf das Einsetzen dieser
unwillkürlichen Körperprozesse zunächst mit Angst, eine unterstützende Haltung
des Behandelnden und die Versicherung, daß diese Vorgänge wenn dies der Patient
wünscht, jederzeit durch Intervention gestoppt werden können, ist daher
notwendig.
Nachdem die Vibrationen zunächst am stärksten während der
Ausatmungsphase zu spüren und zu sehen sind, kommt es nach wiederholtem Erleben
dieses Prozesses zu einer konstanten, d.h. während des gesamten Atmungszyklus
andauernden Vibration im gesamten Ober- u. Unterschenkelbereich, die vom
Patienten zunehmend als angenehm empfunden wird. Läßt man den Behandelten nach
bis zu fünfzehnminütigem Verweilen in diesem Prozeß die Arme senken und das
Becken wieder ablegen, so treten intensive Strömungs- und Wärmeempfindungen im
Bereich der Lendenwirbelsäule, des tiefen Beckenbodens, der Ober- und
Unterschenkel und der Füße auf.
Jede ausgeprägtere faszikuläre Zuckung der Muskulatur im
Bereich des Beckens oder der unteren Extremität sollte während dieser Phase der
Atmungsarbeit vorsichtig unterdrückt werden, da diese Zuckungen vorzeitige
Ladungsabfuhr und das Unvermögen des Organismus, höhere Ladungsniveaus zu
tolerieren, signalisieren.
Das Hauptziel der Arbeit mit diesen vertieften Atmungszyklen
ist, die gesamte oberflächliche Muskulatur in gleichmäßige, hochfrequente,
sichtbare und vom Behandelten spürbare (!) Vibrationen zu bringen, so daß ein
ausgeglichenes Spannungs- und Ladungsgeschehen von den Adduktoren, den M.
rectus abdominis mit Ausbreitung über den M. pectorales bis hin zum Platysma und
den M. occipitalis, erreicht wird.
Der Behandelte wird dazu angeleitet, selektiv Muskelgruppen
am ganzen Körper und im Bereich der mimischen Muskulatur anzuspannen, während
die Atmungsarbeit kontinuierlich vertieft wird. Strömungs- und
Wärmeempfindungen, die einen guten subjektiven Indikator für die Herstellung
der biologischen Pulsation darstellen, erfassen hiermit einhergehend den gesamten Organismus des Patienten.
- Ist eine derartige Ausbalancierung des bioenergetischen
Systems des Patienten erreicht worden, so zeigen sich ohne weitere Intervention
des Behandelnden rhythmische Zuckungen, die zunächst von der Muskulatur der
Oberschenkel ausgehen und im Verlauf der weiteren Therapie die recto-
abdominelle Muskulatur erreichen.
Diese Zuckungen prägen sich weiter aus, bis sich das gesamte
Becken im Rhythmus dieser Schwingungen bewegt.
Mit der Ausbreitung dieser Schwingungen und Pulsationen zum
Zwerchfell- und unterem Brustkorbbereich kommt es bei vielen Patienten zu einem
vorübergehend als bedrohlich wahrgenommenen Gefühl des partiellen oder
vollständigen Kontrollverlustes. Aus diesem Grunde ist während des Prozesses
der Ausbreitung dieser Zuckungen große Aufmerksamkeit auf die psychische
Präsenz des Patienten zu legen.
An somatischen Nebenerscheinungen kann es zu Übelkeit und
Würgereflexen, Angina pectoris Anfällen ähnelnden Beklemmungsempfindungen am
Herzen und spasmusartigen Verkrampfungen der Halsmuskulatur kommen.
Diese Phänomene, die auf Erregungen vegetativer Strukturen
beruhen, verschwinden mit der Ausbreitung der Schwingungen auf den Bereich des
oberen Brustkorbes und des Hals- und Kopfbereiches.
Die Bahnung der Energieströme in den Hals erfolgt unter
Verwendung der beidseitigen Druckpunkte am Sternoclavikulargelenk und im am
Sternum angrenzendem Raum zwischen zweiter und dritter Rippe.
Ist der Erregungsstrom über das Platysma gebahnt worden,
setzen feine periorale Zuckungen und Vibrationen zumeist am ausgeprägtesten im
Bereich der Unterlippe ein. Durch feine Streichbewegungen aus der Gesichtsmitte
heraus nach außen kann dieses Flimmern der mimischen
Muskultur langsam weiter cranial gebahnt werden.
Ist die Ausbalancierung dieses Geschehens über den ganzen
Körper erreicht, bietet sich dem Behandelnden das Bild einer durch den ganzen
Körper des Patienten gehenden Schwingung:
Während jeder Einatmung geht vollkommen unwillkürlich der
Kopf leicht nach vorne, das Becken bewegt sich leicht nach hinten, um dann bei
jeder Ausatmung vom Boden abzuheben, während der Kopf sich leicht nach hinten
neigt.
Diese Schwingung wird anfänglich immer wieder von
Faszikulationen und Vibrationen im Bereich der Oberschenkelmuskulatur,
zeitweilig auch der mimischen, insbesondere der perioralen Muskulatur,
durchbrochen und gestoppt, um aus diesen Entladungsvorgängen heraus immer
wieder herausgebildet zu werden. Es bietet sich hier dem Betrachter ein
eindrucksvolles Bild der Selbstregulation und ab dieser Stufe auch der
Selbstorganisation vegetativer und
energetischer Prozesse im menschlichen Organismen:
Aufschaukeln der Ladung (charge) während der Phase der den
ganzen Organismus durchwirkenden Schwingungen, Entladung (discharge) der
überschüssigen oder zu diesem Zeitpunkt vom Organismus nicht mehr tolerierbaren
Energie durch das neuromuskuläre Vibrieren und Faszikulieren.
Orgon-/ Vegetotherapie und plasmatische Pulsationsarbeit
erweitern das Ziel der psychosomatisch orientierten Psychotherapien um einen
mehr im physischen Bereich liegenden Faktor. David Boadella, Professor für
Humanistische Psychologie in London, formuliert das Ziel der Therapie in
folgenden Worten: "Vegetotherapie hat die Aufgabe, die, wie Reich es
nannte, "vegetative Beweglichkeit" des Patienten herzustellen. Eines
der deutlichsten Anzeichen für das Gelingen dieser Absicht ist das Einsetzen
von "Strömungsempfindungen", ausgelöst durch die Freisetzung von
Energie aus den muskulären Spannungsknoten. In dem Maß, wie die Patienten ihre
körperlichen Verkrampfungen zu beseitigen vermögen, wie ihre Atmung freier
wird, nimmt ihre Fähigkeit zu, sich spontanen und unwillkürlichen
Bewegungsimpulsen hinzugeben. Schritt für Schritt beginnen die verschiedenen
Wärme-, Prickel- und Schauerempfindungen der Haut und der peripheren Muskulatur
von Rumpf und Gliedmaßen sich zu einer konvulsivischen Reflexbewegung des
gesamten Körpers zu verbinden, bei der sich das Rückgrat in unwillkürlichen
klonischen Zuckungen krümmt und dehnt. In seiner Ganzheit betrachtet, scheint
der Körper sich wie pulsierend zusammenzuziehen und zu strecken. Weil diese
Bewegung große Ähnlichkeit mit den Zuckungen des Körpers beim Orgasmus besitzt,
nannte Reich sie den "Orgasmusreflex". Jedoch sind die
unwillkürlichen Zuckungen beim Orgasmus nur ein Ausdruck dieser fundamentalen
Fähigkeit des Körpers zu biologischer Pulsation. Andere Äußerungen dieser
Grundfunktion lustvoller Energieentladung sind die konvulsivischen Bewegungen
des Fötus oder die klonischen Zuckungen, die man bei einem saugenden Kleinkind
beobachten kann. (David Boadella, "Wilhelm Reich",S.124, München
1981).
"Das Lebendige funktioniert autonom, jenseits des
Bereiches von Sprache, Intellekt und Willkür. es funktioniert nach bestimmten
Naturgesetzen, die wir hier zu erforschen haben. Der Orgasmusreflex ist mitsamt
seinem Gebärdenausdruck der Hingabe, wie es sich bald zeigen wird, der
Schlüssel zum Verständnis von fundamentalen Naturprozessen, die weit über das
Individuum und sogar über das Lebendige hinausführen." (Reich,
"Charakteranalyse, S. 369, Köln 1970)
4. Gedanken zum Behandlungsmodell und zur Verantwortung
Was geschieht in der Orgontherapie, was tun wir eigentlich
wirklich in dieser Arbeit ?
