„Es handelt sich um eine ganze Welt und eine vollständige
Geschichte des Menschen, die gesamte Geschichte des Menschen in der Welt und
seinem Wunsch nach Transzendenz. Es ist dies eine Geschichte, die im Verlauf
der Jahrhunderte eine immergleiche Identität beibehält. Durch alle ihre
Verwandlungen hindurch bewahrt, ermöglicht es diese dauerhafte Identität dem
Taoismus, ich in unterschiedlichen Schichten beständig zu erneuern, in denen
die sich fortsetzenden oder wiederauftauchenden Grundzüge erkennbar sind. Sein
synkretistisches Wesen, seine vielfältigen Facetten widersetzen in keiner Weise
der Einheit seiner Inspiration und einer Kontinuität, die der Leser durch all
seine Wandlungen mühelos verfolgen konnte. (...) Vielleicht weil er sich in
Bezug auf die Machtverhältnisse, die eine Gesellschaft strukturieren, in einer
schwachen Position fand, ist der Taoismus die einzige unter den „Drei Lehren“
(Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus, Anm. H.L.), die ganz offen Teile
gegensätzlicher Strömungen assimiliert und einen Dialog mit ihnen geführt hat.
Er zitiert sie, übernimmt aus ihnen Begriffe, Ideen, die er bearbeitet,
zuweilen umformt und assimiliert. Er bereichert sich an ihnen, wächst und geht
über sich selbst hinaus, ohne freilich jeweils seine kosmologische Weltsicht
aufzugeben oder sein Ziel zu vergessen: den Menschen zu verfeinern und ihn
nicht aufzugeben.“ (Robinet: Die Geschichte des Taoismus, Diederichs, München
1995, S. 363)
Einleitung
Das Fischnetz ist da, um Fische zu fangen. Wir wollen die Fische
behalten und das Netz vergessen. Die Schlinge ist da, um Kaninchen zu fangen.
Wir wollen die Kaninchen behalten und die Schlinge vergessen.
Worte sind da, um
Gedanken zu vermitteln. Wir wollen die Gedanken behalten und die Worte
vergessen. Oh welch ein Vergnügen mit einem Menschen zu sprechen, der die Worte
vergessen hat.
(Chuang Dzu, 14.Kap.)
Das Tor vor dem Leben und nach dem Tod – Tai Ji Men
Begegnung mit dem Stammhalter einer unbekannten Tradition:
Die Entfaltung von Selbstheilungskräften im menschlichem
Körper in der Tai Ji Men Tradition des Taoismus.
"Es gibt in diesem System nur eine Regel: es gibt keine
Regel"
(Der Übersetzer Jia Zhiping während des ersten Wochenendes)
Ich werde im Folgenden über etwas zu schreiben versuchen,
dessen Erfahrung nicht i+n Worte zu fassen ist. Und doch erscheint mir dieser
Bericht notwendig, um die Begegnung mit einer der ältesten Chinesisch -
taoistischen Traditionen in den europäischen Raum zu vermitteln. Ich befinde
mich mit diesem unmöglichem Versuch in guter Übereinstimmung mit der
Übermittlung der alten Chinesischen Naturphilosophie - schon P o Chü-i, - der
berühmte Dichter der Tang Zeit - gab einen humorvollen Kommentar zum Taoteking:
Jene, die reden, wissen nicht, Jene, die wissen, reden nicht.
Das erklärt uns schon Laotse.
Sollen wir glauben, dass er selbst einer war, der wusste;
Wie kann es dann sein, dass er schrieb nicht weniger als fünfmal tausend Worte ?
(zitiert nach: Chang Chung-yuan, Tao, Zen und schöpferische
Kraft, Diederichs gelbe Reihe, Köln 1983)
Prof. Lu Jinchuan redet wenig. Er ist Arzt, Professor für
Traditionelle Chinesische Medizin und für Kalligraphie in Peking; darüber
hinaus Autor von bisher 19 Gundlagenwerken zur Medizin und Philosophie. Und
Stammhalter der höchsten philosophischen Schule des Taoismus: Tai Ji Men. Im
April dieses Jahres waren er und erfahrene Schüler aus Kanada und England zu
zahlreichen Fachtagungen, Patientenvorstellungen und Einführungsseminaren nach
Deutschland eingeladen.
Mai 1998 : das erste Seminar – Chi Dao Eins
Die Veranstaltung begann fast eine Stunde zu spät; vorher
sollten aufgrund einer wissenschaftlichen Auswertung der psychophysischen
Befindlichkeiten vor (und später nach) dem Seminar umfangreiche Fragebögen
ausgefüllt werden. Die Organisation wirkte chaotisch; es wurden keinerlei
Erklärungen für die Verspätung gegeben. Als dann mehrere Chinesen nach über
einer Stunde den Raum betraten, begann eine schwer verständliche, auch kaum
akustisch wahrzunehmende Übersetzung durch einen in Berlin lebenden Schüler.
Der aus China stammende Dolmetscher Jia Zhiping musste häufig in der
Landessprache beim Vortragenden nachfragen, wie er einzelne Bedeutungsinhalte
der Chinesischen Philosophie und derer verschiedener Schulen dem
deutschsprachigem Publikum darlegen sollte. Unmut kam im Saal auf und einzelne
Teilnehmer verließen die Veranstaltung. Auch ich wäre in einer mir völlig
fremden Veranstaltung aufgrund der unerträglichen Rahmenbedingungen gegangen,
wenn nicht die Erscheinung und die Stimme eben dieses Mannes im Raum gewesen
wäre, dessen Wissen scheinbar durch die Übersetzung an diesem Abend nicht
vermittelbar war (es sollte besser werden und Jia Zhiping aufgrund seiner
ernsten und humorvollen Art der Vermittlung sogar den meisten Applaus bei den
folgenden Seminaren bekommen).
Doch etwas anderes sollte sich noch ereignen: Nach ungefähr
zwei Stunden kaum zu bewältigender theoretischer Abhandlung über philosophische
und traditionelle Sachverhalte kam die unvermittelte Aufforderung an die
Zuhörer, die Stühle beiseite zu schieben und sich einfach entspannt mit
geschlossenen Augen hinzustellen. Innerhalb weniger Sekunden begann sich mein
Oberkörper derart nach hinten zu bewegen, dass ich Angst um meine Bandscheiben
bekam, dann nach vorne, bis meine Finger den Boden berührten. Fast gleichzeitig
wurden meine Arme von etwas erfasst und begannen mit der vor- und rückwärtigen
Bewegung des Körpers zuerst zu schwingen, dann zu rotieren. Ich versuchte mich
dieser autonomen Bewegung ganz hinzugeben während ich mit geschlossenen Augen
wahrnahm, dass einzelne Anwesende Schreie ausstoßend herumliefen und
offensichtlich mehrere auf den Boden stürzten. Nach einigen Minuten - ich
wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass diese Übung eine Stunde dauern
sollte - bekam ich einen Stoß in den Rücken und öffnete vor Überraschung die
Augen: ein anderer Teilnehmer war in diesen spontanen Bewegungen gegen mich
gelaufen. Für einen kurzen Moment sah ich mich um : der Raum war voller in
Schwingung geratener Menschen: einige bewegten sich ähnlich wie ich zuvor,
andere zeigten die mir bekannte Äußerungsform der Aktivierung des kleinen
Kreislaufs der Sondermeridiane (Diener- und Lenkergefäß), andere krochen
autonom auf dem Boden herum oder schlugen wie in Hypnose befindlich mit dem
Kopf gegen die Wände des Tagungsraums. Und überall Schüler und Assistenten,
die Teilnehmer vor Schaden bewahrten.
Ich begann mich wieder in die entspannte Position zu begeben und schloss die
Augen; sofort begannen ähnlich mächtige Bewegungen wie zuvor. Nach einer unendlich
erscheinenden Stunde hörte ich die Anweisung zum Öffnen der Augen. Es gab eine
kurze Erläuterung, der in diesem Zustand wohl kaum jemand folgen konnte und die
Freitagabendveranstaltung war beendet. Innerhalb einiger Momente waren die
Chinesen verschwunden - zurück blieb ein überwiegend fassungsloses Publikum.
Fast alle waren am nächsten und übernächsten Tag wieder
dabei. Die Übersetzung und die Akustik wurden besser, an Stelle von Prof Lu
Jinchuan sprach überwiegend Tom Zhang, ein Schüler aus Kanada und versuchte
einige Anhaltspunkte über das Geschehen zu vermitteln. Jeweils zweimal am
Sonnabend und am Sonntag standen wir wieder für ungefähr eine Stunde mit
geschlossenen Augen; kurz nach dem Einnehmen der Position vernahm ich ein
Zischen und sofort gingen gewaltige spontane Bewegungen durch, mit meinem
Körper. Am dritten Tag wurde für gewillte und nach Untersuchungen für geeignet
befundenen Teilnehmer der "Zhongzhe" gegeben, d.h. eine Übertragung
eines - in gegenwärtiger Sprache - "Programms" in Form von Chi auf
den Schüler durch den Stammhalter dieser alten Tradition. Bei weitem nicht
allen, die diese persönliche Übertragung erfahren wollten, wurde aufgrund
medizinischer Gründe dieses gewährt. Nachdem ich die Erfahrung dieser
Übertragung durchlaufen hatte (währenddessen mir nichts Besonderes
wahrnehmbar war), erlaubte mir Tom Zhang
die Augen geöffnet zu behalten und das Geschehen im Raum zu beobachten. Was ich
dort sehen konnte, werde ich möglicherweise nie in meinem Leben vergessen. In
großer Demut und Achtung vor den mit geschlossenen Augen in den spontanen
Bewegungen befindlichen Teilnehmern behandelten die anwesenden Meisterschüler
fast jeden Menschen mit den Methoden der Chi - Medizin, um eine
Weiterentwicklung und Öffnung der Meriansysteme bei ihnen zu ermöglichen. Das
also geschah, wenn wir die Augen geschlossen hatten... Bei einigen, die ich
persönlich und als Arzt mit ihrer körperlichen Problematik kannte, sah ich
exakt die auf räumliche Distanz erfolgende Behandlung derjenigen Organe und Segmente,
die eventuell eine Weiterentwicklung zu höheren Stufen verunmöglichen würden.
Zum Ende des Seminars hatte über die Hälfte der Anwesenden die Übertragung
bekommen. Wieder verschwanden die Chinesischen Gäste in Windeseile.
Kurze Zeit danach
Zwei Tage nach dem Seminar stellte ich mich in meinen
eigenen Räumen in die entspannte Haltung und schloss die Augen: innerhalb von
Sekunden begannen die spontanen Bewegungen mit noch höherer Intensität als
zuvor. Das also war die Wirkung des Rituals - ohne die erfolgte Übertragung war
alleiniges Üben aufgrund der körperlichen Gefährdung nicht erlaubt. Die hohe
Energie, die mich nun erfasste, machte mir diese Regelung einsichtig.
Beginn einer Ausbildung
Etwa eine Woche später wurde ich von der Veranstalterin
gefragt, ob ich mit einigen anderen von Prof Lu Jinchuan ausgesuchten
Teilnehmern des ersten Seminars in eine Art Privatausbildung zu einer Art
Helfer für das kommende (unserem Seminar entsprechendem) Einführungswochenende
eintreten würde - ohne anfallende Kosten. Überrascht und freudig stimmte ich
zu. Was sechs Mitteleuropäern durch fünf Chinesen in den folgenden zwei Wochen
als Selbsterfahrung der Chi - Energie vermittelt wurde, lässt sich nicht mehr
beschreiben. Zum Beispiel stand – schwebte – ich stundenlang nur auf meinen
großen Zehen, Lu Jinchuan mir gegenüber auf einem Schaukelstuhl lachend vor mir
sitzend, zischend. Manches Mal brach ich danach zitternd zusammen und ein
seltsames, magnetisches Feld zog mich vom Boden auf in die vorherige Position.
Nie zuvor hatte ich ein derartiges antigravitatives Energiefeld erfahren – dies
in manchen Schriften für reine Phantasie gehalten. Hier offenbarte sich eine
fundamentale Wirklichkeit einer aus subtilen Energien bestehender Welt. Nach
anderthalb Wochen wurden wir einer stundenlangen Prüfung im Aussenden und
Zurückholen von Chi unterzogen - wir fielen geschlossen durch.
Eine Woche später erhöhte Prof. Lu Jinchuan mit einer Chi -
Übertragung uns allen die Hände und wir bestanden die Prüfung - drei Tage
später waren wir nun elf Assistenten und 32 Teilnehmer bei dem zweitem Chi Dao
1- Seminar. Wir konnten auf große räumliche Distanzen eine ähnliche Hilfe und
Unterstützung leisten, wie ich es im ersten Seminar mit Erstaunen und Achtung
gesehen hatte. Die Veranstalter hatten den Ablauf geändert und es wurde ein
hochintensives, dabei aber inhaltvolles und harmonisches Wochenende. Fast alle
Teilnehmer, die die Übertragung wünschten, konnten diese nach sorgfältiger
Überprüfung bekommen. Freudig sagte mir einer der Assistenten, dieses Mal wäre
es, als seien sie in China.
"Shi Fang Wu Ji Dang (spontane Bewegungen in einem
besonderem Zustand) oder die Praxis von Wu wei sind die Hauptmethode der
Selbstbehandlung in der Chi Dao Medizin. Nach vollständiger, durchgehender
Entspannung werden die Selbstheilungskräfte der Patienten wieder aktiviert, so
dass diese Krankheiten sich selbst ausheilen lassen können. Diese Methode kann
einen sehr großen Bereich von Erkrankungen heilen. Insgesamt betrachtet,
beeinflusst sie jede menschliche Krankheit. Die entscheidenden Faktoren sind
erstens der Grad der Entspannung, die ein Patient erreichen kann und der
Schweregrad der Erkrankung." (Tom Zhang und Carol Yeung, "Tue Science
of Chi Dao Medicine", erscheint im Januar 1999 in: Heiko Lassek (Hrsg.),
"Wissenschaft des Lebendigen", Verlag Simon und Leutner, Berlin)
Ausflüge
Zwischen den Wochenenden hielt Prof. Lu Jinchuan Vorträge
auf Kongressen und sprach in Krankenhäusern über die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zwischen westlicher, traditionell chinesischer und Chi Dao
Medizin; die ersten Fotokopien der Manuskripte hierzu wurden verteilt. Es war
alles eine Pionierarbeit einer kleinen Gruppe interessierter Menschen, denen
ich mich mit einigen Freunden angeschlossen hatte. Zweimal fuhr ich mit den
Gästen zu den Gärten von Sanszoussi, dem Charlottenburger Schloss und dem
ägyptischen Museum. Ich lernte hoch gebildete Menschen kennen, die mehr über
viele Aspekte der deutschen Geschichte wussten als ich. Zumeist sprachen wir
während dieser Ausflüge über Heidegger, Hegel, Reich, die Philosophie der
Romantik, über europäische Kunst und Kultur und ich war fassungslos über ihr
Detailwissen. Auch über den Chinesisch-tibetanischen, seit Jahrhunderten
bestehenden Konflikt, den jetzigen Dalai Lama und ihrer Einschätzung der
gegenwärtigen Umwälzungen in China bekam ich Informationen, die den
Mitteilungen der westlichen Medien eine andere Färbung hinzufügten. Fast immer
ging ich mit seinen Schülern Tom Zhang, Carol Yeung und ihrem Vater vertieft in
Gespräche durch die Schlossgärten, Prof. Lu Yin Chuan (von ihnen
"teacher" benannt) ging neugierig interessiert mit einer kleinen
Videokamera auf fast jedes Gemälde und jede Skulptur zu, verweilte und filmte
viele Objekte, um dann uns wieder einzuholen. Die umfassende Kenntnis von
Naturphilosophie aller Menschheitskulturen ist eine der bedeutendsten
Grundlagen zur Erlernung der Chi Dao Medizin ließ er mir durch Tom Zhang
mitteilen; ansonsten sprachen wir kaum miteinander.
"Um die Früchte zu erkennen, achte auf die Wurzel.
Studiere die Vergangenheit, um die Zukunft zu erkennen." Lieh Tzu
Juni 1998: das zweite Seminar - Chi Dao 2
Wieder einmal hatte sich die Organisation verbessert und der
Ablauf geschah trotz der Sprachbarrieren immer reibungsloser. Ich hatte
inzwischen erfahren, dass derartige Seminare in der Komprimierung auf
zweieinhalb Tage auch für die Chinesen ein Novum darstellten und sie sich auf
die westlichen Arbeitstage und Wochenenden eingelassen hatten. Der Inhalt der
ersten zwei oder drei Seminare wird in China in achtzehn aufeinander folgenden
Nächten durch Prof Lu Jinchuan vermittelt - alle Teilnehmer nehmen sich dann
für diese Zeitspanne Urlaub.
"Wie können wir das Chi erfühlen?
Wir können es ähnlich
wie die Luft erfühlen. Normalerweise, wenn die Luft unbewegt ist, nehmen wir
ihre Existenz nicht wahr - aber wenn die Luft sich bewegt, ist es die Brise
oder der Wind, den wir erfühlen. Das Selbe kann über Chi ausgesagt werden. Wenn
das Chi im Körper aktiviert ist, kann man es erfühlen." (a.a.o.)
Das zweite Wochenende
war dieser Aktivierung des Chi gewidmet; wieder war die Struktur zwei Stunden
Theorie, eine Stunde Praxis, lange Mittagspause, dann weiter im gleichen
Rhythmus. Kondensierte Energie entfaltete sich zwischen unseren Händen, Prof.
Lu Jinchuan verstärkte interessierten Teilnehmern das Chi an den Handflächen,
danach gab es eine ernste Prüfung im Aussenden und Wiederzurückholen von
konzentrierter Energie (so genannter "Chi-Bälle") über die Distanz
von mehreren Metern - viele Teilnehmer bestanden die Vorprüfung nicht. Die
Diagnose von Erkrankungen wurde eingeleitet und vertieft. Von außen betrachtet,
erschien das zweite Seminar nicht so spektakulär wie das Erste; die Entfaltung
der Wahrnehmung dieser subtilen Energie innerhalb und außerhalb des eigenen
Körpers aber war überwältigend für mich, für viele, aber nicht für alle
Teilnehmer. Die unmittelbare Erfahrung derartig schnell zu entwickelnder
menschlicher Fähigkeiten birgt auch eine große Anzahl hiermit einhergehender
Fragen in sich.
"Tao als die Mutter der Welt, alldurchdringend und
allumfassend, unveränderlich und unaufhörlich, wird von Chuang Tzu als Ta T ung
oder die große gegenseitige Durchdringung verstanden. Die Welt der großen
Durchdringung ist frei von allen Eigenschaften und Widersprüchen. Sie ist dem
Zugriff jedes intellektuellen Prozesses verschlossen. In dieser Welt gibt es
weder Raum noch Zeit, sie ist unendlich. Chuang Tzu beschreibt sie wie folgt:
"Das Sein wohnt nicht an irgend einem Ort. Ablauf ist ohne Zeitdauer. Sein
ohne festen Ort ist Raum. Ablauf ohne Zeitdauer ist Zeit. Es gibt Geburt, es
gibt Tod, es gibt Hervortreten, es gibt Einkehren. Durch das wir ein und
ausgehen, ohne seine Form zu schauen, das ist das Tor des Himmlischen. Das Tor
des Himmlischen ist das Nichts. Alle Dinge kommen aus dem Nichts" (Kap.
23)"
(John Blofeld, "Der Taoismus", Diederichs gelbe
Reihe, Köln 1983, S.33)
Im Gegensatz zu vielen so genannten asiatischen
"Meistern" an diesen Wochenenden offenbar, dass es sich hier um einen
traditionellen Weg handelt, dessen Wurzeln und Erfahrungen über Jahrtausende
von Großmeister zu Großmeister übertragen wurden. Prof. Lu Jinchuan ist als
gegenwärtiger Stammhalter dieser Linie Großmeister Fan Fu. Sein ausdrückliches
Bestreben ist es, in einer Form der traditionellen Vermittlung, zum ersten Male
in Europa Meisterschüler auszubilden um den Samen dieser Kultur,
Naturerkenntnis und Medizin, in die westliche Welt zu setzen - ein ernster,
nicht völlig ungefährlicher und mit strengen Prüfungen verbundener Weg für die
Studenten dieser Tradition. Die Transzendierung des Raum-Zeitkontinuums ist für
den Taoismus vergleichbar der westlichen
Selbstverständlichkeit, eine elektrische Lampe in der Nacht anzuschalten
und gehört zu den der menschlichen Existenz inhärenten, naturgegebenen Möglichkeiten.
London, November 1999: das dritte Seminar – Chi Dao 3
Eiskalte Novembertage in London. Der Veranstaltungsort: eine
heruntergekommene Schule, fast eine Baracke in einem Vorort. Teilnehmer: einige
Berliner enge Schüler, daneben fortgeschrittne Schüler überwiegend Chinesischer
Abstammung, überwiegend fortgeschrittene Kampfkünstler; auch ein frühere
US-Geheimdienstleiter war zu meiner Überraschung anwesend. Die Anweisungen
entsprachen denen des ersten Seminars, jedoch zischte Lu Jinchuan in einer
bisher für mich unbekannten Art und Weise. Bereits bei den ersten Lauten führte
mich das Chi-Feld in völlig sanfte und koordinierte Bewegungen, die ich wie ich
später herausfand, teilweise hochkomplexen Tai Chi Chuan Formen entsprachen.
Ungefähr die Hälfte aller Teilnehmer wurde auf den Boden gezogen und begann mit
fischartigen Bewegungsformen. Für mich erschien es, als wäre ich von einer
Sekunde zur Nächsten in eine andere Welt katapultiert worden; eine Welt, die
von diesem Moment mir immer zugänglich bleiben sollte – zu jeder Zeit an jedem
Ort.
Am nächsten Morgen betraten wir den Veranstaltungsraum; eine
vollständige Wand war mit 64 Quadraten ausgestattet worden. Prof. Lu Jinchuan
ließ durch die Übersetzer mitteilen, dass ein Quadrant mit extrem schlechten,
ein weiterer mit extrem intensiven Heilungs-Chi von ihm vorbereitet worden war.
Unsere Prüfung bestand darin, diese beiden aus der Masse der Quadranten aus
einer Distanz von acht Metern mit unseren Händen herauszufiltern. Nur wenige
Teilnehmer bestanden diese Herausforderung. Lu Jinchuan öffnete ihnen als
Geschenk die Handflächen, indem er alle Ablagerungen, die im Laufe unseres
Lebens wie Verklebungen auf den Handinnenflächen bestehen, entfernte. Eine
derartig behandelte Hand ist wie die eines Säuglings, sensitiv aber auch
schutzlos. Aus letzterem Grunde streifte Lu Jinchuan uns Handschuhe aus weichem
Chi darüber, damit kein Krankheits-Chi in uns eindringen würde.
Derartig geöffnete Hände ermöglichen ein Abtasten des
menschlichen Körpers ohne Berührung auf einer Distanz bis zu fünf Metern –
Krankheits-Chi wird durch deutliche, sich elektrisch anfühlende Strömungen in
den Fingern oder je nach Intensität der Erkrankung sogar in den
Handinnenflächen erkennbar. Dieses Geschenk gehört zu den wundervollsten meines
Lebens.
Mit dieser Prüfung war der grundlegende Teil der Ausbildung
abgeschlossen – wer weitergehen wollte, musste sich auf einen geistigen Kampf
mit Lu Jinchuan einlassen;
Über das Unbekannte, was auf mich wartete, erfuhr ich
nichts...
Die Unterrichtungen: Tai Ji Dao 3+ und 3++:
Diese nur für wenige ausgewählte Schüler zugänglichen
Seminare bestehen in harten, unnachgiebigen Streitgesprächen mit Lu Jinchuan.
Insgesamt 84 von ihm vorbereitete philosophische Grundfragen zur menschlichen
Existenz auf diesem Planeten wurden in Einzelgesprächen mit ständiger
Hinterfragung der Antworten wie in einem geistigen Schwertkampf auf kompromisslose Art und Weise diskutiert. Es kann dabei zu gegenseitigem Anschreien, Tränen und Zusammenbrüchen der
Schüler kommen, auch Lu Jinchuans Fragen und Antworten sollten in aggressiver
Weise von den Schülern in Frage gestellt werden.
Das Geschenk
Auf seine Anweisung stand ich allein mit geschlossen Augen
in einem abgedunkelten Raum.
Nach mir unendlich lang erscheinend gewordener Zeit begann
sich in meinem Becken etwas völlig Unbekanntes zu ereignen, dass ich
fassungslos wahrnahm: in goldener, solider Stab bildete sich horizontal
ungefähr am unterem Ende meiner Wirbelsäule in meinem Körper aus. Ganz langsam
begann sich dieses Gebilde aufwärts zu bewegen; staunend sah ich es anscheinend
Millimeterweise mein Rückrat und alle vor diesem gelegenen Organe zu
durchstrahlen. Als dieser seltsame Stab auf Höhe meines Zwerchfells erschien,
bekam ich einen Anflug von Panik: was würde geschehen, wenn diese
Energieerscheinung durch das Reizleitungssystem meines Herzens gehen würde. In
diesem Moment öffnete ich die Augen – ohne das ich seine Schritte oder seine
Atmung wahrgenommen hatte, stand Lu Jinchuan genau vor mir du hatte seine Finger
direkt auf Höhe meines Zwerchfells gerichtet. Ein sehr ernstes Lächeln erschien
auf seinem sonst eher regungslosen Gesicht. Ich schloss wieder meine Augen und
bemerkte, dass er den Lichtstab wieder anhob und mein gesamtes Herz zu glühen
begann. Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist das meine Arme mit einer
ungeheuren Rotationsbewegung über meinen Kopf
geschossen wurden, mein Körper zunächst konvulsisch nach hinten zum
Boden geführt wurde um dann wieder in eine stehende Position zu gelangen. Lu
Jinchuan blickte weiterhin mit einem ernsten Lächeln zu mir, verließ den Raum
und einer seiner alten fortgeschrittenen Chinesischen Schüler, Mr.Yeung, betrat
den Raum. Wir beide, waren uns schon einige Male in Berlin und London begegnet;
fast alle Seminare in England fanden im Kaminzimmer seiner Villa in London
statt und ich hatte absolutes Vertrauen zu ihm. Mr.Yeung erklärte mir, dass ich
ein unglaubliches Geschenk erhalten hätte, was noch nie Einem westlichen
Schüler von unserem Lehrer in der Vergangenheit zuteil wurde. Stunden später
wurde ich zu einer Versammlung der ältesten Schüler- es waren unter zehn
gebeten. Lu Jinchuan sagte, ich wäre weitsichtig und mutig, er äußerte die
Bitte, ich sollte über Jahre den Auftrag erfüllen, die höchste philosophische
Schule einem ausgewählten - besonders von ihm betont – kleinem akademischen
Schülerkreis vermitteln und Seminare über die Anfangsstufen durchführen.
Vielleicht mit dem Ausblick auf ein nach vielen Jahren zu
gründendes medizinisches Ambulatorium auf der Grundlage der Chi-Medizin des
Taoismus. Und er betonte seine Befürchtung, ein drohender Bürgerkrieg in China
könnte wie zu Zeiten der Kulturrevolution die Wurzeln der tiefen traditionellen
Schulen diesmal fast völlig zerstören... auch aus diesem Grunde die Entscheidung,
die Wurzeln und das Wissen in die westliche Welt hinüberzuretten. Nach langen
Überlegungen hatte er sich für Berlin als westliches Zentrum dieser Tradition
entschieden und mich zu seinem Schüler in Verantwortung für den Westen ernannt.
Eine Bitte war damit verbunden: ich sollte in kurzer Zeit nach Bangkok kommen,
um seine Lehrmethoden in der östlichen Welt für einen Zeitraum von fünf Wochen
kennen lernen.
Von all den wunderbaren älteren Schülern aus China, Taiwan
und den USA wurde ich aufs Herzlichste gratuliert aber ich ahnte auch, welch
große Aufgabe ich hatte übertragen bekommen, von dem Preis dafür ahnte ich
nichts.
Der taoistische Flug und der Pass des Wahnsinns: Berlin,
Mitte November 1999 bis Ende Januar 2000.
Zurück in Berlin fühlte ich mich von einer hellen, klaren
Energie durchdrungen, mit einer zunächst stillen, von außen wohl nicht
wahrgenommenen Euphorie begann ich mit zahlreichen Ärzten und alten Professoren
verschiedener medizinischen Fachbereiche eine deutschlandweite Großkonferenz zu
organisieren: den Gesundheitstag 2000 in Berlin. Für den Themenbereich
Alternativ- und Komplementärmedizin war
ich der Hauptverantwortliche. Es war eine Traumaufgabe: hunderte von
Einzelpersonen, Institutionen, traditionellen Verfahren wie Akupunktur und
Homöopathie und deren Standesorganisationen wollten mit Vorträgen,
Fortbildungsseminaren und Präsentationen dabei sein.
Viele wunderbare Menschen aus meiner Vergangenheit kamen
wieder zusammen, um gemeinsam dieses eine ganze Woche in Anspruch nehmende Großprojekt
zu verwirklichen.
Es gab nur ein Geschehen, was mich zunächst nicht
beunruhigte: ich konnte kaum noch schlafen, fühlte mich aber voller Energie und
geistiger Klarheit. Meine Ess- und Trinkgewohnheiten änderten sich: ich aß viel
Obst, und konnte fast ausschließlich Mineralwasser, reine Fruchtsäfte und
absurderweise eine bestimmte Sorte Champagner zu mir nehmen. Des Weiteren
begann ich Anfallsweise derart zu schwitzen, was zu extremen Situationen
führte, dass ich unbekleidet bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bei
geöffneten Fenstern im Dachgeschoss ein großes Badetuch hinter mir herziehen
musste, um meinen Parkettfußboden trocken zu halten. In allen
Arbeitssituationen mit meinen Patienten, bei Seminaren, bei der Zusammenarbeit
des Koordinationsteams für die Konferenz erinnert auch niemand damals oder nach
Jahren irgendwelche Auffälligkeiten mit Ausnahme der scheinbar beeindruckenden
Energie, mit denen ich diese
verschiedenen Arbeitsebenen miteinander in Einklang brachte. Freunde und
mir nahe stehende ehemalige Beziehungen beschrieben mir aber für sie
beunruhigende Erfahrungen in abendlichen Zusammenkünften: sie bekämen
vibrierende, beängstigende Empfindungen, je räumlich näher sie mir waren, sie
fühlten sich unangenehm elektrisch aufgeladen nur bei einem Händedruck oder
einer herzlichen Umarmung, ein seltsames feines Leuchten wäre um mich herum und
meine Augen würden fremdartig glühen – ich hielt dies alles für ein bisschen
verrückt, da es mir so gut wie (fast) noch nie erging.