Wir ermöglichen und erlauben das Auftreten von
Veränderungen. Diese Veränderungen können wir unter dem Gesichtspunkt des
Ausmaßes von Ordnung und Unordnung betrachen, das die materielle Welt kennzeichnet.
Wir ermöglichen das Entstehen von Pulsationswellen im menschlichen Organismus
und diese scheinen das biologische System in unbekannter Weise zu erstens der
Neu- oder Selbstregulation zahlreicher eventuell erstarrter biochemischer,
zellphysiologischer, immunologischer und auch psychodynamischer Prozesse zu
führen und zweitens den Organismus in im Augenblick nur zu erahnender Weise mit
Funktionsgesetzen und Synchronisationen der energetischen Umwelt stärker in
Beziehung zu setzen. Werden zum Beispiel in Luft oder Wasser Wellen erzeugt,
dann bringen Wellen als solche keine neue Substanz hervor; tatsächlich
organisieren sie das betreffende Medium (Luft oder Wasser) zusätzlich...
Bei allen Wellen richtet sich die
Ausbreitungsgeschwindigkeit nach den Medien, in denen sie sich manifestieren.
Ermöglichen wir in dieser Arbeit dem menschlichen Plasmasystem, verschiedene
Dichte- oder Viskositätsgrade einzunehmen, die es empfänglich für Wellen
anderer Frequenz, für Wirkstrukturen anderer Seins- und Erfahrungsebenen machen
können? Andere Funktionen könnten sich derartig innerhalb des Körpers ein- und
ausbilden... Nehmen wir das Bild einer Meereswelle, die sich auf den Strand
zubewegt. Die vorüberziehende Welle hebt und senkt das Wasser, aber sie treibt
es nicht zum Ufer. Alle Wellenbewegungen im Meer gleichen sich in dieser
Hinsicht. Eine kleine Bewegung genügt, um eine solche Form mit Ausbreitung und
Geschwindigkeit vom Ursprung auszulösen und fortzuschicken.
Das Medium, welches z.B. beim Schall die Form trägt, wird
nur minimal erschüttert, und doch legt
ein Donnerschlag achtzehn Kilometer in einer einzigen Minute zurück und ist
mehr als dreißig Kilometer weit für unsere Sinnesorgane wahrzunehmen.
Es erscheint mir auf unserem Gebiet von größter Bedeutung zu
betonen, daß reine Energie Chaos ist, und das formgebende Einflüsse hinzutreten
müssen, um Veränderung bewirken zu können.
Wahrnehmung ist neurophysiologisch gesehen immer die
Wahrnehmung von Unterschieden, von Veränderungen, was ist der Hintergrund?
Innerhalb des Nervensystems ist alles mit allem verbunden.
In kybernetisch vorstellbaren und analysierbaren Schaltkreisen mit
Selbsterregung und Rückkopplungen bildet das Nervensystem ein in sich
geschlossenes Ganzes, die materielle Struktur der Energieleitlinien innerhalb
des membranumspannten, plasmatischen Gebildes, das wir als Körper wahrzunehmen
gewöhnt sind. Die energetischen, neuronalen Kreisprozesse sind lediglich über
jene Nervenzellen, die die quergestreifte Muskulatur versorgen, unterbrochen.
Der Nervenimpuls geht über die motorische Endstrecke in Muskelkontraktionen
über. So erhält sich das innerhalb der materiellen Verkörperung in sich
abgeschlossene Nervensystem nur über Bewegungsvorgänge in Form einer offenen
Wirkungskette ein Tor zur Umwelt. Nur die afferente Bahn der Sinnesorgane
erhält außerdem einen Reiz der umgebenden Welt - erst über die Rückwirkung der
Außenwelt schließt sich dieses geöffnete Kreis. Dann verschmelzen Bewegen und
Wahrnehmen zu einer Einheit.
Mehr als die Haut wird also das System der quergestreiften
Muskulatur zum Grenzland zwischen der verkörperten Person und ihrer Umwelt, zum
Ausdrucksorgan des gesamten energetischen, leiblich-seelischen Grenzbereiches.
Diese Netzwerke und Kreisprozesse des gesamten Nervensystems
sind nicht durch externe Steuermechanismen, sondern durch interne Mechanismen
der Selbstorganisation bestimmt. Entscheidend ist, daß derartige Systeme nichts
repräsentieren. "Anstatt eine unabhängige Außenwelt zu repräsentieren,
inszenieren sie eine Welt, diese ist als Feld von Unterscheidungen untrennbar
mit der im Kognitionssystem verkörperten Struktur verbunden. Organismus und
Umwelt sind ineinander eingefaltet und entfalten sich auseinander in der
grundlegenden Zirkularität, die das Leben selbst darstellt. Die wichtigste
Tätigkeit des Gehirns besteht darin, Veränderungen in sich selbst
hervorzurufen." (Varela/Thompson, "The embodied mind", S.196,
MIT, 1991).
Dieser für jedes Individuum einzigartige Grundtonus bildet
die somatische Wiederspiegelung dessen, was die gegenwärtige Psychosomatik als
"Stimmungen" im psychischen System bezeichnet.
"Dieses noch undifferenzierte Erleben (beim Kleinkind,
Anmerkung des Verfassers), in dem es weder ein Ich noch Objekte gibt, weder ein
Innen noch ein Außen gibt, entspricht dem, was wir als Stimmungen bezeichnet
haben. (...)
Solange das Kind in der frühesten Phase die Mutter ist, sind
die Spielregeln einfach. Später ist die Mutter außer der Brust vieles von dem,
was mit dieser vertrauten Umgebung zu tun hat, und manches von diesem Umgang,
z.B. die eigene Hand, die das Kind in den Mund steckt, kann für eine gewisse
Zeit die abwesende Mutter ersetzen. Winnicott spricht von
"Übergangsobjekten", welche in einem imaginären Raum die für das Kind
lebenswichtige Beziehung mit der Mutter aufrechterhalten. Er beschreibt eine
Entwicklungsreihe, die damit beginnt, daß das Neugeborene die Faust in den Mund
steckt und die schließlich zur Abhängigkeit von einem Teddybären, einer Puppe
oder irgendeines anderen Spielzeuges führt.
Er beschreibt damit die Entstehungsgeschichte der Objekte,
die als "Sachen" schließlich - losgelöst vom Subjekt und seiner
Beziehung zur Mutter - die ursprüngliche Verbindung immer schwächer und ferner,
am Ende nur noch ein schwaches Echo mit sich führen, das man für gewöhnlich gar
nicht mehr merkt.
Aber wenn das Echo ausbleibt, schrecken wir auf und spüren,
daß etwas zerrissen ist, das uns mit den Quellen unseres Daseins verband. - Wir
fühlen, daß wir etwas verloren haben, das unserem Leben einen Sinn verlieh,
ohne sagen zu können, was es war.
Wenn dieses Echo fehlt, das uns sagt, wer wir sind und was
die Bedürfnisse des Körpers für uns und für die anderen bedeuten, entstehen
Übersetzungsschwierigkeiten, die pathogene Folgen haben können. In einer
solchen Wirklichkeit kann der Körper, dessen Bedürfnisse nicht mehr in
psychosoziale Aufgaben übersetzt werden können, Schaden nehmen."
(v.Uexküll, Theorie der Humanmedizin, S.322, München 1988).
"Der psycho-physiologische Organismus des Menschen hat
zwei fundamentale Möglichkeiten seine Bedürfnisse und Spannungen, die
kontinuierlich in ihm erzeugt werden, oder manchmal als Antwort auf Stimulation
durch die Umgebung in ihm entstehen, zu entlasten.
Ein Weg ist die Auseinandersetzung mit der Umgebung, sei es
in der Phantasie oder in der Aktualität, der andere Weg dissoziiert die
Repräsentationen des Triebes von Gedanken, bewußten Gefühlen und Aktionen, um
sie innerhalb des biologischen Mediums - das ist innerhalb des Körpers - zur
Entladung zu bringen, ohne die späteren phylogenetischen Ebenen des Ausdrucks
zu involvieren." (Bahnson, Psychophysiologicalcomplementary in malignancy,
S.319, New York 1969).
Wir beseelen, was wir sehen, wahrnehmen und empfinden, und
sehen, wahrnehmen und empfinden nur, was wir beseelen. Der von den
Gamma-Motoneuronen aufrecherhaltene Tonus, den wir am offensichtlichsten mit
der Behandlung beeinflußen, verändert und bestimmt unser Ein- und
Ausgefaltetsein in der umgebenden Welt.
Martin Konitzer zitiert in seiner Einführung zu Reich Ernst
Jünger:
Das Vegetative ist schon in den Elementen; das zeigen die
Eisblumen. Die Eisblume ist nicht genetisch älter als die Rose; sie ahmen beide
ein verborgenes Vorbild nach. Auch im Kristall ist Leben; der Baum des Lebens
reicht mit seinen Wurzeln bis tief auf den Grund der Materie.
Welche organisierenden, formgebenden Strukturen reichen
durch die Schichten der unbelebten Materie bis hin zur organisch
komplexorganisierten, mit Erkenntnisfunktion ausgestatteten menschlichen
Daseinsform, woher kommt die appetition for completion, der Vollendungsdrang,
wie ihn Alfred North Whitehead bezeichnete?
Oder müssen wir für jede Beschreibungsebene andere
Strukturen postulieren, wie es Rupert Sheldrake tut - ihm zufolge gibt es z.B.
bei Tieren über den formativen (von ihm morphogenetische Felder genannt)
Strukturen weiterhin Instinkt- und Wahrnehmungsfelder, die die Aktivitäten des
Nervensystems organisieren und koordinieren.
Darüber gibt es hierarchisch noch höhere Ebenen, etwa
Wahrnehmungsfelder und Felder höherer Verstandestätigkeit. Ihm zufolge umfaßt
das Gravitationsfeld möglicherweise alle formgebenden Einflüße. Wir können
Quantenmateriefelder annehmen, die mit starken und schwachen Kernkräften in
Atomen zu tun haben und die Formen und Strukturen von Atomen und Molekülen
bestimmen und nur über kurze Distanzen wirken können. Weiterhin
elektromagnetische Felder als organisierende Felder komplexerer Strukturen. Das
elektromagnetische Feld organisiert die Bindungs- und Formkräfte von Atomen, Molekülen
und Kristallen. Schreitet man zu den Wachstumsprozessen der organischen Welt
wie dem Pflanzenwachstum fort, schließt sich ein weiteres Organisationsfeld dem
elektromagnetischem Feld an.
Metanormale Erfahrungen und Wahrnehmungen ihrerseits weisen
auf Felder hin, die das organische und bewußtseinsfähige Leben auf diesem
Planten organisieren - darauf, das wir uns , den Menschen, als "diese
große und wahre Amphibie, dessen Natur es ist, nicht nur wie andere Geschöpfe
in unterschiedlichen Elementen, sondern in getrennten und voneinander
verschiedenen Welten zu erleben" (Thomas Browne) vorstellen können.
Alles beginnt mit dem Staunen, wie bei Platon, woraus dann
Interesse und zum Schluß aktives Forsches wird. Aristoteles nannte Platons
göttliche Ursache causa finalis oder Zweckursache und unterschied sie von den
drei inneren und äußeren akzessorischen Ursachen z.B. bei der Errichtung eines
Gebäudes:
- den materialen (den Steinen und Hölzern),
- den wirkenden (den Bauhandwerkern u. ihren Werkzeugen),
- den formalen (dem Bauplan des Architekten) Ursachen.
Die Zweckursache des Gebäudes ist z.B. die Verwendung als
Vorlesungs- und Begegnungsstätte. Dieser Zweck, dem es dienen soll, ist die
causa finalis. Wieder: Vollendungsdrang.
Welchen Einfluß hat das Menschenbild des Behandelnden auf
diese Felder im behandelten Organismus?
Wir müssen von neuen, anderen Modellen in der Arbeit mit
Menschen ausgehen.
Alte Begriffe, die eine andersartige Art der Erfahrung von
uns in und mit der Welt repräsentierten, erfahrbar machen, wideraufleben und in
die Begegnung zurückwirken lassen: Muster, Konfiguration, Struktur, Essenz,
Werden, Entelechie, Wesen. Gegen eine Vorstellung von Entwicklung angehen, die
die Komplexität menschlicher Erfahrungsmöglichkeiten auf Bedingungen der frühen
Kindheit reduzieren will. Für eine Vorstellung von Entfaltung oder Ausfaltung
wirken, die ohne unnötige Bewertungen die Individualität und Eingebundenheit
des Einzelwesens in einen kollektiven Entfaltungsprozeß der Schöpfung
einbezieht... "Der größere Teil der Seele liegt außerhalb des
Körpers", wie Sendivogius sagte, in dem Körper der umgebenden Welt liegt
unsere Seele eingebunden. Oder Kierkegaard: "Die tiefere Natur ändert sich
nicht: sie wird mehr und mehr sie selbst."
Individuation und handelnde Auseinandersetzung mit der
umgebenden Welt als zwei Pole derselben Schwingung betrachten lernen, Distanz
von dem uns beherrschenden, vom Christentum geprägten Bild der Entwicklung der
Seele durch sich selbst, durch innere Bilder, durch Kontemplation, zu erwerben.
"Ich bin ein Anderer", Abschied vom vertrauten mit-sich-selbst-sein
lernen. Oder wie der alte jungianische Analytiker James Hillmann herausstellt:
"Und andere würden nicht nur andere Menschen sein, weil die Gemeinschaft,
so wie ich sie sehe, etwas Ökologischeres oder zu mindestens Animistischeres
ist. Ein psychisches Feld. Und wenn ich nicht in einem psychischem Feld mit
anderen - Mitmenschen, Gebäuden, Tieren, Bäumen - bin, bin ich nicht. Es würde
also nicht mehr heißen: "Ich denke, also bin ich." Es würde heißen: "Ich bin mit anderen, daher bin ich."
Convivo ergo sum. ... Es gibt noch einen weiteren Grund,
warum man davon überzeugt ist, daß man alleine mehr sich selbst ist : weil es
vertrauter ist. Man ist in einem ausgefahrenen Geleis. "Das bin ich, weil
ich im selben Muster bin"; es ist erkennbar. Wenn man bei einem anderen
Menschen ist, ist man außer sich, weil der andere in einem selbst hineinströmt
und man in den anderen ausströmt; es gibt Überraschungen, man hat nicht ganz die
Gewalt über sich, und dann glaubt man, daß man nicht sein wahres Selbst ist.
Dieses Verlieren der Kontrolle - das ist die Gemeinschaft, die durch uns wirkt.
Sie ist der Ort, an dem man sich befindet, und der durch einen wirkt."
Therapie nach Reich ist ohne dieses Ausströmen nicht möglich
- Reich selbst sprach von vegetativer Identifikation.
Und jedem Patienten, der in diese Erfahrungswelten
hineinempfinden konnte, gab ich Kierkegaards Worte zu verstehen: Angst ist die
Erfahrung drohenden Nicht - Seins und darüber hinausweisend: Die Selbstbejahung
eines Lebewesens ist umso größer, je mehr Nicht - Sein es in sich aufnehmen
kann.
Reich selbst näherte sich kurz vor seinem Tode einer Ahnung
derartiger Einflüße: "But I think there is a deeper function there. And
that is the constant feeling of human beings, which is hidden in neurotics and
biopathic, armored individuals, but quite manifest in what we call
"healthy people". (We should get away from that term, too. It becomes
a religion again.) And that is a feeling of a separation from something. It is
most clearly expressed in the pain, in the aching pain of being separated from
the beloved, whether child, or wife, or husband, with a longing to unite again,
to be together again, to be in contact again. But I think that this love
experience is one of the functions, one of the variants of a much deeper thing.
(kursiv vom Verfasser) Somehow, you think such thoughts on very quiet nights,
no noises around except the high wind, thoughts of being separated from the cosmic
orgone energy ocean, of being singled out, so to say." (Reich, "Mans
Roots in Nature", 26.08.1956, Orgonon, Vortragstranskript veröffentlicht
in "Orgonomic Functionalism", Vol.II, S.68, Rangeley 1991)
Und an anderer Stelle im gleichem Vortrag:
"There is development, there is funktioning, there is
process. What we have to do is to think in the direction of where does the
pulsating system, the closed system, develop out of the orgone energy ocean
and, with that, where does self-awareness begin to develop? (...) I learned to
respect religious thought. I have to confess that. I did not twenty years ago.
I began to see how deep the religious probing goes, how deep down,..."
(a.a.o., S.66)
Und meine Erfahrungen mit den Einwirkungen der Energie durch
unterschiedlichste Organisationsstufen hindurch - die immer durch den
behandelnden, einwirkenden Organismus mitvermittelt werden - hat mir viele
Eindrücke in meinem Dasein über die Potentialität des menschlichen Seins
gegeben; ich möchte an dieser Stelle nur zwei Er-innerungen benennen:
Eva Reich, die zu der Zeit des Entwurfs für die Autorisation
für das Reich-Institut mit mir in einem Restaurant in Berlin-Kreuzberg essen
war, sprach mit mir über viele Jahre über Erfahrungen, die ich oft zu diesem
Zeitpunkt nicht ernst nahm und ihr immer wieder sagte: wenn Du sie mir auch
nächstes Jahr mit der gleichen Eindringlichkeit anrätst, werde ich mich mit
ihnen beschäftigen...