Dann aber konnte ich auf einmal nachts mit geschlossen Augen
jede Einzelheit meiner Wohnung erkennen, alles war in ein sanftes, beständiges,
goldenes Glühen gehüllt. Ich konnte meine Hände vor meine Augen halten, zu
einem meiner zahlreichen Bücherregale gehen und jedes Buch erkennen. Dies in
Ansätzen mir nicht völlig unbekannte Geschehen war zuerst natürlich
beeindruckend, allerdings war ein Einschlafen nicht oder kaum mehr möglich – es
Begann Ende Dezember 1999 und sollte bis zu meinem Wiedersehen mit Lu Jinchuan
Ende Januar 2000 fortbestehen. Meine Sinne erweiterten sich: auch am Tage nahm
ich ein sanftes, goldenes Feld um organische Körper wie Menschen, Tiere,
Pflanzen wahr – in unterschiedlicher Intensität, beglückend und mit der Zeit
irritierend zugleich. Während sich meine Wahrnehmung dieses Lichtes um
organische Körper weiter verstärkte, begann schwach auch die anorganische,
nicht lebendige Welt schwach gülden schimmernd zu erscheinen... immer mehr
wurde die gesamte äußere Welt von einem goldenen Schein durchzogen. Dieser
Prozess ging so weit, das ich mich entschied nicht mehr meinen Wagen zu
benutzen, weil selbst das grün-gelb-rot der Verkehrsleitsysteme nur noch
undeutlich hinter dem goldenen Schimmer zu erkennen war. Es fühlte sich an, als
wenn eine Hochenergie meinen Körper erfasst hätte und mein gesamter Organismus
durch eine extreme Entgiftungsphase gehen würde, ich verlor ungefähr zehn Kilo
Gewicht in diesem Monat. Die Sorge meiner nächsten Menschen wurde immer größer
– im Gegensatz dazu ermutigten mich zahlreiche meiner alten Gefährten,
Leitpersonen und Professoren, unbedingt weiterzugehen und schickten mir
Gedichte, Zitate und Bücher über derartige Extremerlebnisse. Eine der
bedeutendsten Begleitpersonen war meine alte Lehrerin und Freundin Dr. Eva
Reich, damals über achtzigjährig. Wir telefonierten fast jeden zweiten Tag
ausführlich über meinen Prozess. Immer wieder sagte sie: lauf, lauf, dreh dich
nicht um, auch nicht zu Claudia, deiner langjährigen Lebensgefährtin, zu
niemand, du wirst irgendwann erschöpft zusammenbrechen und dich erholen müssen
aber du darfst diesen Prozess nicht unterbrechen – er ist ein einmaliges,
unwiederholbares Geschenk. Und – ich sage dies hier zum ersten Mal öffentlich –
ihr Vater Wilhelm Reich hätte ebenfalls einen ganz ähnlichen Prozess
durchlaufen, sie selbst viele Jahre nach seinem Tod ebenfalls. Von großem
Vorteil war, dass sie fast zwei Jahrzehnte in Berlin unterrichtet hatte und
fast alle meiner Liebesbeziehungen und engsten Freunde kannte und diese in
ihrem Erfassungsvermögen sehr gut einschätzen konnte. Sie wusste, dass diese
durch den mir widerfahrenen Prozess tiefe Verlustängste erlitten. Ich schwieg
über diese Telefonate und die nach zwei Schlaganfällen völlig zurückgezogen
lebende Eva ließ auch keine Telefonate mit Anderen zu. Erst Mitte Januar 2000
reagierte sie auf Gerüchte, einige meiner Schüler hätten mich in Bezugnahme auf
sie für verrückt erklärt, in einem über mehrere Verteiler multiplizierten
Brief, das sie im größtmöglichsten Widerspruch hierzu diesen meinen Weg mit Freude,
Wohlwollen und Unterstützung begleitet und die Urheber solcher Gerüchte lieber
an ihrer eigenen Angst arbeiten und mich nicht behindern sollten. Als Lu
Jinchuan in Peking von zwei meiner engsten Freundinnen und Schülerinnen in
Sorge um mich kontaktiert wurde, ließ er durch einen Londoner Schüler in Berlin
fast die gleiche Botschaft an alle Beteiligten verlauten: lasst ihn laufen,
laufen, fliegen, behindert ihn nicht, er – und nun hörte ich zum ersten Mal die
Hintergründe – ist als erster westlicher Schüler zum ersten großen Flug des
Taoismus von mir ausgesucht worden. Und er sagte, als er vor langer Zeit von
seinem Lehrer in diese Erfahrungen geschickt wurde, hätten ihn ebenfalls viele
seiner Freunde für wahnsinnig erklärt... Der Flug sei lebensgefährlich und
trüge als zweiten Titel „Die Überquerung des Passes des Wahnsinns“. Die Anderen
hätten noch viele Jahre Arbeit an sich selbst nötig, um derartige Grenz- und
Gipfelerfahrungen auch nur ansatzweise zu erleben.
Und dann die Sonne...
Das zentrale Erlebnis geschah mir Mitte Januar 2000 und kam
aus dem Nichts.
Ich wachte am frühen Morgen zur Zeit der Dämmerung auf und
fühlte ich hervorragend – wie immer in dieser Periode meines Lebens. Ich wohnte
im fünften Stockwerk in einer sich über zwei Etagen erstreckenden
Dachgeschoßwohnung, am Landwehrkanal, Berlin überblickend, aus diesem Grund
auch den Sonnenaufgang über der Stadt erblickend. Als die ersten Strahlen durch
die oberen Dachfenster meinen Arbeitsbereich und damit mich erfassten, fühlte
ich mich von ihnen durchdrungen und durchgeglüht. Ich empfand keine Angst,
vielmehr eine Herrlichkeit, die an meine physischen Grenzen rührte. Jede Zelle
meines Körpers erschien als vom Licht durchdrungen... und genährt. Die großen
mystischen Erfahrungen auch abendländischer Initiierter kamen wie aus einem
großen Pool des Wissens in mein Bewusstsein und selbst umstrittene Phänomene
wie die so genannte Lichtnahrung wurden mir unmittelbar verständlich. Mein
Körper fühlte sich fast nicht mehr in der gewohnten Schwere der Erdanziehung
unterworfen an. Noch intensiver als zuvor begann die Welt um mich herum in
einem rein sanftgoldenen Glühen befindlich zu sein. Es war die Erfahrung der
Gewissheit, dass wir nicht nur Kinder, sondern Teile eines unendlich größeren
Organismus, den wir Sonne nennen, sind. Und dies nicht in einem übertragenen
Sinne sondern als absolute, normalerweise für uns unfassbare Realität. Eben
nicht – was für jeden Menschen klar sein sollte – dass wir nicht ohne Sonne
leben würden und können, sie kann es ohne uns auch nicht... (Goethe: „Wäre
nicht das Auge sonnenhaft ...“)
Mit dem Erscheinen des transzendenten Lichtes wurde
offenbar, welche Bedeutung das sinnliche Licht und der Gegensatz von Licht und
Dunkelheit für die Menschen hat, und das nicht nur für die Sinneswahrnehmung
sondern auch für ihr Denken und ihren Glauben.
Wenn das Licht, von allen dunklen Beimischungen befreit, den
Menschen ganz erfüllt, ist er im Besitz der Wahrheit.
Während dieser Zeit fand ich zum ersten Male Zugang zu dem
Werk des Parmenides „Über das Sein“. In seiner verschlüsselten, teilweise an
das Taoteking erinnernden Schrift beschreibt der vorsokratische Philosoph eine
exstatische Initiationserfahrung, die ihn an die Grenzen der Sinneserfahrung
führt, diese sogar überschreitet – es öffnen sich ihm die yang-Funktionen der
Sinne. Parmenides lässt die Grenze, die Dualität von Nacht und Tag hinter sich
und damit in seinen Worten die Scheinwelt mit ihren Zweiheiten, die der Wahn
der Menschen ist. Er transzendiert zu der Wahrheit des einen und einzigen, in
sich grenzenlosen und darum lichterfüllten Sein. Dieses hinüber gleiten ist
kein Verströmen, ein Auf- oder Untergehen des erkennenden Geistes in einem
lichten Meer der Grenzenlosigkeit, sondern ein Erreichen einer Schranke oder
Mauer aus Licht, an der das Sein unzerstreut, ohne dass sich an ihm Nahes und
Fernes unterscheiden ließe, in seiner unmittelbaren Totalität anwesend ist.
Wahrheit oder Sein sind Licht.
Aus der parmenidischen Erkenntnislehre ergibt sich: Wie die
Wahrheit unwandelbares, reines Licht ist, eine heiße Glut, so auch die
Erkenntnis, die ihr entspricht – und die Erkenntnis nimmt in dem Maße ab, in
dem sie sich von der Wahrheit entfernt, bis zur vollkommenen
Erkenntnislosigkeit, die identisch ist mit Dunkelheit und Tod. Schlaf, Alter
und Tod gehen auf ein Schwindendes lichten Anteils im Menschen zurück. Die
vollkommene Dunkelheit ist absolutes Unwissen und Tod, das vollkommene Licht
absolute Erkenntnis und Leben.
Das Licht der Wahrheit breitet sich nicht wie das
Sonnenlicht aus. Es lichtet, es ätherisiert, es transzendentalisiert den Raum, der sich in diesem Lichte auflöst und bis
zum Unendlich- Ewigen entgrenzt. Die Wahrheit ist Licht, nicht nur soviel wie
Licht.
„Wer die Wahrheit kennt, kennt es, und wer es kennt, der
kennt die Ewigkeit. Die Liebe kennt es.“ (Augustin, conf. 7,10)
Wie eine Zelle eines Organs nicht außerhalb des menschlichen
Körpers existieren könnte, so kann der menschliche Organismus auch ohne die
Zellen seiner Gewebe und Organe existieren. Die tiefe philosophische Sicht
dieser Erkenntnis werde ich im zweiten, theoretischen Teil ausführen. Alle
Fragen, aber auch alle Fragen zur Sinnfrage der menschlichen Existenz waren
damit offenbart: wir sind Zellen einer unfassbar größeren Existenzform, die
möglicherweise auch wiederum nur ein Organ einer noch höheren Daseinsform
bildet. Als mein Lehrer durch seine älteren chinesischen Schüler in London, mit
denen ich auch in ständiger Verbindung gestanden hatte, von dieser Erfahrung
erfuhr, bat er mich für einen Monat nach Bangkok zu einem speziellen Seminar
mit seinen ältesten chinesischen und thailändischen Schülern zu kommen. Ein
Spezialübersetzer stünde bereit. Symposium wird, wie könnte es in Platons Höhle anders sein,
oft genug mit Festmahl oder Trinkgelage übersetzt. Bei Platon geht es dabei
aber um etwas gänzlich anderes als im griechischen Volke. (...) es geht dabei
um er (Austritt aus dem Sein = Eintritt in die Stille).
Meditative Trunkenheit erfrischt, verjüngt und erweckt
verlorene Fähigkeiten aus früher Kindheit.
Dazu Goethe: „Jugend ist Trunkenheit
ohne wein.“ Ekstasis verweist auf nichts anders als „Heraustreten aus dem
vertrauten Bewusstsein“.
Es ist das, was man heute als „inniges Abschalten“
nennt, auch wenn die wenigsten Menschen wissen, wie intensiv es, mit
Unterstützung eines in jahrtausendelanger Tradition stehenden Lehrers werden
kann – lebensbedrohlich. Ekstasis in ein Hineintreten in die Welten des Tai Ji,
das Durchqueren des Tores (Men), die Erfahrung der „Traumfahrt des Parmenides“.
Es ist auch der Ein- und Aufstieg in die platonische „Welt der Ideen“, in das
Erfassen des Jenseitigen, Unergründlichen mit der unsterblichen Seele. Es ist
der Beginn der vier jenseits menschlicher Vorstellungskraft befindlichen „Flüge
des Taoismus“. Wie anders als durch meditative Trunkenheit in Selbstbewegtheit
in den kreiselnden formlosen göttlichen Wahnsinn (mania = Rausch), dem Tai Ji
begeben?
Oder wie der im Sufismus gegründete Dichter Rumi es erlebte:
„Ich brenne, brenne, brenne – freundet euch an mit eurem Brennen“.
Bangkok, Ende Januar bis Anfang März 2000.
Ausgerüstet mit einem speziellen Laptop mit
Satellitentelefon, welches mir die ständige Kommunikation mit dem
Koordinationsgremium unserer geplanten Konferenz ermöglichte, begab ich mich
zum ersten Mal nach Asien auf eine Reise ins Ungewisse. Am Flughafen wurde ich
von einem thailändischen Fahrer abgeholt und etwas außerhalb des ältesten Kerns
der Stadt zu einem kleinen, unauffälligen Hotel gebracht. Ein kleines, aber
sauberes und klimatisiertes Zimmer mit Dusche und Blick auf einen großen, von
einem kleinen Fluss durchzogenen Friedhof erwartete mich. Es kostete
umgerechnet zwei DM pro Nacht. Auf dem Bett befand sich eine englischsprachige
Notiz; ich sollte die anliegende Sackgasse hinuntergehen zu einem bestimmten
Gebäude und den Sicherheitsbeamten am Anfang der Strasse ein bestimmtes
Codewort sagen. Nach einer kurzen Dusche - es war unerträglich heiß und feucht
– ging ich nur mit einer weißen Jeans und einem weißen T-Shirt bekleidet unter
Zischen eines Lautes an mehreren, schwarz und bis auf die Bewaffnung
unauffälligen Sicherheitsläuten in die Sackgasse hinein. Alles erschien
unauffällig: einige winzige thailändische Imbisse, ein Gemüseladen, ein
Blumenladen, mehrere geschlossene Geschäfte, alles nach westlichen Maßstäben
etwas armselig und heruntergekommen. Nach etwa fünfhundert Metern endete die
Strasse an der Friedhofsmauer. Das zweitletzte Gebäude war etwas höher als die
anderen in der Sackgasse befindlichen Häuser, und: es standen lauter, zumeist
europäische Luxuslimousinen in zwei kleinen Gassen rechts und links von ihm
geparkt. Es erschien mit seinen, verstaubten
großen Fensterfronten zur Strasse hin gleichwohl verlassen. Ich blieb
vor der gläsernen Eingangstür stehen. Nach einiger Zeit kam jemand eine von
außen sichtbare Treppe herunter, öffnete die Glastür und sagte in gebrochenem
Englisch, das der Lehrer mich schon erwarten würde. Ein altes Sofa, mehrere
alte Sessel, in einem gläsernen Nebenraum ein langer, bestuhlter Tisch, mehrere
verschlossene Türen bildeten das große Erdgeschoß. Auf dem Weg nach oben
durchquerten wir den ersten Stock; ein riesiger, völlig leerer Raum lag vor
mir. Im zweitem Stock Stimmen, ich betrat den gleichen Raum, nun mit Stühlen
und einer riesigen Tafel ausgerüstet, und jemand begann zu singen: mein Lehrer.
Ungefähr zwanzig Chinesen standen auf und verneigten sich vor mir. Mein
Begleiter versuchte mir zu sagen, dass ich zu meinem Lehrer gehen sollte.
Unsicher ging ich an den Anderen vorbei und Lu gab mir lächelnd in europäischer
Tradition die Hand und schien den Teilnehmern irgendetwas von mir zu erzählen,
was ich nur an seinem wie immer fast gesungenem Heikooo glaubte erkennen zu
können.
Alle Chinesen kamen darauf zu mir und gaben mir mit einem
Lächeln und gegenseitiger Verneigung die Hand, darauf sprach Lu Jinchuan wieder
Hochmandarin und fuhr mit seinem Vortrag fort – natürlich verstand ich kein
Wort. Zahlreiche Stunden später begannen wir alle im ersten, leeren Stockwerk
mit der einzigen Übung (man könnte sagen: Meditation) der höchsten
philosophischen Schule des Taoismus, den spontanen Bewegungen in einem
besonderem Chi – Feld. Es erfasste mich in einer ungeheuer intensiven,
gleichwohl unbekannten sanften Art. Danach ging ich schlafen, schlafen,
schlafen…
Beginn einer Initiation
Ich hatte nicht die geringste Kenntnis, weshalb Lu Jinchuan
mich aufgefordert hatte zu diesem Seminar nach Bangkok zu kommen, noch keine
irgendwie geformte Ahnung, um welche Inhalte es gehen würde. Am nächsten Morgen
aß ich Eier mit Reis in einem der winzigen Imbisse in der Sackgasse und ging
dann zu dem seltsamen Gebäude, die Glastür war geöffnet. In dem abgetrennten,
gläsernem Raum im Erdgeschoss saßen mein Lehrer und ich glaube alle seine
älteren Schüler zusammen, Lu Jinchuan winkte mich herein. Er stellte mir meine
Übersetzerin, eine bekannte Journalistin aus Peking, vor und bestand darauf,
dass ich von nun an gemeinsam mit allen gegen acht Uhr morgens das Essen zu mir
nehmen sollte, nicht als Befehl, sondern als dringende Bitte. – Um tiefer in seine
Lebensweise Einsicht nehmen zu können. Yaozha, eine bekannte Journalistin aus
Peking (ich verändere die Namen aus weiter unten angeführten Gründen), blieb
bis zum Abschluss meines Aufenthalts als perfekt Englisch sprechende
Übersetzerin an meiner Seite. Begeistert, aber doch vorsichtig erläuterte sie
mir die offizielle Position der anderen Teilnehmer; die überwiegende Anzahl
waren chinesische Politiker in ehemaligen oder auch gegenwärtigen Ämtern, der
Rest einflussreiche thailändische Persönlichkeiten – alle in Opposition zur
Hauptlinie der vorherrschenden Politik der chinesischen Regierung, wenn auch
Amtsinhaber der Gleichen. Für mich kam dies völlig überraschend – war nicht der
philosophische Taoismus als völlig zeitlos und unpolitisch und weltfern in der
europäischen Literatur bekannt? Eines war auffallend: niemand am Tisch sah in
meiner Vorstellung (erst Recht nicht mein Lehrer) aus wie ein Chinese, den man
in europäischen oder amerikanischen Großstädten als Inhaber eines
Chinarestaurants oder ähnlichem wahrnehmen würde, in den Gesichter war etwas
geistiges, Überkulturelles warzunehmen. Lu Jinchuan bat uns in den zweiten
Stock und eine Assistentin begann Akupunkturnadeln nach seinen Anweisungen
auszuteilen - wie ich beobachtete, bekamen manche Anwesende fünf, manche drei,
ich zwei Nadeln. Ich bekam ein wenig Angst, vielleicht besser: Unruhe. In einer
kurzen Unterbrechung sollten wir uns dick anziehen, mit Anoraks, Lederjacken
oder Sakkos, dies bei durchschnittlich vierzig Grad Celsius. Und wieder auf die
Stühle setzen und die Augen schließen.
Lu Jinchuan begann zu zischen und ein Chi – Feld aufzubauen,
was sofort in mir bekannter Weise durch meinen gesamten Organismus rieselte.
Entgegen seiner Anweisung verfolgte ich, wie er bei jedem mir sichtbaren Anwesenden
die Nadeln setzte, manche Teilnehmer wurden in diesem Augenblick durchzuckt,
manche gingen in rhythmische Ganzkörperbewegungen, wenige blieben still. Auf
einmal stand er vor mir, lächelte, wohl wissend das ich halbgeschlossene Augen
bewahrte und setzte eine Nadel auf den Scheitelpunkt meines Schädels, die
zweite in die Mitte des Brustbeinknochens, ich spürte den Einstich, es war nur
ein geringer Schmerz obwohl er beide Male in den Knochen gestoßen hatte. Lu
Jinchuan zischte zu mir und meine Arme gingen seitwärts in die Höhe,
gleichzeitig begann mein Kopf wie von eisernen Händen geführt in eine
Drehbewegung, die einer Lemniskate (das mathematische Unendlichkeitszeichen)
entspricht zu gehen. Er lachte und zischte erneut zu mir. Völlig ungewöhnlich
für sein Verhaltensrepertoire, legte er mir seine Hand auf meine rechte
Schulter und ging. Mir rann in meinem weißem T-Shirt (ich hatte in der kurzen
Pause nicht genug Zeit gehabt, zum Hotel zu gehen) der Schweiß vom Kopf den
ganzen Körper herunter – als ich meine Augen öffnete, war meine Kleidung voller
Blut, es war nie Schweiß gewesen. Nach einer Stunde, es kam mir vor wie eine
Ewigkeit, sollten wir die Augen öffnen und aufstehen, fast niemand trug mehr
eine Nadel, die zu entfernen war, auch meine lagen in deutlicher Distanz zu
meinem Stuhl. Jeder sollte seine Akupunkturnadeln suchen und zu sich nehmen.
Danach ließen wir uns auf das veränderte Chi-Feld des Raumes ein und gingen in
spontane Bewegungen; die lemniskatische Kopfbewegung sollte mich bis zum heutigen
Zeitpunkt in Zuständen der vollkommenen Entspannung begleiten. In dieser
Struktur verliefen auch die kommenden Wochen: gemeinsames Frühstück, spontane
Bewegungen, Lehrabschnitte durchgeführt von Lu Jinchuan, Chi – Akupunktur,
spontane Bewegungen, gemeinsames Abendessen, Lehrabschnitt, spontane
Bewegungen, der Tag endete um 11 Uhr abends. Fast jede Nacht nahm ich ein
preisgünstiges Taxi nah zu den Parkanlagen des „Tempels der goldenen
Morgendämmerung“, Wat Arun. Eines Tages bat ich meinen Lehrer mir am folgenden
Tag frei zu geben, um die Stadt und die Kultur Bangkoks kennen lernen zu
können, er willigte erfreut ein. Am nächsten Morgen stand ich in einer endlosen
Schlange von Einheimischen und Touristen vor den Toren des Kaiserpalastes und
war kurz vorm Aufgeben als ein kleiner, uralt aussehender Mann mich mit
Heikooo... ansprach und sich in gebrochenem Englisch als „Mr. Dao“ vorstellte.
Es begann ein unvergesslicher Tag: den alten, gebeugten Mann (der hochvital und
gelenkig mich mit atemberaubender Geschwindigkeit bis kurz vor Mitternacht an
unzählige wunderbare Orte führte) schien jeder in der ganzen alten Stadt zu
kennen. An keinem Ort, in keinem Tempel mussten wir warten oder Eintritt
bezahlen, überall wurde er wie ein alter Bekannter begrüßt, wir sprangen von
Wasserboot zu Wasserboot und er versuchte mir die Geschichte der Stadt, die
Ursprünge der Kultur des Königreichs von Siam (Thailand, Laos, Kambodscha), die
gegenwärtige politische Situation und vor allem die Grundzüge der Volksmedizin
Thailands zu erklären... Lu hatte mir einen herausragenden Begleiter gegeben.
Natürlich lehnte er jede Bezahlung ab. Lu empfing mich gegen ein Uhr nachts
lächelnd am Eingang des unscheinbaren Seminarhauses. Auch wenn ich vieles nicht
verstand, er ließ mir mehrfach mitteilen, das ich hier sein sollte, um seinen
tiefen Stil der Vermittlung und Übertragung von Wissen und Erfahrung kennen zu
lernen, manchmal war es in seinem Schlafzimmer im obersten Stock des Gebäudes
mit nur wenigen eingeladenen Teilnehmern, sie waren zumeist länger als acht
Jahre seine Schüler. Dieser Unterricht hatte einen für westliche Gelehrte etwas
ungewöhnlichen Rahmen: in einem spartanisch eingerichteten großen Schlafraum
befanden sich acht oder zehn unbequeme Holzstühle und mein Lehrer saß auf einem
ebensolchen vor den eingeladenen Schülern. Allerdings mit hochgekrempelten
Hosen mit den Füßen in einer großen Wasserwanne und ließ sich fast den ganzen
Unterricht von einer wunderschönen Assistentin die schwarzen Haare immer nach
hinten kämmen. Weniger ernst, aber spaßhaft und wütend zugleich stellte er mit
seiner singenden Stimme Einzelnen Fragen (ich konnte nicht folgen, meine
Übersetzerin kam aufgrund des Eifers der Diskussionen überhaupt nicht mit), die
diese mit großer Ernsthaftigkeit oder ebenfalls unter Wutanfällen, manchmal vom
Stuhle aufstehend und/oder wild gestikulieren beantworteten. Oft begannen Lu
und andere scheinbar aufgrund der Antworten sich in Lachsalven zu äußern. Alles
erschien mir wunderbar und seltsam zugleich durchdrungen von einer großen
Harmonie. Darüber hinaus fiel mir auf – nicht wenn ich im Kreis der Schüler
mich befand, aber auf dem Weg zu meinem Zimmer und auf meinen nächtlichen
Ausflügen zum Wat Arun – das er kontinuierlich an der Entwicklung unserer
Energiefelder arbeitete und mich Schritt für Schritt mit der Chi – Akupunktur
höher hob. Es war das Gegenteil von dem, was ich meine besorgten Freunde
erhofft hatten – Lu bremste meinen Prozess nicht ab, stattdessen intensivierte
er ihn.
Erst in Bangkog erfuhr ich durch Lu, das ich den „Kleinen
Pass des Wahnsinns“ durchquert und damit den ersten Flug des Taoismus vollzogen
hatte. Ernst und für mich unvorbereitet erklärte mir mein Lehrer, das während
dieses Geschehens auch manche Schüler in lebensbedrohliche Erfahrungen kommen,
ja Einige während der ersten zwei Flüge sogar sterben würden. Die Intensität
des „Brennens“ und der damit einhergehenden energetisch/physiologischen
Körperreaktionen seien nur grenzwertig zu verkraften. In der taoistischen
Erfahrungswelt muss der Schüler – metaphorisch „das Landen“ lernen. Lu teilte
mir mit, das beim ersten Flug jeder Schüler körperlich und geistig am Boden
zerschellt, sich Monate von dieser überwältigen Energieerfahrung erholen muss,
um diese in seiner Existenz verkörpern zu können. Der zweite Flug, den mein
Lehrer in Thailand initierte, wäre ähnlich gefährlich, weil er nach einigen
Tagen die „Flughöhe“ des Vorangegangenen übertreffen soll – auch dabei ist
keine sichere „Landung“ möglich, die Schwere der seelisch/körperlichen
Erschütterung aber bei nun erlernten Verhalten weniger ausgeprägt. Der dritte
Flug sollte aus nun bekannter „Flughöhe“ mit einer beherrschten, sorgsamen
Landung beendet werden. Der vierte und letzte Flug geht in die Unendlichkeit –
eine Rückkehr ist nicht mehr vorgesehen. Um es anders zu beschreiben: die erste
Übertragung und Kontaktaufnahme mit dieser geistigen Tradition wird als Samen –
der Zhongze –von dem Lehrer und Stammhalter dem Schüler gegeben, nach langer
Entwicklung wird der Schüler vor dem dritten Flug zu einer ihm unbekannten Zeit
an einen ihm unbekannten geleitet oder geführt. Der Schüler ist nun unter der
Leitung von Himmel und Erde, er steht keinem persönlichen Lehrer mehr
gegenüber.
(Laotse: die Eins erzeugt die Zwei, die Zwei gebiert die
Drei (Himmel – Erde – Mensch), Himmel und Erde übertragen den Zhongze in diesem
Kontinuum, sie sind nun die Lehrer des Schülers geworden. Den letzten, dritten
Samen erteilt zu der gegebenen Zeit der größte Lehrer: das Universum, der
Kosmos, die Schöpfung. Dies geht einher mit dem Zurücklassen des physischen
Körpers, das Tai Ji Feld des Adepten verbindet sich mit dem der Unendlichkeit,
es kehrt heim zu den Räumen, aus denen es gekommen ist. „Unser höheres Streben
ist es, unser Bemühen, über uns selbst hinauszuwachsen und unser höchstes Ziel
völliger Erleuchtung zu verwirklichen, was uns unsterblich macht – nicht die
Dauer einer unveränderlichen Einzelseele, deren ewiges Gleichsein uns vom Leben
und Wachstum und von dem unendlichen Abenteuer des Geistes ausschließen und uns
auf ewig zu Gefangenen unserer eigenen Beschränktheit machen würde.“ (Lama A.
Govinda) Wir könnten auch „Erleuchtung“ durch „Erlichtung“ ersetzen ...
Der Weg zum Erreichen des Tao ist also ein stufenartiger,
nicht ungefährlicher Prozess, der noch im Rahmen der körperlichen Existenz –
vor dem letzten Zhongzhe - in einem Moment gipfelt, in dem sich alle Kräfte im
Menschen sich der Ordnung des so genannten frühen Himmels gestalten, wodurch
der Mensch eins mit dem Tao werden kann. Im Gegensatz zu einer linearen Entwicklung
bedeutet die von Himmel und Erde erteilte Übertragung, dass die so genannte
Unsterblichkeit kein Zustand sein muß, der nach einem langen Umwandlungsprozess
auf das gewöhnliche Leben erfolgt, sondern auch eine Daseinsweise im Leben
beschreiben kann, die möglicherweise begrenzte Dauer hat und sich alternierend
mit dem gewöhnlichen Daseinszustand eines Menschen ereignen kann – so wie es
das Gesetz des zyklischen Wandels von Yin und Yang andeutet. Die Vision einer
endgültigen Vereinigung mit dem Tao ist in mit dem letzten Zhongzhe, erteilt
durch den Kosmos, vorbehalten.
„Und wovon ich immer ausgegangen bin, ich werde dorthin
zurückkehren“ sagt die Göttin zu Parmenides in unserer westlichen Kultur.
Die Yang – Seite der Sinne
Der Chinesischen Philosophie zu Folge werden alle Menschen
mit 12 Sinnen geboren (neben den uns im Westen bekannten Sinnen wie sehen,
riechen, tasten, hören, schmecken gehört in der Chinesischen Tradition auch das
Bewusstsein als sechster Sinn dazu); diese haben eine yin- und eine yang-funktion.
Die yin-Funktion der Sinne ist auf die uns als Erwachsene bekannte Welt des
Seienden, Materiellen gerichtet, die yang-Funktion auf das sublime,
feinmaterielle, Allem zugrunde liegenden Sein. Wir wissen aus der Neurologie,
das im ungefährem Alter von vier bis fünf Jahren in unserem Gehirn aus bisher
unerklärlichen Gründen Milliarden von Nervenzellen inaktiv werden. Es handelt
sich hierbei um die Deaktivierung der yang-Seite der Sinnesfunktionen. Da wir
als Erwachsene diese Sinne nicht mehr wahrnehmen, werden sie in der Entwicklung
des Säuglings auch nicht mehr gefördert – sie verschwinden fast, so wie die
Muskeln bei einem sehr lange in Gips befindlichem Arm atrophieren (verkümmern).
Möglicherweise kennen viele Eltern, das ihr kleines Kind, allein oder mit
Haustieren etwas mit den Augen durch den Raum sich Bewegendes verfolgt und
vielleicht Laute des Erstaunens von sich gibt – wir aber sehen dort nichts,
obwohl Kind, Hund, Katze durch etwas uns er
unsichtbar Erscheinendes wahrnehmen würden. Durch die
Verwendung von Substantiven, die immer auf etwas materielles, durch unsere
yin-Seite der Sinne wahrgenommenes hinweisen geht die Wahrnehmung der subtilen
feinmateriellen Seite der uns umgebenden Welt im Kleinkind immer mehr verloren.
Die Anlage der yang-Funktionen aber kann nie verloren gehen, so wie ein nicht
benutzter Muskel sehr schwach werden, aber nicht verschwinden kann. Die
zentrale Meditationsübung des Tai Ji Men fördert auf natürliche Weise die
Wiedererweckung dieser verloren gegangenen Sinnesfunktionen: eine von uns
Erwachsenen vergessene Welt wird nach einiger Übungsdisziplin wieder
gegenwärtig – in gewisser Weise gewinnen wir unsere vollständige Existenz
zurück. Seit fast zwanzig Jahren erforscht die staatliche
Untersuchungskommission zur Untersuchung der Qi – Gong Wissenschaften in der VR
China zeitweilig unter dem Vorsitz von Prof. Lu Jin Chuan, die Entwicklung
paranormaler Fähigkeiten insbesondere bei praktizierenden jungen Menschen.
(evtl. Einschub historische Entwicklung Mao, Beidahe –
Sanatorium, „Qi – Gong – Fieber“, Massenmeditationen, Massenpublikationen,
unkontrollierte und unerwartete Entwicklung, Mix von Mi – Buddhismus und
Taoismus, Falun Gong und Unterdrückung)
Schon vor Jahrtausenden entdeckte der Taoismus, daß in jeder
menschlichen Körperzelle eine Vielfalt von Funktionen gespeichert ist, diese
sind zum Teil in einem „schlafenden“ Zustand und wieder erweckbar durch die
spontanen Bewegungen der Übungspraxis des Ta Ji Men. In der westlichen Medizin
wissen wir erst seit kurzer Zeit, das große Teile der Erbsubstanz DNS, so
genannte Telomere, überhaupt nicht aktiviert sind aber theoretisch ablesebereit
zur Verfügung stehen! Ich möchte dies an dieser Stelle an den Zellen der
Hautoberfläche erläutern. Derart unglaublich wie es sich anhören mag: an
zehntausenden von normalen Bürgern der VR China wurde nach andauernder
Übungspraxis eine bis dahin unbekannte Sinnesfunktion der Hautzellen gefunden:
Jede untersuchte Person konnte große Buchstaben mit jeder
nicht vernarbten oder beschädigten Hautzone lesen, auch mit nicht verhornten
Fußsohlen. Ein scharfes, focussiertes Sehen ist durch die nicht vorhandenen
Gewebe wie Linse, Glaskörper und Netzhaut des normalen menschlichen
Augenapparates verständlicherweise nicht zu erreichen. Bekannterweise tragen
fast alle hoch entwickelten Kampfkünstler wie z.B. in der Tradition der Shaolin
– Mönche eine Glatze – um in der Verteidigung oder im Angriff eine gewisse
Rundumsicht zu haben: schemenhafterweise nehmen sie auch Bewegungen hinter
sich war und können darauf entsprechend reagieren. Um ein im Westen bekanntes
Beispiel zu erwähnen, das auch in unserer Wissenschaft als gut erforscht gilt:
fast jeder Mensch kennt das Gefühl von hinten angestarrt zu werden und entdeckt
beim Zurückblicken, das dies oftmals der Fall ist... Diese Beispiele lassen
sich zahllos vermehren. Im Taoismus nennt man diese Fähigkeiten, die ihre
Erklärung in der Wiedererweckung der yang-Funktionen der Sinne finden,
„Wundertechniken“ oder fashu. Auf ihre Anwendung wird im Tai Ji Men keine
Bedeutung gelegt, im Gegenteil: sie trüben „die Linse“, das Bewusstsein als
sechste Sinnesfunktion (mit yin- und yang-Funktion) in der chinesischen
traditionellen Philosophie. Eine Ausnahme bildet die Chi – Medizin, in der die
Anwendung der yang-Funktionen in der Diagnose und Behandlung von Krankheit eine
bedeutende Rolle spielt. Auch besitzen Kleinkinder, manche von uns als
psychisch erkrankt bezeichnete Menschen und selten Opfer von Unfällen oft
zeitweise solche Fähigkeiten und werden von uns – da wir diese Wahrnehmungen
fast völlig verloren haben – als „verrückt“ diagnostiziert. Oft werden
dämpfende Medikamente, oft starke Neuroleptika, eingesetzt um diese Funktionen
zu unterdrücken. Im Gegensatz dazu sind in sehr alten Kulturen die entrückten Schamanen
die Ratgeber der Gemeinschaft; diese versetzen sich oft rituell in Tranze und
Extase, um Krankheiten zu heilen oder die Lösung von Problemen zu finden. Die
Offenlegung dieser vollständigen Sinne birgt jedoch auch Verführungen und
Gefahren des Missbrauchs mit sich.