(Der Hintergrund dieses Kommentars war die Vielfältigkeit
der Methoden, mit denen sich Eva Reich in den achtziger Jahren
auseinandersetzte und persönliche und therapeutische Erfahrungen sammelte; wenn
wir uns in neunmonatigen Abständen zu zahlreichen intensiven
Erfahrungsaustauschen trafen, gab es immer eine neue Empfehlung an mich, eine
neue Methode kennenzulernen.) Diesmal hatte ich die über längere Zeit von ihr
ausgesprochene Empfehlung, mich mit craniosacraler Therapie zu beschäftigen,
nicht befolgt; sie bezeichnete diese Methode als tiefe Vegetotherapie.
Sie ging zum Waschraum und näherte sich mir beim
Wiederkommen rückseitig und fragte mich flüsternd: "Darf ich Dich greifen
und berühren, hier im Reataurant?" Ich nickte und erinnere nur, daß sie
recht zarte Griffe an meiner Halswirbelsäule und dem Schädeldach vornahm -
unmittelbar begann mein ganzer Körper wellenartig zu pulsieren und ich stieß an
den Tisch, sodaß alle Tassen und Teller klirrten und Gläser laut umfielen. Die
Gäste an den umliegenden Tischen schauten uns offensichtlich mit einer Mischung
von Entsetzen und Erstaunen an: eine etwa siebzigjährige, elegant gekleidete,
weißhaarige Frau bringt einen jungen Mann in einem Restaurant zu
orgasmusähnlichen Ercheinungen durch durch bloßes Berühren des Kopfbereiches.
Ich selbst war in diesem Geschehen nur ein fühlender, wahrnehmender Organisamus,
durch den dichte, schnelle Wellen von Energie strömten; ich sah mit einem
geweiteten Blickfeld, ich hörte auf eine distanzierte, fremd entfernte Art und
Weise Evas Stimme, nahm in einem fast teilnahmslosen Zustand die anderen Gäste,
die uns anstarrten, wahr und kam wieder ganz zu mir, als sich Eva mir gegenüber
hinsetzte und mit strahlenden Augen einfach nur sagte: "Du pulsierst,
jetzt gebe ich Dir gerne meine Vollmacht für das Institut mit dem Namen meines
Vaters."
Dieses Erlebnis führte mich dazu, die von ihr angewendete
Methode nun wirklich näher kennenlernen zu wollen. Sechs Monate später lernte
ich einen amerikanischen Kieferchirurgen kennen, der diese osteocraniosacrale
Behandlung bei dem gleichen Lehrer gelernt hatte wie Eva Reich. Dr. Martin Allen
kam in den folgenden Jahren regelmäßig nach Berlin und wir hatten die
Möglichkeit zu zahlreichen Gesprächen und Spaziergängen. Anläßlich seines
letzten Aufenthalts in Berlin für längere Zeit fragte er mich, ob ich die
letzte, tiefste Stufe dieser Methode - die er an sich selbst erfahren hatte und
in seiner Ausbildung erst nach vielen Jahren weitergeben würde - an mir selbst
kennenlernen wollte. Ich bejahte aufgrund des großen Vertrauewns, das ich ihn
als Mensch und Wesen hatte und habe, und so kam es zu einer Begegnung und
Einwirkung in meiner Praxis mit mir als Behandelten.
Martin Allen bat mich, auf dem Rücken liegend, um die
Erlaubnis, tief in meinen Hals und an meinen harten Gaumen und die
Weisheitszähne gehen zu dürfen... Sekunden nach der ersten Berührung befand ich
mich auf einem Pferd reitend in einer teilweise schweren, metallischen
Bekleidung einem mittelalterlichen Steingebäude nähernd. Ich erlebte keine
spannende, mitteilungswürdige
Geschichte, sondern die scheinbare Echtzeit eines Rittes zu einem
kleinen Gebäude in einer anderen, aber irgendwie ähnlichen Verkörperung,
während ich mit einem Teil meines Bewußtseins mir über die Situation im
Therapieraum der Praxis völlig klar war. Ich konnte mich umsehen, ich spürte
eine Art Sattel unter mir, ich nahm die Gerüche des kleinen Waldstücks, in dem
ich mich befand, wahr - und sah und fühlte Martin Allens Berührungen im
Rachenraum und später auch am Steißbein. Ich war völlig klar und mit allen
bekannten Sinnen in zwei Verkörperungen an zwei unterchiedlichen
Raum-Zeit-Koordinaten. Diese Erfahrung änderte viele meiner Einstellungen
gegenüber den Erfahrungen ähnlicher Art meiner Patienten in den
fortgeschrittenen Phasen der Therapie... Heute sage ich halb scherzhaft in
meinen Weiterbildungsgruppen, daß niemand Angst vor einer intensiven Arbeit mit
mir haben müßte, da ja nur ein achtel Heiko Lassek einem ein achtel anderen
Wesen gleich näherkommen wird; aus der oben angeführten und vielen anderen
gleichartigen Erfahrungen bildete sich Gewißheit, das die Verkörperung hier in
diesem Kontinuum nur ein Teil einer in anderen Dimensionen liegenden
vollkommeneren Entität ist. Zahlreiche Menschen, die intensiv und in Begegnung
mit Lebewesen der gleichen biologischen Organisationsstufe, d.h. mit Menschen,
arbeiten, und dabei nicht zu Therapeuten wurden sondern Begegnende blieben oder
wurden, haben ähnliche Erfahrungen und Gewißheit über diese Seinsstufen, ohne
diese öffentlich verkünden zu wollen - auf meine Lehrer trifft dies ohnehin zu.
Gerade durch die Arbeit mit dem energetischen Leitlinien der innerhalb -
geschlossen bis auf Bewegung und Sinnesreize, wie oben neurophysiologisch
entwickelt - und außerhalb wirkenden Energien der abgespaltenen Teil-Entitäten,
die wir darstellen, werden in pulsierenden, geöffneten verkörperten
Seinserfahrungen die Tore für die Einwirkung informatorischer und
organisierender Kräfte geöffnet. Nach dem Durchfließen eines strukturierten
energetischen Prozesses scheinen diese Einwirkungen eindeutig heilenden Einfluß
zu haben und das gesamte psycho-physische, verkörperte System anhaltend im
Sinne eines Erfahrungs- und Lernprozesses zu verändern.
Und dies im Gegensatz zu körperfremden, oftmals als
"heilend" bzeichneten Einflüssen, die unorganisierte Energie von
einem Behandelnden direkt oder über große Distanzen hinweg übertragen und den
Körper des Behandelten unspezifisch, aber eingreifend verändern. Meiner
Erfahrung nach werden hier die vorhandenen Energiemuster des Körpers
erschüttert und durchdrungen, die Bahnungs- und Pulsationsmöglichkeiten des
organismischen Systems jedoch nicht bleibend im Sinne einer Selbstorganisation
entwickelt. Durch die Erschütterung und Energieübertragung können Symptombahnen
tatsächlich verändert, d.h. Krankheitszustände manchmal in diesem
Ausdrucksgeschehen unterbrochen werden, die Entwicklung selbstregulierender
Fließ- und Puzlsationszustände jedoch nicht erreicht werden. Die nun aus der
symptomproduzierenden Bahn gelenkte Energie wird sich andere
Ausdrucksmöglichkeiten suchen müssen - werden diese nicht in kürzester Zeit
nach dem Verschwinden der Krankheitssymtomatik bereitgestellt, wird ein Rezidiv
oder eine ähnliche Erkrankung auftauchen.
"La beaute sera convulsive ou elle ne sera pas"
(Breton, Nadja).
Orgontherapie beruht auf dem Wissen und dem Verständnis der
biologischen Energiefunktionen lebender Organismen. Umsomehr diese Prozesse
auch anatomisch und physiologisch beschrieben werden können, umso grundlegender
und erfolgreicher wird auch die Behandlung verlaufen. Zur Zielsetzung einer
Orgontherapie ist die Kenntnis folgender Grundlagen unbedingt erforderlich:
1. Die
psychosomatische Bedingtheit oder Mitbedingtheit der Erkrankung.
2. Die Kenntnis der Energiefunktionen, die die Voraussetzung
für Gesundheit sind; die Kenntnis des Energieniveaus und der organismischen
Funktionen, die vor Ausbruch der Erkrankung vorhanden waren.
3. Die Ausarbeitung der biophysikalischen, vegetativen und
energetischen Grundlagen der vorliegenden Erkrankung.