Das Chi als Schlüssel zum Verständnis der asiatischen
Traditionen
Wie aus meinen persönlichen Schilderungen hervorgeht, ist
der Begriff des Chi, im Westen zumeist in begrenzender Interpretation als
„Energie“ übersetzt, grundlegend zum Begreifen des unermesslich weiten, alten,
auf jahrtausendelanger Überlieferung beruhenden Wissens, das weit über unser
auf materielle Vorgänge fixiertes Verständnis der uns umgebenden
Weltwirklichkeit hinausreicht. Bevor ich diesen Begriff als Schlüssel verwende,
um die hohen Schulen des Taoismus zu erläutern, werde ich diesen Terminus zu
erläutern versuchen.
Exkurs über das Chi
Der Begriff einer Lebenskraft bzw. Lebensenergie hat sich im
nicht nichtabendländischen Kulturkreis unter den verschiedenen, nachfolgend nur
in Ausschnitten aufgeführten Termini niedergeschlagen:
Ägypten..................................ka, ga-ilama
China......................................Chi
Indien.....................................prana
Tibet.......................................mana
Hawaii....................................mana mana
In der griechischen Philosophie führten die Mieser Thales
(625-545 v. Chr.) und Anaximedes (585-528 v. Chr.) alles Seiende als eine feinen Urstoff, ähnlich dem Wasser oder der
Luft zurück. Es ergaben sich innerhalb der griechischen Philosophie zwei
Ansichten. Die eine ging davon aus, das "alles ruht", wie Parmenides
aus Elea (540-470 v. Chr.), die andere behauptete "alles fließt" wie
Heraklit. Grundlegend herrschte eine Philosophie vor, die alles Seiende als
eine Kombination von Feuer, Wasser, Erde und Luft hielt, wobei den Elementen
Feuer und Wasser eine besondere Bedeutung zukam. Es ergaben sich zwei
Richtungen: Die eine bevorzugte die Partikelvorstellung, assoziiert mit der
Kraft des Feuers, weil es alle Dinge zerteilt. Die andere bevorzugte ein
fließendes, alles durchdringendes Konzept, das von Aristoteles als "Äther"
bezeichnet wurde.
Im westlichen, bereits naturwissenschaftlich geprägten
Kulturkreis kristallisierte sich mit der Aufstellung des Energie - Erhaltungssatzes gegen Ende des 19.
Jahrhunderts ein Energiebegriff, der vom Wort energeia ausgehend in der Paarung
mit Dynamis zu einer höheren, göttlichen Kraft mutierte, der je nach
weltbildlichem Konzept mit verschiedenen Bezeichnungen wie vis operandie, vis
divina gleichgesetzt wurde.
Der Begriff energeia und seine Entlehnungen in germanischen
und romanischen Sprachen der Neuzeit entwickelte sich von einem pantheistischem
Konzept zu einer abstrakten Größe, die berechenbar wurde oder zu sein erschien,
solange es für einen begrenzten oder definierbaren Raum galt.
Die Grundlage der energetischen Theorien, die auch im 20. Jahrhundert
vor allem durch den Arzt und Naturforscher Wilhelm Reich (1897-1957)
wiederentdeckt und weiterentwickelt wurden, haben der Chemiker und Philosoph
Wilhelm Ostwald ( 1853-1932) und der Naturphilosoph Ernst Haeckel (1834-1919)
gelegt. Ostwald erhielt für seine Forschungen zur Katalyse 1909 den Nobelpreis
für Chemie. Er war ein Gegner der Atomtheorie auf der Grundlage einer
materialistisch orientierten Erkenntnisgewinnung. Seine natur- und
geisteswissenschaftlichen Auffassungen sind als Energetik oder als
energetischer Monismus bekannt. Haeckel schrieb Grundlagenwerke zur
monistischen Philosophie und nannte die Lebenskraft "inponderable
Materie".
Der o.g. Monismus ist als grundlegendes Konzept bei vielen
Philosophen durch die Jahrtausende zu finden. Der Begriff ist griechischer
Herkunft und leitet sich von dem Begriff "mono" ab, was
"allein" oder "einzeln" bedeutet Er versucht im Gegensatz
zu den dualistischen Konzepten, die Vielfältigkeit der Welt auf eine einzige Wirkkraft zurückzuführen. Seine
gedankliche Grundlage ist auch die Forschung nach einem einheitlichen Urstoff.
Mit den Veröffentlichungen Ostwalds und Haeckels bekam allerdings der Monismus
wieder eine stärkere geistige und psychische Komponente, was dazu führte, dass
der Begriff der Energie gleichzeitig in eine materialistisch-rationale und
psychisch-idealistische Theorie eingebettet wurde. Er wurde hier wieder, nun
aber im inzwischen naturwissenschaftlichen Europa, zum Ausdruck für eine alles
bewegende Kraft, die sowohl spirituell als auch naturwissenschaftlich
aufgefasst werden konnte. Dies lieferte die Grundlage für die Ausweitung des
Begriffs in den psychologischen Bereich, deren bekannteste Wegbereiter später
Sigmund Freud und Carl Gustav Jung waren.
Der wohl bedeutendste Schüler Freuds, Wilhelm Reich,
widmete sein Lebenswerk der Übertragung und Grundlegung des
Libidokonzepts seines Lehrers in die Entwicklung fundamental neuer Ansätze in
der psychosomatischen und später energetischen Medizin. Reich führte in einem
Zeitraum von über zwanzig Jahren Mitte des vergangenen Jahrhunderts
naturwissenschaftliche Experimente im Bereich der Mikrobiologie,
Bioelektrizität, Physik, Meteorologie zum Nachweis einer primordialen, d.h.
allen Naturerscheinungen und -vorgängen zugrunde liegenden Energieform, die er
Orgon" nannte, durch. Seine hierdurch gewonnenen Erkenntnisse führten ihn
als Arzt auch zur erfolgreichen Anwendung dieses Wissens u.a. in der
Krebstherapie schulmedizinisch nicht mehr behandelbarer Patienten. Wilhelm
Reichs theoretisch zunächst bedeutsamster Ausgangspunkt ist außer bei seinem
zeitweiligem geistigem Mentor Sigmund Freud v.a. bei dem französischem
Philosophen Henri Bergson (1859-1941) zu finden, dessen Konzept eines elan
vitale bedeutenden Einfluss ausübte. Er
vertrat ebenfalls die Ansicht, dass allem organischen Leben eine besondere
Lebenskraft innewohnte, die wahrnehmbaren chemischen und physikalischen
Vorgänge übersteigt und daher allen biologischen Vorgängen übergeordnet sein
muss. Bergson ist wohl der einzige
Monist, dessen Werk im Chinesischen Kulturkreis aufgrund der vorhandenen
Ähnlichkeit mit dem Chi - Konzept der ältesten ungebrochenen Kulturtradition
der Menschheit, dem Taoismus, gleichesetzt werden kann. Interessanterweise hat
sich Wilhelm Reich, dessen Bücher nie in der VR China übersetzt wurde, erst
gegen Ende seines Lebens mit der asiatischen Kultur auseinandergesetzt,
allerdings waren die Lebensenergiekonzepte des Taoismus auch unter der
damaligen politischen Führung zum ersten Male seit fast 5000 Jahren ungebrochener
Tradition für mehrere Jahrzehnte unterdrückt und kamen erst durch die aus
ökonomisch motivierten staatlichen Interessen eingeführte Chigong - Bewegung
Anfang der achtziger Jahre wieder zum Vorschein. Die verblüffende erscheinende
Ähnlichkeit des Orgon- und des Chi-Konzepts fanden auch in den Aussagen der
Tochter, Ärztin und Mitarbeiterin Reichs, Dr. Eva Reich und des Stammhalters
der höchsten philosophischen Schule des Taoismus, Prof. Dr. Lu Jinchuan, ihren
Niederschlag. Erstere erklärte, dass der Taoismus Jahrtausende von Jahren sich
der Erforschung der Lebensenergie und den Naturerscheinungen widmen konnte, und
das ihr Vater dafür nur sechzig Jahre zur Verfügung gestanden haben, Letzterer
erklärte nach der Privatübersetzung des Spätwerks Wilhelm Reichs aus der
englischen in die chinesische Sprache durch seine Schüler, das er Reich für den
am Weitesten gekommenen Forscher des Westens halten würde. Auf der Grundlage
dieser Aussagen werde ich nach der ausschnittartigen historischen Herleitung
des westlichen Lebensenergiekonzeptes auf das Wissen der Chinesischen Kultur
über das Chi vertiefend eingehen.
Chi-Konzepte im Daoismus
Übersetzungen von Chi
"Chi" wurde und wird im angloamerikanischen Raum
fast immer mit "Energie" übersetzt und allgemeinsprachig dem Begriff
einer "Lebensenergie" gleichgesetzt. In Wirklichkeit bezeichnet Chi,
nur im Kontext übersetzbar, den gesamten Kreislauf der Transformation des
Wassers vom Grundwasser hinauf in die Welt der Pflanzen, vom Tautropfen zum
Nebel über den Feldern, vom Nebel bis zum Aufstieg durch Verdunstung zu der
Bildung von Wolken am Himmel, von der Verdichtung der Wolken bis zum
Herabregnen auf die Erde, von dem Einsickern bis zum Grundwasser in der Tiefe,
vom Aufstieg in die pflanzliche Welt bis zur Verdunstung. Die Chinesische
Kalligraphie für Chi zeigt symbolisch die Nebeltropfen über den Reisfeldern.
Weitere in der westlichen Literatur zu findende Übersetzungen sind: Leben
spendendes Prinzip, Veranlagung, Kraft, Dampf, Gas, Wetter, Luft, Einflüsse,
Atem oder materielle Kraft. Im Vergleich dazu sind in der Gesamtenzyklopädie
der Chinesischen Sprache, dem Zhongwen Dazi-dian, 21 verschiedene Eintragungen
zur Bedeutung von Chi als einzelnem Zeichen zu finden.
Interessant ist auch die Verwendung des Wortes Chi in
Binomen:
Neben den philologischen Erklärungen des Piktogramms Chi im
Wörterbuch "Shouen" scheint sich das Bedeutungsspektrum von
"Chi" in der traditionellen Chinesischen Medizin und in den
Naturwissenschaften zu einem außerordentlich großen Spektrum verbreitert zu
haben. Die Verwendbarkeit als Binomen führte zu einer Anwendung in
verschiedensten Wissensbereichen, damit aber auch zu einer Vermischung von
Bedeutungen. Unterschiedlichste Konzepte wurden unter einem Dach – dem Begriff
des "Chi" – zusammengeführt, die weitgehend unklar erscheinen und
bisher keine einheitliche Definition in westlichen Sprachen zulassen. "Das
gilt auch für die traditionelle chinesische Medizin, denn wenn man die beiden
Bücher des wohl ältesten und wichtigsten Gesamtwerkes der Chinesischen Medizin,
des ‚Huangdi Neijing' (Der innere Klassiker des gelben Kaisers) und seine
beiden Teile ‚Suwen' (Reine Fragen) und ‚Lingshu' (Geisthafte
Problemstellungen) untersucht, wird man feststellen, dass in diesem Werk zwar
mit einem Konzept von Chi gearbeitet wird, allerdings nirgends und niemals je
erklärt wird, was Chi als solches eigentlich ist. Spezifizierungen werden
lediglich hinsichtlich der Wirkung von Chi oder der verschiedenen Ausformungen
des natürlichen Erscheinungsbildes von Chi in der Natur oder innerhalb des
Körpers gemacht."
Im Folgenden werde ich den Versuch einer philosophischen
Klärung des Begriffs Chi in der Tradition der bis in die Mitte der 80er-Jahre
des vergangenen Jahrhunderts geheim gehaltenen Schule des Taiji Men versuchen.
Taiji bedeutet "vor dem Anfang und nach dem Ende der Existenz". Der
Begriff taiji wurde in der chinesischen
Literatur zum ersten Male von Dschuangtse verwendet. Ursprünglich waren ihm
verschiedene Bedeutungen zugeordnet. So konnte taiji den Himmel oder ein
ursprüngliches Prinzip bezeichnen oder war in die Phasen der Weltentstehung
eingegliedert. Im siebenten Jahrhundert n. Chr. trat dieser Begriff immer mehr
in metaphysischer und kosmologischer Bedeutung in Erscheinung und wurde als das
„Allerhöchste“ verwendet. Auch wurde der dem Menschen angeborene Funke
spirituellen, ja geistigen Lichtes so bezeichnet, dieser ist der Gestalt und
Persönlichkeit übergeordnet. Das taiji wird auf diese Weise über die
Erscheinungswelt erhöht, ist aber dennoch insofern Bestandteil der
Erscheinungswelt, als es etwas Seiendes darstellt und erst mit der Zeugung im
Menschen angelegt wird, also zu dem Zeitpunkt, an dem ein Individuum Gestalt
gewinnt. Anders verhält es sich mit dem Begriff der höchsten Leere (wuji), die
schon vor der Zeugung besteht, aus diesem Grunde vom Gestalthaften vollkommen
unabhängig ist. In alchemistischen Texten taoistischer Schulen ist taiji auch
das ursprüngliche Antlitz eines Menschen, der Wesenskern, der den wahren
Menschen kennzeichnet und unabhängig von dessen leiblich-seelischer Gestalt
besteht.
Men bedeutet Tor.
Diese Schule ist in der Volksrepublik China die anerkannt höchste
philosophische Schule des Taoismus. Tai Ji Men unterteilt den Bereich der
gesamten, auch der für uns nicht wahrnehmbaren Welt in zwei verschiedene
Sphären: der des wu (des Nichts) und der des you (der Existenz). Alle Dinge,
d.h. auch die menschliche Existenz, kommen aus dem Wu, existieren nach der
Zeugung für einige Zeit im You, um dann im Verlöschen, dem Tod, zurückzukehren
in das Wu. Das diesen Prozess (vom Wu zum You zum Wu) vermittelnde und
überbrückende Agens ist Chi.
Je näher das Chi sich dem Bereich der Materie (You, der
Existenz) nähert, desto dichter wird und interagiert es mit den Gesetzen der
für uns erfahrbaren Wirklichkeit. So ist das Chi, das bestimmte chinesische
Heiler und Kampfkünstler durch ihre Hände abstrahlen können (waichi – das harte
Chi) wissenschaftlich nachweisbar und wird seit mehr als zehn Jahren von der
staatlichen Untersuchungskommission für Chigong-Wissenschaften erforscht.
Tatsächlich handelt es sich hier um eine sehr einfache, lenkbare Funktion.
Sanftes, heilendes Chi, das fortgeschrittene Heiler
einsetzen, kann bisher nicht wissenschaftlich messbar erfasst werden; seine
Effekte in Bezug auf die Hemmung von Bakterienwachstum und der Steigerung der
Sprossung von Samen verschiedenster Pflanzenarten ist jedoch einwandfrei
dokumentiert. Infrarot- und Magnetfeldmessungen zeigen hier im Gegensatz kein
Ergebnis.
Das Chi erfahren
Um einen (zu) einfachen Vergleich zu versuchen: wenn Chi
einige Eigenschaften des Wassers haben sollte, so hätte es auch flüssige, gasförmige
und kristalline Aggregatzustände – doch hat es zahlreiche mehr. Menschen können
das Chi unter besonderen, aber einfach herzustellenden Umständen wie einen
bewegten Ozean von Wasser oder Luft erfahren. Es jedoch im übertragenen Sinne
zu Eis gefrieren zu lassen, um damit in Kampfkunst und Medizin umzugehen,
erfordert jahrelange Übung: dies gilt umso mehr für den subtilen, gasförmigen
Zustand.
Der Philosophie des Tai Ji Men entsprechend werden die
Menschen vom Universum erschaffen, und der menschliche Körper stellt einen
Mikrokosmos dieses Makrokosmos dar. Die Strukturen des Organismus
korrespondieren mit den Strukturen der natürlichen Welt. In der Natur
unterstützt das Wasser der Flüsse und Seen alle lebenden Dinge, so wie das Blut
im Körper alle Zellen und Organe nährt. In diesem Bild entsprechen das Wasser
und die Flüsse dem Blut und den Adern der organischen Welt. Darüber hinaus gibt
es noch die Luft, unsichtbar, aber von fundamentaler Bedeutung für den
überwiegenden Teil der Existenz auf diesem Planeten. Metaphorisch entspricht
sie dem Chi. Wie können wir die Luft erfahren, wie kann man das Chi erfahren?
Wir können die Existenz der Luft nicht fühlen, solange sie unbewegt ist oder
wir uns selbst nicht bewegen. In dem Moment, in dem die Luft sich in Bezug auf
uns bewegt und zu einem Luftzug oder Wind anschwillt, können wir sie fühlen.
Metaphorisch verhält es sich in gleicher Weise mit dem Chi. Wenn das Chi den
Körper bewegt, wird der Körper in bestimmte Bewegungen kommen, und der Mensch
ist in der Lage, es zu fühlen. Die Übungsmethode hierzu bilden die so genannten
"spontanen Bewegungen des Taiji Men". Shi Fang Wu Ji Dang (spontane
Bewegungen in einem besonderen Zustand) oder die Praxis von Wu wei sind die
Hauptmethode der Selbstbehandlung in der Chi Dao Medizin. Nach vollständiger,
durchgehender Entspannung werden die Selbstheilungskräfte der Patienten wieder
aktiviert, so dass diese Krankheiten sich selbst ausheilen können. Diese
Methode kann einen sehr großen Bereich von Erkrankungen heilen. Insgesamt
betrachtet beeinflusst sie jede menschliche Krankheit. Die entscheidenden
Faktoren sind erstens der Grad der Entspannung, die ein Patient erreichen kann,
und der Schweregrad der Erkrankung.
Zum Wuwei
Alle der Stille zugewandte Aktivität wird als wuwei, alle
zur Sinneswelt gerichtete Aktivität als youwei bezeichnet; es handelt sich bei
dieser Gegensätzlichkeit um Handeln und Vollbringen bzw. um Nichthandeln oder
Ruhen. Wo aber der Mensch nicht handelt, sondern ruht, da wirkt und schafft die
Natur (ziran) aus ihrem eigenen Antagonismus von Sein und Nichts, und je
nachdem, was vorherrscht, ergibt sich youwei – das Sein wirkt – oder wuwei –
das Nichts wirkt. Da der Mensch als existierendes Lebewesen selbst zum Sein
gehört, so handelt in seinem gewöhnlichen Handeln das Sein gewissermaßen immer
mit, nicht aber das Nichts. Dadurch
kommt ein gewisses ontologisches Ungleichgewicht in alle Dinge, die der Mensch
unternimmt. Er kann aber seinerseits etwas dazu tun, dass dieses
Ungleichgewicht aufgehoben wird, nämlich eben dadurch, dass er auch dem Nichts
die Gelegenheit verschafft, sich in der Wirklichkeit Geltung zu verschaffen.
Eben dies geschieht, wenn er nicht handelt,
das Nichts zur Wirkung gelangen lässt, denn so können wuwei und youwei
in ein Gleichgewicht kommen. Dies ist der Grundgedanke der Philosophie Laotses.
Um aber einem Missverständnis entgegenzuwirken, das in der abendländischen
Kultur verbreitet ist: weit davon entfernt, zum „Nicht-Handeln“ aufzurufen,
schätzt Laotse ab, wo zu handeln und wo nicht zu handeln ist. Und das bedeutet,
eventuell in die Natur der Sachen so einzugreifen, dass sie sich entweder von
selbst entwickeln oder dass ihre natürliche Entwicklung gefördert und
unterstützt wird. Selbstentwicklung und Selbstregulation aber ist nicht nur das
Wirken des Seins (youwei) sondern auch das Wirken des Nichts (wuwei).
Ersichtlich ist wuwei dort am stärksten, wo etwas (aus dem Nichts) entsteht und
wo es wieder (ins Nichts) vergeht. Deshalb ist die Aufmerksamkeit dieser
Philosophie auf die Beginne und Anfänge und auf das Scheitern und den Tod
gerichtet. Durch das Umgehen damit folgt der Mensch dem Weg des Tao. In den
Worten Laotses: „Was noch ruhig ist, lässt sich leicht ergreifen. Was noch
nicht hervortritt, lässt sich leicht bedenken. Was noch zart ist, lässt sich
leicht zerbrechen. Was noch klein ist, lässt sich leicht wegmachen. Man muss
auf das Einwirken, was noch nicht da ist. Man muss ordnen, was noch nicht in
Verwirrung geraten ist. Ein Baum von einem Klafter Umfang entsteht aus einem
haarfeinen Hälmchen. Ein neun Stufen hoher Turm entsteht aus einem Häufchen
Erde. Eine tausend Meilen weite Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Wer
festhält, verliert. Darum handelt der echte Mensch durch das Nichts.“ - noch einmal: zur Wirkung-gelangen-lassen
des Nichts...
Das Chi in der Heilkunst
Wie oben erwähnt, kann Chi auch zur Behandlung menschlicher
Erkrankungen eingesetzt werden. Zwischen westlicher Medizin, traditioneller
Chinesischer Medizin (TCM) und Chi-Medizin bestehen hier bedeutsame Unterschiede.
Westliche Medizin beruht auf der Behandlung vorliegender
körperlicher Störungen. Im letzten Jahrzehnt wurde versucht, auch nahezu alle
psychischen Erkrankungen auf eine physische Störung der Überträgerstoffe im
Gehirn zurückzuführen. Die westliche Medizin beruht auf naturwissenschaftlichen
Vorstellungen und Erkenntnissen darüber, wo sich ein Organ befindet und wie es
zellulär funktioniert. Man kann sie als Organmedizin bezeichnen.
TCM basiert auf den funktionellen Erscheinungen der Organe.
Diese Medizin bezieht sich nicht auf die physische Existenz der Organe, sondern
auf ihre Funktionen. In der TCM befindet sich z.B. die Leber auf der linken
Seite – obwohl die physische Leber auf der rechten Seite lokalisiert ist,
erscheinen ihre Funktionen auf der linken. Für diese medizinische Richtung ist
es nicht ausschlaggebend, wo exakt ein Organ sich im menschlichen Körper
befindet, wichtig sind vielmehr seine den gesamten Organismus beeinflussenden
Funktionen. Die TCM kann also als eine Organerscheinungs-Medizin betrachtet
werden.
Für die Chi-Medizin ist weder die nach westlicher Ansicht
bedeutsame Lage noch der Blickwinkel der TCM auf die Funktion das
Entscheidende. Bedeutsam ist das Chi-Feld des Organs, man könnte sogar sagen:
der Geist des Organs. Nicht die exakte Lokalisation der Leber noch die
Funktionen sind in dieser Herangehensweise das Wesentliche. Entscheidend ist
die Lage und die Ordnungsstruktur des Chi-Feldes.
Ein Exkurs über die Chi-Medizin
Um diesen zentralen, im Westen unbekannten Ansatz zu vertiefen,
werde ich im Folgenden auf die Vorstellung der Chi-Medizin am Beispiel des
menschlichen Herzens eingehen. Wenn darin geistige und körperliche Aspekte
angesprochen werden, gilt es zu bedenken, dass in der taoistischen Philosophie
beide Aspekte eins sind. Vereinfacht ausgedrückt ist der geistige Aspekt die
Kraft, die dafür sorgt, dass verschiedene Elemente als Einheit
zusammenarbeiten. Beide Aspekte haben Auswirkungen aufeinander, entwickeln und
durchdringen einander.
Die grundlegenden taoistischen Vorstellungen über das Leben
bilden den Schlüssel zur Chi-Medizin. Dazu zitiere ich ausführlich Tom Zhang
und Carol Yeung, Schüler von Lu Jinchuan.
"Wir kennen die folgenden beiden Fakten über unser
Leben: es gibt Leben in einem menschlichen Körper, und: unser Körper besteht
aus vielen Zellen. Da wir sicher sind, dass Punkt 1 wahr ist, hat dann nicht
auch jede Zelle ein Leben? Wie könnte sonst ein ganzer und vollständiger Körper
Leben besitzen? Daher müssen wir einen weiteren Punkt hinzufügen: jede Zelle hat
ein Leben.
Genauso ist jeder Teil des Universums eine ‚Zelle' des
Universums und jedes einzelne Leben auch ein Teil des Lebens des Universums.
Gemäß diesen Schlussfolgerungen können in der Chi-Dao-Medizin alle Formen des
Lebens auf drei Ebenen analysiert werden. Die erste Ebene der Lebensformen sind
die Dinge und Wesen, so wie wir ihnen begegnen. Sie werden He Sheng
(zusammengesetztes Leben) genannt, denn alles Leben ist aus einfachem primärem
Leben zusammengesetzt. Die zweite Ebene der Lebensformen sind jene, die noch
einfacher sind. Sie werden Fen Sheng (geteilte Leben) genannt, und aus ihnen
ist He Sheng (zusammengesetztes Leben) gebildet. Der dritten Ebene der
Lebensformen, die Zong Sheng (universelle Leben) genannt wird, liegt die erste
Ebene der Lebensformen (zusammengesetztes Leben) zugrunde. (He Sheng sind die
Fen Sheng der Zong Sheng.) Das Leben eines menschlichen Körpers z.B. ist das He
Sheng (zusammengesetztes Leben), die Leben der Körperzellen sind die Fen Sheng
(geteilte Leben) und das Leben des ganzen menschlichen Wesens ist das Zong
Sheng (universelles Leben). Nachdem wir alle Lebewesen mittels dieser Methode
analysiert haben, kommen wir zu den folgenden Schlussfolgerungen: Die Erzeugung
eines Lebens ist gleichzeitig die Erzeugung der Leben vieler Zellen. Im Leben
eines Körpers, beispielsweise der körperlichen und biologischen Existenz einer
Person, gibt es die Leben vieler Zellen. In einem Leben gibt es viele Geburten
und Tode. Jeden Tag entstehen und sterben Zellen im Körper. Also ist mein Leben
eine Zusammenkunft der Leben von vielen Lebewesen. Auf die gleiche Weise
besteht das Leben eines Körpers aus dem Leben der Organe.
Da der geistige und körperliche Aspekt eins sind, gibt es
darüber hinaus Körperformen in einer körperlichen Form und Geistformen in einer
geistigen Form. Daraus schließen wir, dass der physische Körper auch geistig
ist, ebenso wie die Organe oder Gewebe auch geistig sind. Denn wenn eine Organ
keinen Geist hat, wie können dann alle Zellen der Organe zusammenarbeiten, um ihre
Aufgaben zu erfüllen? Der menschliche Körper besteht physisch aus Zellen,
Gewebe und Organen. Der Geist des menschlichen Körpers besteht auch aus den
Geistern seiner Zellen, Gewebe und Organe. Auf höherer Ebene der
Chi-Dao-Medizin konzentriert sich die Forschungstätigkeit hauptsächlich auf die
Geister der Organe.
Einer der offensichtlichsten Unterschiede in den
Ergebnissen, die durch physikalische im Gegensatz zu geistigen Methoden
gewonnen wurden, ist die Ansicht, welcher Teil des menschlichen Wesens denkt.
In der westlichen Medizin ist bekannt, dass das Denken durch das Gehirn
geschieht, das auch die Kommandozentrale des menschlichen Körpers ist. Die
traditionelle Chinesische Medizin und die Chi-Dao-Medizin sind dagegen der
Ansicht, dass das Herz Xin die Gedanken kontrolliert. Die Aufmerksamkeit und
das Herz sind hier nicht der Ort des Denkens, sondern der Ort, von dem aus das
Denken kontrolliert wird. Das Herz ist nicht das Herzorgan, das hauptsächlich
für den Blutkreislauf verantwortlich ist, sondern die Herzgegend, die in der
Nähe des Herzens und in der Mitte der Brust lokalisiert ist. Um
Missverständnisse zu vermeiden, werden wir Xin, das Chinesische Wort für Herz,
verwenden, um diese Bedeutung zu vermitteln.
Wenn wir untersuchen, wo die Kommandozentrale des
menschlichen Körpers liegt, und wenn bei dieser Untersuchung subjektive
Erfahrungen eine wesentliche Rolle spielen, dann stellen wir fest, dass Xin der
gesuchte Ort ist. Im allgemeinen beobachten wir, dass es uns glücklich macht,
wenn wir etwas Gutes hören, und dass es uns traurig macht, wenn wir etwas
Schlechtes oder Bestürzendes hören. Die erste Reaktion des menschlichen Körpers
wird nicht vom Kopf her gesteuert, sondern vom Xin her. Als erstes werden wir
der Gefühle oder Empfindungen in unserer Brustgegend gewahr. Dies löst dann
eine Kettenreaktion aus. Unser Verstand fängt an zu denken. Wenn das Xin nicht
ruhig und friedlich ist, kann der Denkprozess in unserem Verstand nicht ruhig
sein. Zorn hört z.B. nicht auf die Argumente des Verstandes, sondern auf unser
Xin. Wenn wir zornig werden, spürt unser Xin das als erstes. (…) Wenn das Herz
sich nicht beruhigt, wird der Zorn nicht verschwinden. Ein anderes Beispiel ist
ein Fußgänger, der eine Straße überquert. Wenn plötzlich direkt vor ihm ein
schnelles Motorrad auftaucht, wird als erstes sein Xin reagieren und er wird
einen anfänglichen Schock oder Schrecken bekommen. Diese Reaktion wird dann auf
das Gehirn übertragen, das ihm sagen wird, dass er aus dem Weg gehen soll.
Warum betrachtet die objektive Methode der abendländischen
Medizin das Gehirn als Ort des Denkens und als Kontrollstelle des ganzen
Körpers?
Das Gehirn ist das Nervenzentrum, von dem aus alle Nerven
über den ganzen Körper verteilt werden. Der Großteil des Informationsaustauschs
im Nervensystem wird durch das Gehirn gesteuert. Wenn ein Teil des Gehirns
abgeschnitten oder blockiert ist, bedeutet das für den korrespondierenden Teil
der menschlichen Körperfunktionen, dass er lahmgelegt wird. Was ist nun das
wahre Zentrum des menschlichen Körpers, das Xin oder das Gehirn? (…) Die
Forschungstätigkeit der Menschen kann in drei Bereiche unterteilt werden. Es
gibt den makroskopischen Forschungsbereich, in dem Gegenstände viel größer sind
als im normalen alltäglichen Leben, und den mikroskopischen Bereich, in dem
Gegenstände viel kleiner sind. Der dritte Bereich ist die alltägliche Ansicht
des Lebens. Die meisten abendländischen Wissenschaftler ziehen nur aus dem
dritten Bereich Erfahrungen spiritueller Tiefe und Verständnis. Der erste und
zweite Bereich erscheint ihnen zu physisch. Gehirnforschung oder die Suche nach
dem Zentrum des menschlichen Körpers gehört hauptsächlich in den zweiten
Bereich. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie Forschung der spirituellen
Art betrieben wird, werden wir ein Beispiel verwenden, das zum dritten Bereich
gehört, um den spirituellen Charakter der zum zweiten Bereich gehörenden Dinge
zu erläutern. Als Beispiel analysieren wir die Struktur eines
Wirtschaftsunternehmens.