4. Die gemeinsam mit dem Patienten zu definierende
Zielsetzung,
d.h. die Ausarbeitung der Wiederherstellung derjenigen
energetischen Funktionen, die gewährleisten, das die Erkrankung erfolgreich
behandelt werden kann.
5. Die ausführliche Diskussion mit dem Patienten, wie die
Wiedererlangung dieser Funktionen in sein Alltagsleben integriert werden
können.
III. ENERGETISCHE MORPHOLOGIE DES GESAMTORGANISMUS
(3.1.) Welche Segmente sind energetisch beweglich?
Welche
Segmente zeigen charge/ discharge - Oszillationen?
(3.2.) Welche Segmente sind energetisch stark eingeschränkt?
Welche
Segmente sind im chronischem charge- Zustand?
Welche
Segmente sind im chronischem discharge- Zustand?
IV. ERFASSUNG DES AKTUELLEN ENERGETISCHEN FLIESSZUSTANDES DES ORGANISMUS
(4.1.) Auf welchen Wegen nimmt der Organismus Energie/Ladung
auf?
(4.2.) Auf welchen Wegen gibt der Organismus Energie/Ladung
ab?
(4.3.) Auf welche Art und Weise hält der Organismus sein
Ladungsniveau?
5. Zusammenfassende Kommentare und Sichtweisen.
Die Energie selbst ist nicht unmittelbar erfahrbar. Wir
können aber und ausschließlich ihre Erscheinungsformen, Manifestationen
erkennen und begreifen lernen, auf welcher Erscheinungsebene wir angreifen.
Die Energie fließt in lebenden Systemen innerhalb eines
Membransystems, einer Einkapselung gegenüber dem umgebenden, freibeweglichen und
masselosen Orgonenergiestrom. Der Fluß dieser Energie und ihre Schwingung wird
im membranumspannten Organismus als (plasmatisches) Strömen erlebt. Diese Empfindungen sind die Grundlage
dessen, was wir mehr körperorientiert als Emotionen, Hintergrundstimmungen -
mehr psychischorientiert als Gedanken, Vorstellungen in Richtung der Einfärbung
unserer Bewußtseinszustände erfahren.
Sie werden zu "Verhalten" - körperlich, emotional,
seelisch - geistig ... und zu Symptomen.
" ... weder der Geist noch der Körper sind dem
energetischen "functioning" näher. Das heißt, nicht nur Verbalisieren
kann verhindern, das tiefere Prozesse entstehen, sondern auch Bewegung oder
Emotion können dies verhindern. (...) Reich sprach von "erlerntem
vegetativen Verhalten". dasselbe gilt für Gefühle. Reich warnte davor zu
glauben, daß der befreite Affekt bereits der vegetative ist. Er betrachtete ihn
solange als Teil eines Abwehrsystems, bis er ein bestimmtes Niveau erreicht
hatte. (...) Sowohl der Körper als auch der Geist sind Manifestationen eines
tieferen Prozesses. Solange wir dies nicht begriffen und in unsere Arbeit
integriert haben,. werden wir nicht energetisch arbeiten, es sei denn
gelegentlich und zufälligerweise. Mit Gedanken oder Gefühlen oder beiden zu
arbeiten, heißt nicht energetisch per se zu arbeiten. Und zu glauben, man wäre,
weil man mit Bewegung und der Provokation von Gefühlen arbeitet, energetischen
Funktionen automatisch näher, bedeutet, daß man auf derselben Stufe mit den
frühen Analytikern steht, die, wie Reich unterstrich, kein tieferes Verständnis
des menschlichen Funktionierens erreichen konnten, weil sie fälschlicherweise
glaubten, sie arbeiteten mit dem Unbewußten oder dem Es selbst. Sie
verwechselten diee Manifestationen und Symptome mit dem, um was es wirklich
ging. (Davis, "Die gesammelten Worte von Will Davis" S.126,
Eigendruck, Edition B, 1990)
Verhalten und Symptome sind die Ergebnisse eines
Deutungsprozesses, den das Lebewesen auf der Grundlage seiner energetischen
---- plasmatischen ---- vegetativen Empfindungen vollzieht.
"Verhaltensweisen und anschließend Symptome sind die
ein- und zweimal gefilterten Interpretationen der orgonomischen Empfindungen,
die wiederum durch die Wahrnehmung des Organismus von sich und seiner Realität
gefiltert sind." (Davis, a.a.o., S.127)
Vegeto-/Orgontherapie ist demnach keine psychosomatische
Arbeit. Psychosomatische Arbeit konzentriert sich auf die Beziehung zwischen
Psyche und Soma. Vegeto-/Orgontherapie ist Arbeit mit energetischen Prozessen
in Gestalt ihrer somatischen und psychischen Erscheinungsformen.
"Orgontherapie greift nicht auf Erinnerungen zurück,
sondern auf die momentan vorhandenen Verankerungen früherer Erlebnisse; sie
arbeitet daher mit ganz aktuellen Wirklichkeiten und nicht mit den Schatten
vergangener Erinnerungen. Aus diesem Prozeß der emotionellen Umwälzung kann
sich unter Umständen eine Erinnerung entwickeln. Es ist jedoch nicht von
therapeutischer Bedeutung, ob eine Erinnerung auftaucht oder nicht."
(Reich, Diskussion mit Studenten 1949, "Orgonomic Functionalism",
Vol.II , aa.o.)
"Die Psychologie analysiert und zerlegt Erfahrungen und
Konflikte und verfolgt diese zurück zu früheren, historisch wichtigen
Erfahrungen. Gegenwärtige Ideen und triebhafte Ziele eines Menschen sind ein
verständliches Ergebnis früherer oder unterdrückter Ideen und instinktiver
Ziele. Die funktionelle Orgonomie zerlegt nicht frühere Erfahrungen, sie
arbeitet auch nicht mit der Assoziation von Gedanken, sondern sie arbeitet
direkt mit den instinktiven, triebhaften Energien, die sie von der
charakterologischen und muskulären Basis löst und so ermöglicht, daß die
Energie wieder frei strömen und fließen kann. Sie beschäftigt sich nicht mit
der Ursache einer Blockierung." (Reich, a.a.o.)
X. Epilog: Gedanken, Anregungen und zusammenfassende
Kommentare und Sichtweisen.
Was geschieht in der Orgontherapie, was tun wir eigentlich
wirklich in dieser Arbeit?
Wir ermöglichen und erlauben das Auftreten von
Veränderungen. Diese Veränderungen können wir unter dem Gesichtspunkt des
Ausmaßes von Ordnung und Unordnung betrachen, das die materielle Welt
kennzeichnet. Wir ermöglichen das Entstehen von energetischen Pulsationswellen
im menschlichen Organismus und diese scheinen: - Erstens das biologische System in wissenschaftlich noch
nicht zu erklärender Weise zu erstens der Neu- oder Selbstregulation
zahlreicher eventuell erstarrter biochemischer, zellphysiologischer,
immunologischer und auch psychodynamischer Prozesse zu führen und
- Zweitens den Organismus in im Augenblick nur zu erahnender
Weise mit Funktionsgesetzen und Synchronisationen der energetischen Umwelt
stärker in Beziehung zu setzen.
Werden zum Beispiel in Luft oder Wasser Wellen erzeugt, dann
bringen Wellen als solche keine neue Substanz hervor; tatsächlich organisieren
sie das betreffende Medium (Luft oder Wasser) zusätzlich...
Bei allen Wellen richtet sich die
Ausbreitungsgeschwindigkeit nach den Medien, in denen sie sich manifestieren.
Ermöglichen wir in dieser Arbeit dem menschlichen Plasmasystem, verschiedene
Dichte- oder Viskositätsgrade einzunehmen, die es empfänglich für Wellen
anderer Frequenz, für Wirkstrukturen anderer Seins- und Erfahrungsebenen machen
können? Andere Filter der Wahrnehmung und neue Funktionen könnten sich derartig
innerhalb des Körpers ein- und ausbilden... Nehmen wir das Bild einer
Meereswelle, die sich auf den Strand zubewegt. Die vorüberziehende Welle hebt
und senkt das Wasser, aber sie treibt es nicht zum Ufer. Alle Wellenbewegungen
im Meer gleichen sich in dieser Hinsicht. Eine kleine Bewegung genügt, um eine
solche Form mit Ausbreitung und Geschwindigkeit vom Ursprung auszulösen und
fortzuschicken. Dies entspricht dem Druck auf die Kanalisierungspunkte auf der
Hautoberfläche des menschlichen Organismus.