Die physische Struktur sind die Vermögensgegenstände dieses
Unternehmens, wie das Gebäude, die Anzahl der Angestellten und Arbeiter und die
Kommunikationswege, d.h. wie die Kabel und Kommunikationskanäle verteilt sind.
Die geistige Struktur ist der Managementstil, die Intelligenz der Arbeitgeber etc.
Mit der physischen Forschungsmethode kann man Bewegungen in diesem Unternehmen
beobachten, z.B. alle Kabelsignale analysieren, aber Sie können sich dadurch
nicht mit einer Person in dieser Firma verständigen oder Dokumente der Firma
lesen. Nach Untersuchung der physischen Methode können Sie zu dem Schluss
kommen, dass die Kommandozentrale der Firma in demjenigen Büro liegt, in dem
sich die meisten Computer befinden. Vielleicht laufen die Kommunikationskabel,
Kanäle und Systeme des ganzen Unternehmens in diesem zentralen Büro zusammen.
Wenn einige Computer und Informationen in diesem Büro abgetrennt oder blockiert
sind, dann sind die mit ihnen zusammenhängenden Unternehmensteile
handlungsunfähig.
Diese Art von Analyse kann in Wirklichkeit jedoch nicht beweisen,
dass dieses Büro die Kommandozentrale des Unternehmens ist. Wenn wir die Anzahl
der Kabel und Verbindungen im ganzen Unternehmen untersuchen, mag vielleicht
nur ein Kabel in das Büro des Vorstandsvorsitzenden gehen. Wenn wir die Anzahl
der Telefonate des Vorstandsvorsitzenden mit denen in anderen Büros
vergleichen, stellen wir vielleicht fest, dass er weniger telefoniert als seine
Angestellten. Seine Telefonate sind jedoch viel wichtiger und entscheidender.
Diesen Unterschied können wir nicht mittels physischer Forschung feststellen,
sondern nur durch Kenntnis des Inhalts. Es ist sogar möglich, dass der wahre
Eigentümer dieses Unternehmens nicht dort arbeitet. Vielleicht setzt er sich
nur einmal im Monat oder in bestimmten Abständen mit dem Vorstandsvorsitzenden
in Verbindung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er nicht die Kontrolle über das
Unternehmen hätte.
Nun verstehen wir, dass wir spirituelle Forschung nicht
durch physische Forschung ersetzen können. Um mehr von der wahren Eigenschaft
des Unternehmens zu erfahren, müssen wir es von so vielen Blickwinkeln wie
möglich beobachten, und das schließt sowohl den spirituellen als auch den
physischen Weg ein. Verglichen mit den physischen Elementen sind die
spirituellen nicht greifbar, sondern abstrakt und unsichtbar."
Die fünf philosophischen Schulen des Taoismus
Die traditionellen, über Jahrtausende tradierten Schulen der
chinesischen Kultur haben taoistische und buddhistische Grundlagen und Wurzeln.
Der Rang der jeweiligen Schule wird durch die Reinheit, d.h. Ursprünglichkeit
der Prinzipien beurteilt. Im Buddhismus sind diese in den direkten
Überlieferungen des Buddha, insbesondere dem Diamant- und Herzsutra
niedergelegt, beide sind im Tai Ji Men hochgeachtet. Im Taoismus gilt die Lehre
des Taoteking als maßgeblich und der Verfasser Laotse als Ahnherr verehrt. Das
von einem oder zahlreichen Autoren verfasste I Ching und Dschuangstes „Buch vom
südlichen Blütenland“ nehmen ebenfalls einen hohen Rang in der Auslegung von
Inhalten ein. Die höchsten Schulen beider Philosophien haben „wuwei“, „Nicht –
Handeln“, als unumstößlichen Grundsatz. Es handelt sich hierbei um die
Erfahrung der Durchdringung des Seins durch das Nichts, was der Erfahrung des
Verschmelzens mit dem Urgrund unserer Existenz gleichbedeutend ist. Chan im
Buddhismus praktiziert eine reine Weltabgewandheit (wu – wu – wu), Tai Ji Men
einen ständigen Wechsel von zu Zu- und Abwendung von der Existenz (wu – you –
wu – you – wu).
Graphik: wu – wuyou – you – youwu, Tai Ji, Chi, Orgon,
Ideen, platonische Körper.
Im Tai Ji Men wird versucht, das durch die Erfahrung des
Nichts (wu) Erlebte in dem Bereich der Existenz (you) anzuwenden, zu
verwirklichen, es wird ein anhaltender Wechsel zwischen den beiden Bereichen
angestrebt. Im Gegensatz zum Chan, das mit einer Hinwendung zu einem
weltabgewandten Leben einhergeht, versucht der Schüler des Tai Ji Men seine
Erfahrungen und das damit einhergehende Wissen um das Chi in den Bereichen
Philosophie, Medizin, Kampfkunst, Kalligraphie und Choreographie umzusetzen. Interessanterweise
haben sich die beiden höchsten Schulen des Buddhismus und Taoismus niemals den
Rang streitig gemacht – über Jahrtausende verneigen sich ihre Stammhalter
voreinander und sehen rituell die jeweils andere Schule ihrer eigenen als
übergeordnet an.
Zitat Konrad Adenauer Stiftung (...)
Über viele meiner persönlichen Erfahrungen im Tai Ji Men
habe ich bereits berichtet, deshalb will ich im Folgendem auf das theoretische
Fundament dieser und der vier weiteren Traditionen eingehen. Tai Ji Men folgt
seit seinem Ursprung den drei Hauptprinzipien des nicht – religiösen Taoismus:
Wuwei („Nichthandeln“), Ziran („natürlich sein“, „der Natur
folgen“) und Fanben („Rückkehr zur Wurzel“). Der religiöse Taoismus dagegen
beinhaltet theologische Annahmen, Heilige, Gottheiten und komplizierte Rituale.
Die Praktiken des Tai Ji Men gründen auf dem Versuch in eine völlige
körperliche und geistige Entspannung einzutreten, um die durch die eigene
Lebensgeschichte erworbenen Erfahrungen und Konditionierungen abzulegen. Dieser
Eintritt in den angestrebten meditativen Zustand wird als „Stehübung im leeren
Kreis (shifang wuji dang) genannt, wobei der leere Kreis die grenzenlose
Realität symbolisiert. Der Lehrer schafft nun im umgebenden Raum ein Feld von
kondensiertem Chi, das im Schüler Bewegungen aufkommen lässt. Die zuerst
auftauchenden Bewegungen haben mit den individuellen körperlichen und
seelischen Schwachstellen des Schülers zu tun, im Verständnis des Tai Ji Men
versucht das Chi die vorhandenen Blockierungen zu lösen - dieser Prozess kann
allerdings auch mit Schmerzen verbunden sein, da chronische Erkrankungen, z.B.
Entzündungen, reaktiviert werden und eine akute Phase übergeleitet werden. Im
Westen kennt man diesen Vorgang als so genannte „Erstverschlimmerung“ in der
traditionellen medizinischen Natur- und Erfahrungsheilkunde. Wenn sich seit
vielen Jahren intensiver Stress im Körper niedergeschlagen hat kann es zum
„Symptom des faulen Bären“ kommen, d.h. der Körper kann – im Extremfall über
Monate – ein ungeheures Schlafbedürfnis entwickeln, dem nachgegeben werden
sollte. Ist das Energiefeld des Übenden von fast allen Störfaktoren befreit,
beginnen scheinbar aus dem Nichts entstehende Bewegungsformen sich zu
entfalten. Wie von Magneten geführt gehen zunächst Hände und Arme, später der
gesamte Körper in fließende Formübungen über: Das Chi wird nun zum Lehrer,
keine Lehre oder Übertragung von außen ist nun für den Weg zur Erfahrung mehr
notwendig... In jahrelanger Disziplin in dem rituellen „Eintreten in den Kreis“
können neun verschiedene Ebenen der Erfahrung der Energie durchschritten
werden, jede Stufe geht einher mit der Erfahrung eines Geheimnisses, durch
dessen Mitteilung die weiter fortgeschrittenen Schüler das Vorankommen des
Jüngeren erfassen können. Das Befreiende und Beeindruckende in dieser Tradition
ist, das der Schüler - auf sich allein
gestellt – im günstigen Fall den gesamten Weg nach nur einmaliger Begegnung mit
dem Stammhalter und der Übertragung des Samens (Zhongzhe) autonom vollziehen
kann. Diese Tradition wurde derart geheim gehalten, das der jeweilige
Stammhalter manchmal nur einen einzigen Schüler unterrichtete oder oft erst im
hohen Alter seinen Nachfolger ernannte. Als einzige der fünf Geheimschulen des
nicht religiösen Taoismus trat sie Mitte der achtziger Jahre des zwanzigsten
Jahrhunderts durch ihren gegenwärtigen Stammhalter Fangfu, im bürgerlichen
Leben der in Asien berühmte TCM Arzt, Chi – Mediziner und Kampfkünstler Prof. Lu Jin Chuan, an die Öffentlichkeit. In
der Bevölkerung der Volksrepublik trägt er die beiden Namen „Die letzte Tür vor
dem Tod“ und „Der Unbezwingbare“. Sein besonderes Anliegen ist es heute, die
Chi – Medizin im Westen zu etablieren.
Die zweithöchste philosophische Schule des Taoismus ist
Dandingmen, oft auch die Schule der inneren Alchemie genannt. Sie stammt von
der so genannten äußeren Alchemie ab und hat weitgehend deren Begrifflichkeit
übernommen. I hre Übungspraxis konzentriert sich auf Atmungstechniken und
geistiger Konzentration – auch hier sind neun Stufen der Erfahrung zu
durchschreiten. Während im Tai Ji Men der Schüler sich der intentionslosen
Hingabe an der Erfahrung des Chi widmet und in einen immer vollkommeneren
Zustand der Absichtslosigkeit, dem wuwei, gelangt, wird im Dandingmen der Fluss
der Energie kontrolliert und gelenkt. Das Ziel ist die so genannte
Unsterblichkeitspille der neunfachen Umwandlung, die nicht in einer
materialisierten Form zu verstehen ist, sondern den ursprünglichen Geist
(yuanshen) symbolisiert. Die konkreten Meditationstechniken sind seit dem 14.
Jahrhundert Ursache von Missverständnissen, Spekulationen und Verfälschungen,
da die Techniken geheim gehalten worden und dies bezüglich der inneren Alchemie
auch heute noch gilt. Die Überlieferung erfolgt in Geheimsprache und
Geheimformeln. Einige Aspekte der äußeren Alchemie sind seit wenigen
Jahrzehnten als die Meditation des „Kleinen Kreislaufs“ oder „Embryonalen
Kreislaufs“ in oft stark veränderter, dem europäischem Verständnis
angeglichener Form bekannt geworden. In dieser Tradition, die auch „Schule des
Dreifußes zur Erlangung der Unsterblichkeitspille“ genannt wird ist eine
absolute Kontrolle der Körperfunktionen unerlässlich. Auf manchen Stufen wie
dem „Anfachen des Feuers“ oder beim „Kontrollieren der Temperatur“ ist zur
Vermeidung von lebensbedrohlichen Zuständen das Eingreifen des Lehrers
notwendig. Der Dreifuß steht hier metaphorisch für das Gefäß, in dem die
erwähnte „Pille“ erwärmt wird – ist die Temperatur zu niedrig, kann diese
Substanz nicht hergestellt werden, ist er zu heiß, verdampft sie. Die Hitze
symbolisiert die Mobilisierung und Lenkung der Körperenergien. Kubilai, der
Enkel von Dschingis Chan, ernannte Dandingmen zur Staatsreligion im dreizehntem
Jahrhundert. Dieser Akt führte zur Spaltung der Schule in eine religiöse, mit
dem Zölibat verbundene Richtung und dem traditionellem Dandingmen, das als
Geheimschule weiterexistiert.
Zusammen mit Tai Ji Men und Dandingmen bildet Jianxianmen
(die Schule der Unsterblichen des Schwertes), auch „Schwertschule“ genannt, die
dritte Geheimschule. Wie in der Schule der inneren Alchemie beginnt man auch
hier mit Atemtechniken und geistiger Konzentration, der Schwerpunkt liegt auf
der Materialisation des Chi. Bei den drei ersten Stufen der Praktiken wird das
Chi zum „Schwert“ (eine Metapher für längliches, schmal erfahrbares Chi)
geformt. In den mittleren drei Stufen beginnt der Schüler, diese Energie in der
Heilkunde und in der Kampfkunst zu erproben. Die letzten drei Stufen sind der
Rückkehr zum wu, dem ursprünglichem Nichts, gewidmet, das endgültige Ziel ist
das Erlangen der Vereinigung von Chi und Geist (Shen). Jianxianmen besteht aus
vier verschiedenen Schulen der Anwendung, die zwei ältesten Richtungen sind
seit Jahrhunderten in Tai Ji Men aufgegangen. Aus diesem Grunde beinhaltet der Zhongzhe
des Stammhalters von Tai Ji Men heute auch die Übertragung von Informationen
des Jianxianmen.
Fulumen und Xuanzhenmen
Diese beiden philosophischen Schulen werden bereits als
quasireligiös angesehen. Fulumen, „Die Schule der Zaubersprüche und
Zauberzeichen“ ist die älteste Tradition des Taoismus. Sie ist zusammen mit dem
Aufkommen schamanistischer Techniken vor ca. 5000 Jahren entstanden. Das alte
Zeichen für Medizin, yi, hat wu, Schamanin, als Sinn gebendes Radikal. Fulumen
steht für die Anwendung von Chi und geistiger Kraft in der äußeren Form von
Zaubersprüchen und rituellen Tanzschritten, die aber nur dazu dienen, das Chi
zu konzentrieren. Da das Chi zur Heilung im Sinne einer Volksmedizin eingesetzt
wird, sind die äußeren Techniken in der normalen Bevölkerung Chinas geachtet
und weit verbreitet. Allerdings sind Fulumen und Xuanzhenmen in der
schamanistischen Praxis religiös eingefärbt und besitzen teilweise
missionarische Züge.
Xuanzhenmen, die „Schule des Unergründlichen Wahren“,
ist ca. 200 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung
entstanden. Gleichwohl in der Theorie ein starker Bezug auf dem Verständnis der
Taoteking vorhanden ist, dient die Praxis der Kultivierung von so genannten
„Wundertechniken“ (fashu), um ähnlich wie im Dandingmen die
Unsterblichkeitspille zu finden. Die mit der Erfahrung und Kultivierung des Chi
sich entwickelnden metanormalen Formen der Wahrnehmung werden z.B. im Bereich
der Heil- und Kampfkunst, dem feng shui und der Orakelkunst eingesetzt. Beide
Schulen werden wegen ihrer Anwendungspraktiken deutlich niedriger als die
ersten drei genannten eingestuft.
Erkrankung, Wiederkehr und Zusammenbruch
Geschichte vom Buchhändler...
Die Öffnung der Geheimschule
Mitte der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts öffnete
der derzeitige Stammhalter der höchsten philosophischen Schule des Taoismus,
Prof. Lu Jinchuan, die bis zu diesem Zeitpunkt als Geheimschule sagenumwobende
Tradition des Tai Ji Men für eine bgrenzte Zahl von akademischen Schülern,
insbesondere Medizinern. Jinchuan befürchtete – und tut dies gegenwärtig noch –
das die rapiden Umwälzungen in der VR China in eine zweite Kulturrevolution
führen könnten – bei der ersten wurden viele Schulen zerstört, Großmeister und
ihre Schüler inhaftiert und für immer verschwunden. Tatsächlich bestand die
Gefahr, das ganze Traditionslinien verloren gehen könnten. Auf der anderen
Seite führte die fast unheimlich anmutende Verbreitung von Qigong in
verschiedensten Stilen von selbsternannten „Meistern“ zu einer in vielen Fällen
absurden, ja gefährlichen Verbreitung von Wundertechniken, den fashus. Wie der
deutsche Sinologe Prof. Manfred Kubny in einem Vortrag so schön zugespitzt
formulierte: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen aber neuerdings
fliegen jeden Monat tausende mit dem Flugzeug in den Westen ein“. In China
herrschte in den achtziger Jahren das so genannte „Qigong-Fieber“ - Millionen
einfache Bürger suchten nach metanormalen Fähigkeiten und Langlebigkeit oder
sogar Unsterblichkeit. Da in China Bücher unglaublich preiswert sind, gab es
Publikationen, die innerhalb eines Monats Millionenauflagen vorweisen konnten.