Das Medium, welches z.B. beim Schall die Form trägt, wird
nur minimal erschüttert, und doch legt ein Donnerschlag achtzehn Kilometer in
einer einzigen Minute zurück und ist mehr als dreißig Kilometer weit für unsere
Sinnesorgane wahrzunehmen. Es erscheint mir auf unserem Gebiet von größter
Bedeutung zu betonen, daß reine Energie Chaos ist, und das formgebende
Einflüsse hinzutreten müssen, um Veränderung bewirken zu können.
- Wahrnehmung ist
neurophysiologisch gesehen immer die Wahrnehmung von Unterschieden, von
Veränderungen, was ist der Hintergrund?
Innerhalb des Nervensystems ist alles mit allem verbunden.
In kybernetisch vorstellbaren und analysierbaren Schaltkreisen mit
Selbsterregung und Rückkopplungen bildet das Nervensystem ein in sich geschlossenes
Ganzes, die materielle Struktur der Energieleitlinien innerhalb des
membranumspannten, plasmatischen Gebildes, das wir als Körper wahrzunehmen
gewöhnt sind. Die energetischen, neuronalen Kreisprozesse sind lediglich über
jene Nervenzellen, die die quergestreifte Muskulatur versorgen, unterbrochen.
Der Nervenimpuls geht über die sogenannte motorische Endstrecke in
Muskelkontraktionen über. So erhält sich das innerhalb der materiellen
Verkörperung in sich abgeschlossene Nervensystem nur über Bewegungsvorgänge in
Form einer offenen Wirkungskette ein Tor zur Umwelt. Fast nur die zum
Zentralnervensystem gehende (afferente) Bahn der Sinnesorgane erhält außerdem
einen Reiz der umgebenden Welt - erst über die Rückwirkung der Außenwelt
schließt sich dieser geöffnete Kreis. Dann verschmelzen Bewegen und Wahrnehmen
zu einer Einheit.
Mehr als die Haut wird also das Muskelystem zum Grenzland
zwischen der verkörperten Person und ihrer energetischen Umwelt, zum
Ausdrucksorgan des gesamten energetischen, leiblich-seelischen und
psychosomatischen Grenzbereiches.
Wie Francesco Varela und Humberto Maturana als
Neurophysiologen herausgearbeitet haben, sind diese Netzwerke und Kreisprozesse
des gesamten Nervensystems nicht durch externe Steuermechanismen, sondern
überwiegend durch interne Mechanismen der Selbstorganisation bestimmt.
Entscheidend ist, daß derartige Systeme nichts repräsentieren. "Anstatt
eine unabhängige Außenwelt zu repräsentieren, inszenieren sie eine Welt, diese
ist als Feld von Unterscheidungen untrennbar mit der im Kognitionssystem
verkörperten Struktur verbunden. Organismus und Umwelt sind ineinander
eingefaltet und entfalten sich auseinander in der grundlegenden Zirkularität,
die das Leben selbst darstellt. Die wichtigste Tätigkeit des Gehirns besteht darin,
Veränderungen in sich selbst hervorzurufen." (Varela/Thompson, "The
embodied mind", S.196, MIT, 1991).
Dieser für jedes Individuum einzigartige Grundtonus bildet
die somatische Wiederspiegelung dessen, was die gegenwärtige Psychosomatik als
"Stimmungen" im psychischen System bezeichnet.
"Dieses noch undifferenzierte Erleben (beim Kleinkind,
Anmerkung des Verfassers), in dem es weder ein Ich noch Objekte gibt, weder ein
Innen noch ein Außen gibt, entspricht dem, was wir als Stimmungen bezeichnet
haben. (...) Solange das Kind in der frühesten Phase die Mutter ist, sind die
Spielregeln einfach. Später ist die Mutter außer der Brust vieles von dem, was
mit dieser vertrauten Umgebung zu tun hat, und manches von diesem Umgang, z.B.
die eigene Hand, die das Kind in den Mund steckt, kann für eine gewisse Zeit
die abwesende Mutter ersetzen. Winnicott spricht von
"Übergangsobjekten", welche in einem imaginären Raum die für das Kind
lebenswichtige Beziehung mit der Mutter aufrechterhalten. Er beschreibt eine
Entwicklungsreihe, die damit beginnt, daß das Neugeborene die Faust in den Mund
steckt und die schließlich zur Abhängigkeit von einem Teddybären, einer Puppe
oder irgendeines anderen Spielzeuges führt. Er beschreibt damit die
Entstehungsgeschichte der Objekte, die als "Sachen" schließlich -
losgelöst vom Subjekt und seiner Beziehung zur Mutter - die ursprüngliche
Verbindung immer schwächer und ferner, am Ende nur noch ein schwaches Echo mit
sich führen, das man für gewöhnlich gar nicht mehr merkt.
Aber wenn das Echo ausbleibt, schrecken wir auf und spüren,
daß etwas zerrissen ist, das uns mit den Quellen unseres Daseins verband. - Wir
fühlen, daß wir etwas verloren haben, das unserem Leben einen Sinn verlieh,
ohne sagen zu können, was es war. Wenn dieses Echo fehlt, das uns sagt, wer wir
sind und was die Bedürfnisse des Körpers für uns und für die anderen bedeuten,
entstehen Übersetzungsschwierigkeiten, die pathogene Folgen haben können. In
einer solchen Wirklichkeit kann der Körper, dessen Bedürfnisse nicht mehr in
psychosoziale Aufgaben übersetzt werden können, Schaden nehmen."
(v.Uexküll, Theorie der Humanmedizin, S.322, München 1988).
"Der psycho-physiologische Organismus des Menschen hat
zwei fundamentale Möglichkeiten seine Bedürfnisse und Spannungen, die kontinuierlich
in ihm erzeugt werden, oder manchmal als Antwort auf Stimulation durch die
Umgebung in ihm entstehen, zu entlasten. Ein Weg ist die Auseinandersetzung mit
der Umgebung, sei es in der Phantasie oder in der Aktualität, der andere Weg
dissoziiert die Repräsentationen des Triebes von Gedanken, bewußten Gefühlen
und Aktionen, um sie innerhalb des biologischen Mediums - das ist innerhalb des
Körpers - zur Entladung zu bringen, ohne die späteren phylogenetischen Ebenen
des Ausdrucks zu involvieren." (Bahnson, Psychophysiologicalcomplementary
in malignancy, S.319, New York 1969).
Wir beseelen, was wir sehen, wahrnehmen und empfinden, und
sehen, wahrnehmen und empfinden nur, was wir beseelen. Der von den
Gamma-Motoneuronen aufrecherhaltene Tonus, den wir am offensichtlichsten mit
der Behandlung beeinflußen, verändert und bestimmt unser Ein- und
Ausgefaltetsein in der umgebenden Welt.
Um es noch einmal zu zitieren:
"Das Vegetative ist schon in den Elementen; das zeigen
die Eisblumen. Die Eisblume ist nicht genetisch älter als die Rose; sie ahmen
beide ein verborgenes Vorbild nach. Auch im Kristall ist Leben; der Baum des
Lebens reicht mit seinen Wurzeln bis tief auf den Grund der Materie."
(Ernst Jünger, Scgraffiti)
Welche organisierenden, formgebenden Strukturen reichen
durch die Schichten der unbelebten Materie bis hin zur organisch
komplexorganisierten, mit Erkenntnisfunktion ausgestatteten menschlichen
Daseinsform, woher kommt die "appetition for completion", der
Vollendungsdrang, wie ihn der große amerikanische Philosoph Alfred North
Whitehead bezeichnete? Oder müssen wir für jede Beschreibungsebene andere
Strukturen postulieren, wie es der britische Forscher Rupert Sheldrake tut -
ihm zufolge gibt es z.B. bei Tieren über den formativen (von ihm morphogenetische
Felder genannt) Strukturen weiterhin Instinkt- und Wahrnehmungsfelder, die die
Aktivitäten des Nervensystems organisieren und koordinieren.
Darüber gibt es hierarchisch noch höhere Ebenen, etwa
Wahrnehmungsfelder und Felder höherer Verstandestätigkeit. Ihm zufolge umfaßt
das Gravitationsfeld möglicherweise alle formgebenden Einflüße. Wir können
Quantenmateriefelder annehmen, die mit starken und schwachen Kernkräften in
Atomen zu tun haben und die Formen und Strukturen von Atomen und Molekülen
bestimmen und nur über kurze Distanzen wirken können. Weiterhin
elektromagnetische Felder als organisierende Felder komplexerer Strukturen. Das
elektromagnetische Feld organisiert die Bindungs- und Formkräfte von Atomen,
Molekülen und Kristallen. Schreitet man zu den Wachstumsprozessen der
organischen Welt wie dem Pflanzenwachstum fort, schließt sich ein weiteres
Organisationsfeld dem elektromagnetischem Feld an.
Metanormale Erfahrungen und Wahrnehmungen ihrerseits weisen
auf Felder hin, die das organische und bewußtseinsfähige Leben auf diesem
Planten organisieren - darauf, das wir uns , den Menschen, als "diese
große und wahre Amphibie, dessen Natur es ist, nicht nur wie andere Geschöpfe
in unterschiedlichen Elementen, sondern in getrennten und voneinander
verschiedenen Welten zu erleben" (Thomas Browne) vorstellen können.
Alle Organismen unseres Planeten haben eine Grenze zu einer
äußeren Welt: von den Viren, Bakterien, Einzellern über die Wirbellosen bis hin
zu den Wirbeltieren, zu denen der Mensch gehört. Wie Reichs Forschungen in den
dreissiger Jahren an den Universitäten von Kopenhagen und Oslo zeigen, reichen
die Funktionen dieser kosmischen Energie bis in den nur mikroskopisch
sichtbaren Bereich des Lebendigen; die Pulsationsfunktion der Orgonenergie
durchdringt den gesamten organismischen Bereich. Ohne Begrenzung durch
Membranen sind die Funktionsgesetze dieser Energie offensichtlicher
wahrnehmbar: in atmosphärischen und astrophysikalischen Prozessen zeigen sich
die Strömungserscheinungen und Überlagerungen der von Reich beschriebenen
Orgonenergie in aller Deutlichkeit. Im Menschentier - und als solches sieht
Reich den Homo sapiens sapiens - ist durch die Entwicklung der
Selbstwahrnehmung und / oder durch planetarische Katastrophen eine neue Naturfunktion
entstanden: die der Panzerung. Eine zweite Begrenzung, diesmal gegen die
Srömungsimpulse der Innenwahrnehmung des Organismus, hat sich zu der ersten,
der Begrenzung gegen die Außenwelt, dazuentwickelt.
Unfähig, diese die gesamte wahrnehmbare Welt durchdringenden
Energiefunktionen in seinem eigenem Körper ungehindert wahrzunehmen, ist der
Mensch nicht mehr in der Lage, die grundlegenden Energieprozesse in der ihn
umgebenden Wirklichkeit wahrzunehmen und zu erforschen. Er erfaßt nunmehr
ausschließlich eine materielle Welt; ihre von ihm untersuchten
Gesetzmäßigkeiten (welche eine nachgeordnete Kategorie ihrer Funktionen bilden)
zu erforschen, wird sein Dasein bestimmen. Es ergibt sich eine scheinbare Macht
über diese Unterstruktur, die materielle Welt.
- Wissenschaft gehört zu den Derivaten des Bewußtseins, einer
evolutionär wahrscheinlich erst mit dem Homo sapiens sapiens auftretenden
Struktur. Das Hiersein des Menschen ist
nun vermindert und jede nachfolgende Generation wird die Konstitutiva dieser
Verminderung in den ersten Minuten, Stunden und Tagen des Ankommens auf dieser
Welt erleiden müssen.
Begegnet ein derartig in der Fülle seiner Existenz
eingeschränktes Lebewesen nun den verkörperten Funktionen des ursprünglichen
Naturprinzips, so wird es an seine eigene Unvollkommenheit erinnert, an
diejenige, dieses Leben in seiner Bewegung, Entwicklung in Hingabe zu leben.
Diese Unfähigkeit des Menschen benannte Wilhelm Reich orgastische Impotenz, als
nicht vorhandene Möglichkeit, hingebungsvoll sich den Funktionen den kosmischen
Energiefunktionen zu ergeben. Im Menschen fand Reich den Indikator für
orgastischen Impotenz in dem Unterbleiben der unwillkürlichen, rein lustvollen
Strömungsempfindungen in der Sexualität und den autonomen, nicht der Bewußtseinssteuerung
unterliegenden Zuckungen kurz vor, während und nach dem Orgasmus. Reich wählte
für die ätiologische Bestimmung der gehemmten Hingabefähigkeit die anschauliche
Metapher "menschliche Panzerung"
"Contact with Space", Reichs letzte veröffentlichte
Schrift - vor seinem Antritt der gegen ihn verhängten Haftstrafe in geringer
Auflage an Mitarbeiter verteilt - zeigt
in einer einfachen graphischen Darstellung seine Vorstellung der Schöpfung:
Graphik: Amplitude
Welchen Einfluß hat das Menschenbild des Behandelnden auf
diese Felder im behandelten Organismus?
Wir müssen meiner Meinung nach von neuen, anderen Modellen
in der Arbeit mit Menschen ausgehen.
Alte Begriffe, die eine andersartige Art der Erfahrung von
uns in und mit der Welt repräsentierten, erfahrbar machen, wideraufleben und in
die Begegnung zurückwirken lassen: Muster, Konfiguration, Struktur, Essenz,
Werden, Entelechie, Wesen. Gegen eine Vorstellung von Entwicklung angehen, die
die Komplexität menschlicher Erfahrungsmöglichkeiten auf Bedingungen der frühen
Kindheit reduzieren will. Für eine Vorstellung von Entfaltung oder Ausfaltung
wirken, die ohne unnötige Bewertungen die Individualität und Eingebundenheit
des Einzelwesens in einen kollektiven Entfaltungsprozeß der Schöpfung
einbezieht... "Der größere Teil der Seele liegt außerhalb des
Körpers", wie Sendivogius sagte, in dem Körper der umgebenden Welt liegt
unsere Seele eingebunden. Oder Kierkegaard: "Die tiefere Natur ändert sich
nicht: sie wird mehr und mehr sie selbst."
Individuation und handelnde Auseinandersetzung mit der
umgebenden Welt als zwei Pole derselben Schwingung betrachten lernen, Distanz
von dem uns beherrschenden, vom Christentum geprägten Bild der Entwicklung der
Seele durch sich selbst, durch innere Bilder, durch Kontemplation, zu erwerben.
"Ich bin ein Anderer", Abschied vom vertrauten mit-sich-selbst-sein
lernen. Oder wie der alte jungianische Analytiker James Hillmann herausstellt:
"Und andere würden nicht nur andere Menschen sein, weil die Gemeinschaft,
so wie ich sie sehe, etwas Ökologischeres oder zu mindestens Animistischeres
ist. Ein psychisches Feld. Und wenn ich nicht in einem psychischem Feld mit
anderen - Mitmenschen, Gebäuden, Tieren, Bäumen - bin, bin ich nicht. Es würde
also nicht mehr heißen : "Ich denke, also bin ich." Es würde heißen: "Ich bin mit anderen, daher bin ich."
Convivo ergo sum. ... Es gibt noch einen weiteren Grund,
warum man davon überzeugt ist, daß man alleine mehr sich selbst ist: weil es
vertrauter ist. Man ist in einem ausgefahrenen Geleis. "Das bin ich, weil
ich im selben Muster bin"; es ist erkennbar. Wenn man bei einem anderen
Menschen ist, ist man außer sich, weil der andere in einem selbst hineinströmt
und man in den anderen ausströmt; es gibt Überraschungen, man hat nicht ganz
die Gewalt über sich, und dann glaubt man, daß man nicht sein wahres Selbst
ist. Dieses Verlieren der Kontrolle - das ist die Gemeinschaft, die durch uns
wirkt. Sie ist der Ort, an dem man sich befindet, und der durch einen
wirkt."
Therapie nach Reich ist ohne dieses Ausströmen nicht möglich
- Reich selbst sprach von "vegetativer Identifikation".
Und jedem Patienten, der in diese Erfahrungswelten
hineinempfinden konnte, gab ich Kierkegaards Worte sinngemäß zu verstehen:
Angst ist die Erfahrung drohenden Nicht -Seins und darüber hinausweisend: Die
Selbstbejahung eines Lebewesens ist umso größer, je mehr Nicht - Sein es in
sich aufnehmen kann.
Reich selbst näherte sich kurz vor seinem Tode einer Ahnung
derartiger Einflüße: "But I think there is a deeper function there. And
that is the constant feeling of human beings, which is hidden in neurotics and
biopathic, armored individuals, but quite manifest in what we call
"healthy people". (We should get away from that term, too. It becomes
a religion again.) And that is a feeling of a separation from something. It is
most clearly expressed in the pain, in the aching pain of being separated from
the beloved, whether child, or wife, or husband, with a longing to unite again,
to be together again, to be in contact again. But I think that this love
experience is one of the functions, one of the variants of a much deeper thing.
(kursiv vom Verfasser) Somehow, you think such thoughts on very quiet nights,
no noises around except the high wind, thoughts of being separated from the
cosmic orgone energy ocean, of being singled out, so to say." (Reich,
"Mans Roots in Nature", 26.08.1956, Orgonon, Vortragstranskript
veröffentlicht in "Orgonomic Functionalism", Vol.II, S.68, Rangeley 1991)
"Aber ich denke, es gibt noch eine tiefere Funktion.