Diese schnelle Verbreitung der Techniken hatte aber noch ganz andere Gründe:
tausende Menschen kamen in Grünanlagen zusammen, konnten dort praktizierend
relativ frei miteinander kommunizieren ohne die große, damals und zum Teil auch
gegenwärtige Angst vor Polizei- oder Kaderspitzeln zu haben. Ein weiterer Grund
war die für die chinesische Bevölkerung ungewöhnliche Situation, das beide
Geschlechter an diesen spontanen Massenritualen teilnehmen konnten, ja die
Anzahl der weiblichen Praktizierenden war sogar deutlich höher als die der
männlichen. Tausende von selbsternannten „Eingeweihten“, „Meistern“,
„Großmeistern“ mixsten buddhistische, lamaistische und taoistische Techniken zu
„Wunderübungen“, die tatsächlich bei einem nicht geringem Teil der
Praktizierenden seltsame Visionen und ungewöhnliche Erfahrungen hervorbrachten.
Gerade dieser Umstand, der dem konsequent materialistischem Weltbild der herrschenden
Partei widersprach und die reine Lehre der kommunistischen Partei in Frage
stellte, sollte auf Grund der nicht mehr kontrollierenden Verbreitung des
Qigong eine konsequente politische Gegenreaktion erzeugen. Mit anderen Faktoren
zusammenwirkend führte die Überzeugung vieler gebildeter Chinesen, zum ersten
Mal unter scheinbar anderen Umständen einen studentischen Aufstand zu wagen, zu
dem in aller Welt wahrgenommenen Protesten am Tianmen Platz (dem Platz des
himmlischen Friedens) im Jahre 1989, der mit einem Massaker blutig
niedergeschlagen wurde. Der ausschlaggebende Einfluss auf Jinchuan aber war der
schriftlich fixierte Auftrag des ihm zwei Generationen vorhergegangenen
Stammhalters an seinen geistigen Enkel, „das Tor (Men) zu öffnen und den Weg zu
bereiten“. Fangfu sah es nun als die richtige Zeit an.
Die spontanen Bewegungen des Tai Ji Men
Das vegetative Nervensystem (Bild: Bahnen aus
„Orgontherapie“)
Wir sind eingebunden in unzählige äußere Pulsationen, Tages-
und Jahreszeiten, kosmische Einflüsse etc. Unser vegetatives Nervensystem
empfängt nun all diese Einflüsse und reagiert - zumeist unbewusst - darauf und
reguliert die Pulsationen innerhalb unseres Körpers abgestimmt auf die äußeren
Erfordernisse.
Alleine innerhalb des menschlichen Körpers sind inzwischen
55 verschiedene Pulsationen identifiziert worden, z.B. Herzschlag, Atmung,
Darmtätigkeit und Schlaf-/Wachrhythmus - schlichtweg alles im menschlichen
Organismus pulsiert.
Das vegetative Nervensystem ist also Schnittstelle zwischen
Pulsationen der Außenwelt und der Innenwelt. Es ist auch Vermittler zwischen
den Gefühlen einerseits und der Tätigkeit aller inneren Organe andererseits,
denn es regelt die Tätigkeit aller inneren Organe und es regelt Blut-, Lymph-
und Plasmaströmungen, die den Gefühlen zugrunde liegen. Es ist auch über die
Verschaltungen des Zentralen Nervensystems mit den für Gefühlsempfinden
verantwortlichen Hirnzentren verbunden.
Wir sehen Seele und Körper also nicht als voneinander
abgekoppelte Systeme, sondern als eine funktionelle Einheit, der die vegetative
Pulsation als einheitliches
Funktionsprinzip zugrunde liegt. Ziel der Energetischen Medizin ist es primär,
die Schwinging des vegetativen Nervensystems wieder anzuregen und damit sowohl
körperlichen wie auch psychischen Erkrankungen zu beeinflussen. Wir arbeiten
also nicht auf der Ebene der Krankheitssymptome, sondern auf der darunter
liegenden Ebene der energetischen Pulsationsvorgänge.
Aufgrund der großen Bedeutung des vegetativen Nervensystems
möchte ich an dieser Stelle etwas näher auf seinen Aufbau und seine Funktionen
eingehen, d.h. auf seine Bedeutung für Gesundheit und Krankheit:
Das vegetative Nervensystem ist ein Teil des
Gesamtnervensystems des Menschen. Dieses gliedert sich im Wesentlichen in drei
Teile, deren Funktionen eng miteinander verknüpft sind.
Ein Teil regelt die Tätigkeit der willkürlichen Motorik, der
Reaktion des Muskelsystems auf verschiedene Umwelteinflüsse; dieser Teil wird
motorisches Nervensystem genannt.
Ein anderer Teil verarbeitet die Informationen aus den
Sinnesorganen, wie z.B. Auge, Nase, Tastsinn, zu bewussten Empfindungen. Dies
ist das sensorische Nervensystem.
Ein dritter Anteil des Nervensystems, mit dem wir uns hier
eingehender beschäftigen werden, dient dazu, speziell die Funktionen innerer
Organe aufeinander abzustimmen. Dieser Teil des Gesamtnervensystems wird als
vegetatives Nervensystem bezeichnet. Es umfasst die Nerven, die Muskulatur der
inneren Organe, das Herz und die Drüsen versorgen. Die Regelkreise dieses
vegetativen Nervensystems sind eng mit denen der beiden anderen Anteile
vernetzt, es gibt daher zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den einzelnen
Systemen.
Innerhalb des vegetativen Nervensystems lassen sich zwei
gegensätzlich wirkende Teilstrukturen voneinander abgrenzen, die man als
Sympathikus und Parasympathikus bezeichnet. Diese beiden Strukturen ziehen zu
den inneren Organen und regulieren deren Tätigkeit, d.h. sie regen sie an oder
hemmen sie. In Rückenmark und Hirnstamm haben Sympathikus und Parasympathikus unterschiedliche
Ursprungsorte, und sie unterscheiden sich auch in den von ihnen verwendeten
biochemischen Überträgersubstanzen.
Das vegetative Nervensystem ist der willkürlichen Kontrolle
weitgehend entzogen und wird daher auch als autonomes Nervensystem bezeichnet.
So können wir die Tätigkeit der inneren Organe nicht willentlich steuern, also
nicht zum Beispiel willkürlich das Herz schneller oder langsamer schlagen
lassen. Sympathikus und Parasympathikus unterliegen denselben übergeordneten
Funktionsprinzipien, nämlich denen des vegetativen Nervensystems. Sie sind
daher, “funktionell identisch”. Am Organ
selber haben sie jedoch eine gegensätzliche oder antagonistische Wirkung.
Die meisten inneren Organe werden sowohl vom Sympathikus als
auch vom Parasympathikus innerviert. Die beiden Anteile des vegetativen
Nervensystems sind zu jedem Zeitpunkt gleichzeitig aktiv, jedoch in
unterschiedlichem Maße. Das Überwiegen des einen Teiles kann eine
Organtätigkeit hemmen, das Überwiegen des anderen Teils die Tätigkeit des
gleichen Organs verstärken. Es können also bezogen auf ein bestimmtes Organ
niemals gleichzeitig Sympathikus und Parasympathikus maximal tätig sein,
sondern die Tätigkeit des einen überwiegt auf Kosten des anderen, d.h. es steht
jeweils der bezogen auf dieses Organ erregende oder der hemmende Anteil des
vegetativen Nervensystems im Vordergrund. Der Funktionszustand ist abhängig von
der Balance der Aktivitäten von Sympathikus und Parasympathikus.
Sehen wir uns die Tätigkeit des vegetativen Nervensystems
bezogen auf die Muskulatur verschiedener innerer Organe etwas genauer an. Die
Wirkung des Sympathikus auf den Herzmuskel ist z. B eine erhöhte Herzfrequenz,
während ein Überwiegen des Parasympathikuseinflusses eine erniedrigte
Herzfrequenz zur Folge hat. Nun gibt es aber nicht nur die Option
"Herzrasen" oder "Herzstillstand". Je nach Überwiegen des
einen oder anderen Einflusses wird der Herzschlag schneller oder langsamer -
die Impulse von beiden Anteilen werden gegeneinander verrechnet.
Am Darm führt eine Reizung des Parasympathikus zu
verstärkter Bewegung der Darmmuskeln, eine Reizung des Sympathikus dagegen
unterdrückt die Darmbewegung. An der Bronchialmuskulatur führt die Aktivität
des Parasympathikus zu einer Anspannung der Bronchialmuskeln, während der
Sympathikus eine Entspannung herbeiführt. Am Auge führt Reizung des Sympathikus
zu einer Erweiterung der Pupille über die Aktivierung des dafür zuständigen
Augenmuskels, Reizung des Parasympathikus zu einer engen Pupille.
Bisher haben wir die Wirkungsweise des vegetativen
Nervensystems auf einzelne Organe besprochen. Man kann jedoch auch auf den
Gesamtorganismus bezogen von einer sympathikotonen oder parasympathikotonen
Reaktionslage sprechen. Dabei werden die Organe nicht gesondert, sondern in ihrer
Gesamtheit betrachtet. Sie werden je nach Bedürfnis des Organismus im Dienst
einer bestimmten Leistung aktiviert. Bei äußerem Stress zum Beispiel schaltet
der Körper auf "Abwehrverhalten", bei dem der Sympathikus maximal
aktiviert wird. Die Atmung wird gesteigert, die Pupillen sind erweitert, bei
Tieren sieht man noch die gesträubten Nackenhaare. Der Blutdruck, die
Muskeldurchblutung und die Herzfrequenz nehmen zu, während die Darmdurchblutung
und Darmbeweglichkeit sowie die Hautdurchblutung abnehmen. Die Aufmerksamkeit
ist dabei ganz auf außen konzentriert. Durch den äußeren Reiz schaltet der
ganze Organismus auf einen Zustand, in dem er alle Energien innen sammelt, um
sich auf Angriff oder Flucht vorzubereiten (deshalb auch "flight- or-fight
reaction” genannt). Der Organismus kontrahiert sich und ist im Zustand der
Spannung. Ein Beispiel dafür ist, wenn jemand Streit mit seinem Chef hat oder
eine Prüfung bevorsteht. In solch einer Situation ist der Sympathikus maximal
aktiviert.
Im Kontrast zum Abwehrverhalten steht das
"Fressverhalten". Nach Nahrungsaufnahme - wir alle kennen das nach
einem üppigen Mahl - wird der Parasympathikus stärker erregt. Die
Aufmerksamkeit wird von der Umgebung abgezogen, wir werden schläfrig, die
Darmtätigkeit wird angeregt, der Bauchraum mit den Verdauungsorganen stärker
durchblutet. Die Durchblutung der Skelettmuskeln geht dabei zurück, der
Blutdruck sinkt, das Herz schlägt langsamer und am Auge sieht man eine
Verengung der Pupillen. Der Organismus zieht sich hier nicht zusammen, sondern
erweitert sich, dehnt sich energetisch nach außen aus, und befindet sich im
Zustand der Entspannung. Gleichzeitig ist die Aufmerksamkeit eher nach innen
gerichtet. Die beiden Systeme von Sympathikus und Parasympathikus sind daher funktionell nicht zu trennen, sie stehen in
ständiger Wechselwirkung. Erst ihr Zusammenspiel ermöglicht eine harmonische
Funktion des Gesamtorganismus. "Der Lebensprozess spielt sich in stetem
Wechsel von Expansion und Kontraktion ab" - dies ist
Pulsation, ein differenziertes, koordiniertes Hin- und Herschwingen zwischen
den beiden Polen der vegetativen Extreme, die Grundfunktion des Lebendigen.
Diese Pulsation bestimmt auch das hormonelle und emotionale Befinden des
Körpers. Die Aktivität von Sympathikus und Parasympathikus hat über die
Verengung und Erweiterung der Blutgefäße großen Einfluss auf die Flüssigkeits-
oder Plasmabewegungen im Körper, welche die Grundlage für das Empfinden von
Emotionen sind.
Wird der biologische Schwingungszustand in der einen oder
anderen Richtung gestört, überwiegt die Expansions- oder die
Kontraktionsfunktion, dann muß eine Störung des allgemeinen biologischen
Gleichgewichtes zustande kommen. Ein Verharren im Zustande der Expansion ist
gleichbedeutend mit Vagotonie (=Parasympathikotonie, d. Verf.), Verharren im
Zustand angstvoller Kontraktion mit Sympathikotonie. Das Gleichgewicht zwischen beiden Zuständen
wird als "Homöostase" bezeichnet.
Gesundheit wird daher nicht als Abwesenheit von Symptomen,
Krankheiten oder Einschränkungen definiert, sondern als Fähigkeit des
Lebewesens zur lebendigen, rhythmischen Pulsation im vegetativen Nervensystem.
Beide Zustände - Anspannung und Entspannung, Ladung und Entladung - sind an
sich zu bestimmtem Tages- oder Lebenszeiten mehr oder weniger notwendig. Der
gesunde Organismus sollte je nach den Erfordernissen zwischen dem auf die
Außenwelt konzentrierten Zustand des Sympathikus und dem entspannten, nach
innen orientierten Zustand des Parasympathikus hin- und herschwingen können. Er
soll sich auch je nach Erfordernissen der Außenwelt energetisch auf- oder
entladen können.
Im siebenten Jahrhundert, als Fa-tsang, der Gründer der
Hua-yen Schule, am Kaiserhofe Vorlesungen gab, sah er sich der Schwierigkeit
gegenüber, die Theorie der gegenseitigen Durchdringung und der Einheit von
Erscheinung und Wirklichkeit zu erklären. Fa-tsang zeigte auf einen goldenen
Löwen in der Halle und trug seine berühmte Parabel vor. Das Gold symbolisiert
die Wirklichkeit, und der Löwe symbolisiert die Erscheinung. Wirklichkeit selbst
ist formlos, aber sie nimmt jede Form an, die die Umstände ihr geben. Ähnlich
hat Gold "kein Bestehen an sich", sondern ist zur Form des Löwen als
seine Erscheinung geformt. Andererseits ist der Löwe nur eine Form, nur eine
Erscheinung, die keine Wirklichkeit an sich hat - sie ist ganz und gar Gold.
Wenn das Gold den Löwen vollkommen aufnimmt, dann hat der Löwe keine Existenz
als getrennte Wesenheit. Die Existenz des Löwen hängt vollkommen von der
Existenz des Goldes ab. Ohne Gold gebe es keinen Löwen. Das heißt mit anderen
Worten, ohne Wirklichkeit existiert keine Erscheinung. Andererseits jedoch
stellt der Löwe die Erscheinung des Goldes dar. Ohne die Form des Löwen gäbe es
keinen Ausdruck des Goldes. Erscheinung erweist die Existenz der Wirklichkeit.
Das Gold und der Löwe koexistieren harmonisch; sie sind miteinander vereint,
aber das hält keines von beiden irgendwie davon ab, es selbst zu sein. Jedes
ist vollständig und genügend für sich und an sich. Das Gold und der Löwe
bleiben in sich verschieden. Sieht man auf den Löwen, so sieht man ihn als
Löwen; der Löwe ist offensichtlich, das Gold tritt zurück. Sieht man das Gold,
so ist dieses offensichtlich, und der Löwe wird unserem Blick verschleiert.
Manchmal sieht man beides; manchmal sieht man auch keines von beiden.
(zitiert nach: Chang Chung-yuan, Tao, Zen und schöpferische
Kraft, Diederichs gelbe Reihe, Köln 1983, S.87 ff.)
Zum Autor:
Heiko Lassek ist niedergelassener Arzt mit Privatraxis in
Berlin. Er ist Leiter des Wilhelm Reich Instituts und seit 1886 erster
Vorsitzender der "Wilhelm Reich Gesellschaft zur Erforschung
lebensenergetischer Prozesse e.V." in der Ärzte, Psychologen und
Professoren versChiedenster Fachrichtungen sich mit der Untersuchung westlicher
Konzepte von Lebensenergie seit 1986 beschäftigen. Internationale Lehr- und
Vortragstätigkeit seit; zahlreiche Fachveröffentlichungen, Autor und
Herausgeber mehrerer Bücher.