Und das ist die immer vorhandene Empfindung der Menschen, die verschüttet ist
bei neurotischen, biopathischen, gepanzerten Einzelpersonen, aber da ist in
denen, die wir als "gesunde Menschen" bezeichnen. (Wir sollten auch
diese Bezeichnung nicht mehr gebrauchen. Sie wird schon wieder eine Art von
Religion.) Es ist die Empfindung des Abgetrenntseins von etwas. Sie drückt sich
am klarsten in dem Leid, dem schmerzendem Leid des Getrenntseins von dem
geliebten Wesen aus, ob es nun ein Kind, die Ehefrau, der Ehemann ist,
verbunden mit der Sehnsucht nach Wiedervereinigung, Wiederzusammensein, wieder
im Kontakt zu sein. Aber ich denke das die Liebeserfahrung eine Funktion, eine
der Erscheinungsformen eines viel tieferen Geschehens ist. Irgenwie denkt man
solche Gedanken in sehr stillen Nächten, wenn es außer dem starken Wind kein
Geräusch um dich gibt, Gedanken über das Abgetrenntsein vom kosmischen
Orgonenergie - Ozean , so, wie herausgestoßen zu sein.", (sinngemäße
Übersetzung vom Verfasser)
Und an anderer Stelle im gleichem Vortrag:
"There is development, there is funktioning, there is
process. What we have to do is to think in the direction of where does the
pulsating system, the closed system, develop out of the orgone energy ocean
and, with that, where does self-awareness begin to develop? (...) I learned to
respect religious thought. I have to confess that. I did not twenty years ago.
I began to see how deep the religious probing goes, how deep down,..."
(a.a.o., S.66) (Es gibt Entwicklung, es gibt Funktionsgesetze, es gibt
Prozesse. Was wir zu tun haben, ist in die Richtung zu denken, wo sich das
pulsierende System, das abgetrennte System, sich aus dem Orgonenergie - Ocean
herausentwickelt und, unter Einbeziehung dieses Punkte, wo sich die
Selbstwahrnehmung entwickeln kann. (...) Ich habe gelernt, religiöse Gedanken
zu respektieren. Ich muß dies gestehen. Ich habe dies vor zwanzig Jahren immer
abgelehnt. Ich habe begonnen wahrzunehmen, wie tief das religiöse Untersuchen
dieser Zusammenhänge reicht, wie tief..." (sinngemäße Übersetzung vom
Verfasser)
"Wir haben es mit dem aktuellen, gegenwärtigen
Funktionieren des
Organismus zu tun und nicht mit historischen
Ereignissen." (Reich, Charakteranalyse, S.492)
6. Wissenschaftliche Literatur.
Anderson, W.A., Orgontherapie bei rheumatischem Fieber, in:
Internationale Zeitschrift für Orgonomie, Bd.1, H. 2, 1951
Atkin, R.H., The Second Law of Thermodynamics and the Orgone
Accumulator, in: Orgone Energy Bulletin, V.1, Nr.2, 1949
Baker, C.F., The Reich Blood Test: 105 Cases, in: Annals of
the Institute for Orgonomic Science, V.1, Nr.1, 1984
Baker, C, Dew,R., Wound Healing in Mice, in: Annals of the
Institute for Orgonomic Science, V.1, Nr.1,1984 und V.2, Nr.1, 1985
Blasband, R.D.,The Orgone Energy Accumulator in the
Treatment of Cancer in Mice, in: Journal of Orgonomy, V.7, Nr.1, 1973
Bremer, K., Medical Effects of Orgone Energy, in: Orgone
Energy Bulletin V.5,(1/2), 1953
Cott, A., Orgonomic Treatment of Ichthyosis, in: Orgone
Energy Bulletin, V.3, Nr.3, 1951
DeMeo, J., Seed-Sprouting Inside the Orgone Accumulator, in:
Journal of Orgonomy, V.12, Nr.2, 1978
Espanca, J., The Effects of Orgone on Plant Life, in:
Offshoots of Orgonomy 3, 1981; 4, 1982; 6, 1983; 7, 1983; 8, 1984; 11, 1985
Fischer, J., Der Orgonakkumulator nach Dr. Wilhelm Reich,
Verlag C. Freihold, Berlin 1981
Hoppe, W., Further Experiments with the Orgone Accumulator,
in: Orgone Energy Bulletin, V.1, Nr.1, 1949
Hoppe, W., Meine Erfahrungen mit dem Orgonakkumulator, in:
Internationale Zeitschrift für Orgonomie, Bd.1, H.1, 1950
Hoppe, W., Orgone Versus Radium Therapy in Skin cancer, Report
of a case, in: Orgonomic Medicine, Vol.1, Nr.2., 1955
Hoppe, w., The Treatment of a Malignant Melanoma with Orgone
Energy, in: In The Wake of Reich, London 1976
Lassek, H., Medizinische Aspekte der Orgonenergie, in:
Emotion 3, Berlin 1981
Lassek, H., Gierlinger, M., Blutdiagnostik und Bionforschung
nach Wilhelm Reich, in: Emotion 6, Berlin 1986
Lassek, H., Vegeto-/Orgontherapie bei schwerkranken
Menschen, in: Emotion 10, Frankfurt 1990
Lassek, H., Zum Krankheitsbegriff und zur Orgontherapie
nach Dr.med. Wilhelm Reich, in: Krebsforum, Berlin 1990
Lassek, H., Orgone Therapy with Cancer Patients, in:
Energy and Character, London 1990.
Levine, E., Treatment of a Hypertensive Biopathy with the
Orgone Energy Accumulator, in: Orgone Energy Bulletin, Vol.3., Nr.1, 1951.
Levine, E., Observations on a Case of Coronary Occlusion,
in: Orgone Energy Bulletin, Vol.4, Nr.1, 1952
Opfermann - Fuckert, D., Berichte über Behandlungen mit
Orgonenergie, in: emotion 8, Frankfurt 1987.
Opfermann-Fuckert, D., Physikalische Orgontherapie mit
Orgonakkumulator, Orgontunnel, Orgonshooter, Orgondecke,
Eberbach 1985
Reich, W., Der Krebs, Frankfurt 1981
Reich, W., Ausgewählte Schriften. Eine Einführung in die
Orgonomie, Köln 1976
Reich, W., The Orgone Energy Accumulator, Its Scientific and
Medical Use, Rangeley, Maine 1951
Reich, W., Raphael, C.M., Orgonomic Diagnosis of the Cancer
Biopathy, in: Orgone Energy Bulletin, Vol.4, Nr.2, 1952
Ritter, J., Therapie eines ausgedehnten ulcus cruris venosum
mit lokaler Orgonapplikation; noch unveröffentlichter Bericht, Hamburg 1985
Ritter, P., Experiments with the Orgone Accumulator, in:
Orgonomic Functionalism, Vol.1, Nr. 4, 1953
Ruebsam, E.,Emotionale Blockierung und Krebs, in:
emotion 2, Berlin 1981
Senf, B., Möglichkeiten orgonenergetischer Behandlung von
Pflanzen, in: emotion 7, Berlin 1985
Senf, B., Orgonenergie - Grundlage der Akupunktur ?, in:
emotion 9, Frankfurt 1988
Sobey, V.M., Treatment of Pulmonary Tuberculosis with Orgone
Energy, in: Orgonomic Medicine, Vol 1, Nr.2, 1955
Sobey, V.M., A Case of Rheumatoid Arthritis Treated with
Orgone Energy, in: Orgonomic Medicine, Vol.2, Nr.1, 1956
Tropp, S.J., The Treatment of a Mediastinal Malignancy with
the Orgone Accumulator, in: Orgone Energy Bulletin, Vol.1, Nr.3, 1949
Tropp, S.J., Orgone Therapy of an Early Breast Cancer, in:
Orgone Energy Bulletin, Vol.2, Nr.3, 1950
Tropp, S.J., Limited Surgery in Orgonomic Cancer Therapy,
in: Orgone Energy Bulletin, Vol.3, Nr.2, 1951
Weverick, N., Die Behandlung eines Falles von Diabetes mit
dem Orgonakkumulator, in: Internationale Zeitschrift für Orgonomie, Bd.1, H.2,
1951
Im Moment bereiten wir die Inhalte für diesen Bereich vor. Um Sie auf gewohntem Niveau informieren zu können, werden wir noch ein wenig Zeit benötigen. Bitte schauen Sie daher bei einem späteren Besuch noch einmal auf dieser Seite vorbei. Vielen Dank für Ihr Interesse!